Hardheim-Schweinberg

Wurst und Fleisch gibt’s direkt beim Erzeuger

RNZ-Sommertour auf dem Bauernhof der Familie Mohr in Schweinberg - Wissenswertes rund um die Schweinemast vermittelt

24.08.2020 UPDATE: 25.08.2020 06:00 Uhr 3 Minuten, 11 Sekunden
Die Teilnehmer der RNZ-Sommertour bekamen hautnahe Einblicke in die Schweinehaltung. Foto: Dominik Rechner

Von Dominik Rechner

Schweinberg. In Zeiten von Billigfleisch, Massentierhaltung und Schlachthofskandalen fragen sich immer mehr Verbraucher, wo das Fleisch und die Wurst herkommen und unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten werden. Groß war daher auch das Interesse an der RNZ-Sommertour auf dem Bauernhof der Familie Mohr in Schweinberg. Und es wurde deutlich: Wer keine Massenware vom Supermarkt, sondern regionale Qualität direkt beim Erzeuger kaufen will, der ist im Hofladen der Mohrs richtig. Christoph und sein Vater Willibald Mohr, der auch noch tatkräftig in der Landwirtschaft mithilft, führten die RNZ-Leser über ihren Hof und gaben ihnen wissenswerte Informationen rund um die Schweinemast.

Bereits seit 1982 besteht der Familienbetrieb an der Adresse Zum Winterberg 1 in Schweinberg. Damals wohnte die Familie jedoch noch im Ort, erst 1994 zogen die Mohrs auf ihren Hof außerhalb Schweinbergs. 1983 stellte man von der Milchviehhaltung auf Ferkelerzeugung und Schweinemast um. Seit 2012 kaufen die Mohrs die Ferkel und betreiben nur noch Schweinemast, ausgenommen von einigen wenigen Schwäbisch-Hällischen Muttersauen. Die ersten Fragen eines Lesers aus Fahrenbach folgten bald und bezogen sich auf die Wirtschaftsweise und Größe der bewirtschafteten Flächen. "Wir sind ein konventioneller Betrieb. Ein Teil des Getreides, das wir anbauen, wird aber nicht gespritzt", erklärte Christoph Mohr. Die Mohrs besitzen 120 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche – eine Größe die durchaus Staunen bei dem ein oder anderen Leser hervorbrachte. Christoph Mohr aber betonte, dass die Fläche im Vergleich zu großen Betrieben immer noch klein sei.

Hintergrund

Stimmen vom Rundgang

> Cornelia und Thomas Ernst aus Osterburken: "Wir finden es gut, dass die Sommertour jetzt auch in unserer Region angeboten wird. Die Familie Mohr hat einen tollen Hof. Es ist positiv, dass in den Buchten weniger Schweine als

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Stimmen vom Rundgang

> Cornelia und Thomas Ernst aus Osterburken: "Wir finden es gut, dass die Sommertour jetzt auch in unserer Region angeboten wird. Die Familie Mohr hat einen tollen Hof. Es ist positiv, dass in den Buchten weniger Schweine als erlaubt gehalten werden. Die Direktvermarktung ist eine schöne Sache. Interessant fanden wir auch die Informationen zur aktuellen Situation in der Landwirtschaft. Wir wussten, dass die Landwirtschaft unter Druck steht, aber, dass die Situation so schlecht ist, hat uns überrascht. Für die Zukunft wäre es gut, noch mehr landwirtschaftliche Betriebe mit der Sommertour zu besuchen. Wir haben den Eindruck, dass junge Menschen oft nicht wissen, woher Fleisch und Wurst kommen. Gerade für jüngere Leute ist es deshalb sinnvoll, einen Einblick zu bekommen, woher die Lebensmittel kommen."

> Fritz Angstmann aus Fahrenbach: "Mein Opa hatte früher auch einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Kühen und Schweinen. Es war sehr lehrreich zu erfahren, wie das Futter gemischt wird, die Schweine gehalten werden und welch ein durchdachter Kreislauf vom Ferkel bis zum schlachtreifen Tier die Schweinemast ist. Interessant fand ich auch die Informationen zu den Schwäbisch-Hällischen Schweinen. Ein großes Lob für die Familie Mohr, wie sie die Landwirtschaft betreibt. Und ich finde es unerhört, dass Herr Mohr die Geschichte um Tönnies ausbaden muss, obwohl er nichts dafür kann."

> Uta Gallion aus Aglasterhausen: "Ich kenne die Familie Mohr von den Naturparkmärkten, auf denen ich auch einen Stand habe. Zudem haben wir zuhause auch bis vor 20 Jahren Schweine gehalten. Wir waren aber noch nie auf dem Hof hier. Als wir (ihre Mutter und eine Freundin, Anm. der Red.) von der Sommertour gelesen haben, haben wir gleich gesagt: ,Oh ja, da melden wir uns’. Da war es klar, dass wir auch die längere Anfahrt von einer Stunde auf uns nehmen. Uns hat vieles an früher erinnert, ein paar Veränderungen gab es aber doch. Mich hat es auch gewundert, dass der Betrieb mit so wenigen Leuten funktioniert. Der Zusammenhalt in der Familie Mohr ist super."

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Rund 400 Schweine – die meisten davon sind Deutsche Landrasse-Schweine, etwa 20 sind Schwäbisch-Hällische Landschweine (für die Direktvermarktung) – werden auf dem Hof gleichzeitig gemästet. "Die Fleischqualität der Schwäbisch-Hällischen Landschweine ist besonders gut. Sie haben aber auch einen höheren Fettanteil, weshalb die Metzger sie nicht haben wollen", informierte Christoph Mohr.

Die Haltungsbedingungen auf seinem Hof sind besser, als gesetzlich für konventionelle Schweinemast vorgeschrieben: "In den Buchten, in denen ich 20 Schweine halten dürfte, sind nur 12 bis 13 Tiere", sagte Christoph Mohr. Zudem haben einige Tiere einen Auslauf ins Freie – auch das ist für konventionelle Schweinehaltung nicht üblich. Den Großteil der Schweine verkauft Christoph Mohr an einen Großhändler, der die Tiere zu Schlachthöfen in Süddeutschland und Österreich fährt. Etwa 25 Prozent der Schweine verkauft Mohr an die Metzgerei Schmall, die unter anderem eine Filiale im Norma in Hardheim besitzt.

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Doch momentan hätten es Schweinebauern besonders schwer. Die Preise sind im Keller. Was Christoph Mohr besonders ärgert, ist, "dass wir kleinen Bauern die Tönnies-Geschichte ausbaden müssen und gar nichts damit zu tun haben". Aufgrund des Tönnies-Skandals sei der Marktpreis für Schweine auf 1,47 Euro gesunken. "Im April habe ich noch zwei Euro für das Kilo bekommen. Und normalerweise würde der Preis momentan am höchsten auf das ganze Jahr betrachtet sein", erzählte der Landwirt. Momentan lege er bei jedem Schwein drauf. Ein Ferkel koste 100 Euro, dazu kämen Kosten für Futter und Strom. Damit komme er auf 180 Euro Kosten. Für ein schlachtreifes Schwein dagegen bekommt Mohr nur etwa 160 Euro. "Ich bin also mindestens 20 Euro unter den Kosten", verdeutlichte Mohr.

Vor dem Rundgang über den Bauernhof der Familie Mohr stellten sich die RNZ-Leser zusammen mit den Gastgebern Willibald, Bernadette, Tina und Christoph Mohr zum Gruppenfoto auf. Foto: Dominik Rechner

Und schon unabhängig vom Preis könnte die Familie alleine vom Verkauf der Schweine nicht leben, stellte Christoph Mohr klar. Deshalb betreiben die Mohrs auch Direktvermarktung – seine Mutter Bernadette und Frau Tina (hauptberuflich Erzieherin) schmeißen den Hofladen und zusätzlich verkauft man die eigenen Produkte auf den mehrmals im Jahr stattfindenden Naturpark-Märkten des Naturparks Neckartal-Odenwald sowie auf dem Wendelinusmarkt und dem Weihnachtsmarkt in Hardheim. Sofern diese nicht wegen Corona abgesagt wurden. Zudem hat zu bestimmten Zeiten die Bauernstube und jetzt über den Sommer auch ein kleiner Biergarten geöffnet, wo Hausmacher Spezialitäten gegessen werden können. Ebenfalls im Sommer beliebt ist das Maislabyrinth. Das Getreide, welches nicht als Futter verwendet wird, verkauft Christoph Mohr zudem an regionale Mühlen und an die benachbarte Biogasanlage.

Zwischen den Stationen bei den Schweinen im Freien und dem Schweinestall führte die Bauernhofbesichtigung am Hühnerauslauf mit rund 60 Hühnern (die Eier gibt es ebenfalls zu kaufen) und den Ziegen ("Das ist eine reine Hobbyhaltung", so Christoph Mohr) vorbei. Christoph Mohr stellte den Lesern den Schweinestall und die verschiedenen Getreidesorten, die an die Schweine verfüttert werden, und Vater Willibald die Futtersilos und Mischanlagen vor. Rund 90 Prozent des Futters bauen die Mohrs selbst an, dazu gehören: Weizen, Gerste, Tridicale (Kreuzung Weizen und Roggen), Erbsen und Mais. Außerdem werden Mineralfutter und Sojaschrot zugekauft. Das Getreide wird gelagert und dann zu Schrot vermahlen. Dann kommt noch Flüssigkeit dazu. "Schweine wollen kein trockenes Futter, sie wollen im Futter schlabbern", so Willibald Mohr, der als Hobby eine kleine Schafherde hält.

Eine Frage eines Lesers aus Osterburken drehte sich um die Krankheitsbehandlung. Christoph Mohr klärte hierzu auf: "Die Tiere bekommen Antibiotika nur, wenn sie ernsthaft krank sind. Bei uns gibt es keine prophylaktische Gabe von Medikamenten." Und wieso werden eigentlich die Eber kastriert? "Das wird gemacht, weil ihr Fleisch sonst manchmal einen unangenehmen Geschmack entwickelt", so Christoph Mohr.

Nach einer interessanten und lehrreichen Führung deckten sich die Erwachsenen noch mit Köstlichkeiten aus dem Hofladen ein und ließen sich die Spezialitäten im Biergarten munden, während die Kinder und Jugendlichen sich im Maislabyrinth austobten.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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