Gemeinderäte sorgen sich um Schuldenstand und Gartenschau
Haushalt mit Rekordkreditaufnahme im Rekordtempo beschlossen - Fraktionen verzichten auf Änderungsanträge

Der Euro. Foto: dpa
Eppingen. (guz) Einstimmig und ohne Änderungswünsche hat der Gemeinderat am Dienstag den wohl folgenschwersten Haushalt der zurückliegenden Jahre verabschiedet. Damit hat der Rat die Verwaltung zugleich ermächtigt, fast 7,8 Millionen Euro an neuen Krediten aufzunehmen. Angesichts der erwarteten Pandemie-Folgen, die sich vor allem als sinkende Steuereinnahmen im Etat niederschlagen, und den steigenden Ausgaben auch für die Gartenschau im kommenden Jahr war die vorgelegte Haushaltsplanung für 2021 in dieser Form kaum zu umgehen. Nun hoffen alle, dass es vielleicht doch besser kommt, als aktuell befürchtet wird, und dass die Gartenschau tatsächlich wie geplant stattfinden kann.
Wie eng das finanzielle Korsett der Stadt geworden ist, zeigt sich auch darin, dass keine einzige der vier Fraktionen einen Änderungsantrag gestellt hat, was in den vergangenen Jahren sonst zum Standardprogramm gehörte. Der positive Nebeneffekt: Der Haushalt kann nun in einem nie da gewesenen Tempo dem Regierungspräsidium Stuttgart zur Prüfung vorgelegt werden. Die Genehmigung wird daher bereits im Januar erwartet. Und dennoch blicken alle sehnsuchtsvoll auf vergangene gemächlichere Haushaltsjahre zurück.
"Bisher konnten wir fast jährlich von neuen Rekordeinnahmen und -investitionen berichten", erinnerte FBW-Fraktions-Chef Jörg Haueisen, und seit zehn Jahren sei immer eine Kreditaufnahme geplant gewesen, die letztlich aber nie nötig wurde. "Diesmal nicht", ist sich Haueisen angesichts der Rahmenbedingungen sicher, bei denen er übrigens Corona nicht als "Allround-Ausrede" gelten lassen will. Einziger Lichtblick sei der geringe Zinssatz für die neuen Kredite. Trotz aller notwendiger Sparmaßnahmen sprach er sich gegen einen kompletten Stopp auf der Ausgabenseite aus: "Das wäre aus unserer Sicht das falsche Signal."
Zuvor hatte bereits Klaus Scherer von der CDU-Fraktion betont, dass die Stadt weiterhin ihren Pflichtaufgaben nachkommen wird, auch in den Stadtteilen, und damit gehadert, dass Bund und Land Aufgaben an die Kommunen weitergeben würden, ohne für einen finanziellen Ausgleich zu sorgen. "Vieles, das selbstverständlich war, ist es nicht mehr", stellte Scherer fest: "Hoffen wir, dass Corona uns bei der Gartenschau keinen Strich durch die Rechnung macht."
SPD-Fraktionschef Hartmut Kächele erinnerte daran, dass die Neuverschuldung noch deutlich höher liegt, wenn man die Eigenbetriebe einrechnet, nämlich bei 11,5 Millionen Euro. Man habe keinen Plan B, und man müsse sich nach dem "Jahrhundertprojekt" Gartenschau Gedanken machen, "wie wir den Haushalt wesentlich verbessern".
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Peter Wieser ging für die Grünen gedanklich noch einen Schritt weiter: Es gehe nach der Gartenschau nicht nur darum, den Haushalt zu stabilisieren, sondern "alle Beschlüsse nach der Gartenschau müssen sich am Thema Klima messen lassen", sagte er und forderte erneut unter anderem einen "Paradigmenwechsel" und die neue Stelle eines Klimamanagers für die Stadt. Der Haushalt 2021 stelle für ihn eine "Zäsur" dar. Verwaltung und Gemeinderat hätten die Stadt in den vergangenen Jahren sehr weit nach vorne gebracht, erinnerte er, "aber wir haben unterwegs Schulden machen müssen". Nun kommen in bisher nicht bekanntem Ausmaß wohl neue hinzu. "Was bleibt, ist der Beigeschmack, dass diese Dinge so in Zukunft nicht mehr funktionieren werden", sagte Wieser.



