Einige "Alltagsmenschen" sollen angekauft werden
Inzwischen melden sich freiwillige Spender und mancher Kritiker

Sinsheim. (tk) "Ist ein lebenswertes Leben ohne Kunst möglich?" Ein flammendes Plädoyer für die Kultur und die Kunst im öffentlichen Raum hielt Freie-Wähler-Sprecher Harald Gmelin jetzt vor dem Hintergrund der "Alltagsmenschen"-Debatte. Die Stadt plant, einige der 40 in Sinsheim ausgestellten Betonfiguren zu kaufen und fragt zurzeit Tendenzen bei der Bevölkerung ab. Der Rücklauf sei "überwältigend" sagte Oberbürgermeister Jörg Albrecht im Gemeinderat. Kritik sei ausdrücklich erwünscht, trotzdem ließen sich kritische Stimmen, die das Rathaus erreichen, "bis heute an einer Hand abzählen". Es böten sich aus der Bevölkerung sogar Personen an, "die gezielt Geld spenden möchten" für eine oder mehrere der 13 erwerbbaren Figuren. Zuletzt hatte die Volksbank Kraichgau eine der wuchtigen Senioren-Gestalten gekauft.
Wuchtige Senioren: Genau bei diesem Punkt stellt sich hauptsächlich Kritik ein. Die Figuren bildeten nicht den Sinsheimer Alltag ab, hieß es jüngst in einem Leserbrief, müssten hierzu diverser sein. In Corona-Zeiten fehle es zudem an Geld, welches an anderer Stelle dringender gebraucht werde. Auch am Mittwoch erreichten weitere, ähnlich lautende Zuschriften die Redaktion.
Ein anderer Tenor bei den Stadträten: Gmelin meint zwar, dass bei einer Anschaffung "natürlich das Geld stimmen" müsse; die Wirkung der Künste aufs menschliche Gemüt aber "selbst in der Bibel" beschrieben werde. CDU-Rat Georg Trunk grummelte, man müsse "die Folgen künstlerischer Verträge im Auge behalten", dann finde er das Vorhaben in Ordnung.
Zwischen den Zeilen blitzte das Debakel des "Kunstpreises der Stadt Sinsheim" mit dem Werk "Hausgeburt" von Timm Ulrichs durch. Stadtverwaltung und Künstler endeten vor Gericht, Ulrichs bekam Recht. Seither hängt das Kunstwerk am Polizeirevier, an dem es offenbar Probleme durch Staunässe verursacht. "Solche Verträge wird es nicht mehr geben", sagte Albrecht. Auch die Standorte der Figuren könnten nach dem Kauf verändert werden. Nach dem Ende der Umfrage will das Stadtmarketing dem Gemeinderat "ein Ranking" präsentieren, welche der Figuren bei der Bevölkerung am beliebtesten sind.
Übers Geld öffentlich gesprochen wurde noch nicht; auch nicht über einen Spielraum, in dem sich der Skulpturen-Kauf bewegen darf. Anhaltspunkt könnte eine "Alltagsmenschen"-Ausstellung im oberbayrischen Hellbergmoos bei Freising im Jahr 2018 sein. Auch damals wollte die Gemeinde laut dem "Münchner Merkur" Skulpturen kaufen. Die Preise lagen bei 30.000 Euro für "Paar am Kreisverkehr" und zwischen 6000 und 6500 Euro für einfachere Figuren. Es gab aber "Verhandlungsspielraum", wie es hieß.



