Gewerbe am Georgi-Platz erhält für ein Jahr Luft
Sanierung des Georgi-Marktplatzes auf die Jahre ab 2021 verschoben - Gemeinderat lehnt Verwaltungsvorschlag ab

Von Thomas Frenzel
Leimen. Der Gemeinderat probte den Aufstand nicht, er praktizierte ihn: Bei seiner Feriensondersitzung am Donnerstagabend bescherte die Bürgervertretung der Rathausspitze eine empfindliche Abstimmungsniederlage. Lediglich anderthalb Handvoll Getreuer aus den Reihen von CDU, SPD und GALL hielten Oberbürgermeister Hans D. Reinwald nach einer 20-minütigen Sitzungsunterbrechung die Stange bei der Frage, ob der Georgi-Marktplatz schon ab Oktober 2020 grundsaniert werden soll. Die elfköpfige Mehrheit folgte dem Vorstoß der Liberalen, die Großbaustelle im Herzen von Leimen erst Ende September 2021 in Angriff zu nehmen - aus Rücksicht insbesondere auf die am Platz ansässige und vom Corona-Lockdown eh schon nachhaltig gebeutelte Gastronomie.
Schon das Zustandekommen der Sondersitzung hatte das hinter den Kulissen schwelende Streitpotenzial offenbart. Nach deutlicher Intervention der Gewerbetreibenden am Georgi-Marktplatz, die sich in einer gemeinsamen Petition als in ihrer Existenz massiv von einer monatelangen Baustelle vor ihren Geschäften bedroht sahen, hatte der OB in der regulären Juli-Sitzung eine erneute Zusammenkunft im August in Aussicht gestellt. Dass sie am Donnerstagabend dann aber auch wirklich einberufen wurde, war erst einem gemeinsamen Antrag von FDP und Freien Wählern zu verdanken. Beide Fraktionen hatten unmissverständlich auf eine öffentliche Beratung gepocht und zwar bevor die Ausschreibung der nötigen Arbeiten das Rathaus verlassen würden.
Dass der Georgi-Marktplatz erneuert werden muss, daran bestand auch bei der Sondersitzung kein Zweifel: Der Platz liegt direkt über der Georgi-Tiefgarage und deren Decke ist sanierungsbedürftig. Vom Platz dringt Wasser in die beiden unterirdischen Garagengeschosse, im Winter ist diese Nässe zudem streusalzbelastet. Dieses Chlorid wiederum nagt am Beton der Tiefgaragenkonstruktion und an deren Stahlarmierung – so wie schon bei den deshalb mit Millionenaufwand sanierten Parkebenen.
Um aber an die Garagendecke zu gelangen, muss der gesamte Platz abgeräumt werden. Georgi-Brunnen inklusive. Der wiederum verliert dann seinen Bestandsschutz. Um ihn auf einen neu gestalteten Platz wieder installieren zu können, genügt die bisherige Umwälztechnik nicht: Der künftige Georgi-Brunnen muss Badewasserqualität haben, legten die mit der Sanierungsplanung beauftragten Experten Erich Schulz und Florian Stauder dar. Will heißen: Der künftige Georgi-Brunnen muss eine Wasseraufbereitung mit Sandfilter und Chlorierung erhalten. Andernfalls müsste die Qualität des Brunnenwassers täglich mit 30 bis 40 Kubikmetern an Trinkwasser aufgefrischt werden.
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Auch das war unstrittig im Rat. Auf die Barrikaden brachte die Kritiker der neue Bauzeitenplan, den die Verwaltung punktgenau zur Sondersitzung hervorzauberte. Drei statt der ursprünglich zwei Bauabschnitte solle es geben – aus Rücksicht auf das Platzgewerbe jeweils von Oktober bis April, beginnend in diesem Jahr und abschließend im Frühjahr 2023. Wie der OB sagte, sei dies das Ergebnis seiner Gespräche, die er mit den Gewerbetreibenden geführt habe – wohlwissend, dass auch dieser versuchte Kompromiss nicht allen Interessen entsprechen könne.
Regelrecht "sauer" ob dieser informellen Überraschung zeigte sich Ralf Frühwirt (GALL): Die Stadtspitze informiere den Gemeinderat so spät wie möglich und so wenig wie möglich. Er fühle sich zunehmend beim Umgang mit der Bürgervertretung an seine 16 Ratsjahre während der OB-Ära von Reinwalds Vorvorgänger Herbert Ehrbar erinnert: "Das geht so nicht." Ins vergleichbare Horn blies neben Mathias Kurz (FW) auch Klaus Feuchter (FDP). Dieser zeigte sich "verwundert" darüber, dass dem Gemeinderat zu seiner Vorbereitung längst überholte Unterlagen bereit gestellt wurden. In der zunehmend hitziger werdenden Diskussion fiel in Richtung des OB auch das Wort "Unwahrheit", was dieser umgehend und mit Nachdruck zurückwies.
Den Weg in die oberbürgermeisterliche Abstimmungsniederlage bereitete dann just der so überraschend vorgelegte neue dreiteilige Bauzeitenplan, der – wie Reinwald einräumte – durchaus "mit heißer Nadel" gestrickt worden war. Denn in der inhaltlichen Diskussion kristallisierte sich heraus, dass in den Winterhalbjahren 2020/21 und 2021/22 lediglich der bestehende Platz abgeräumt und vorbereitet werden würde für die eigentliche Deckensanierung der Tiefgarage im Winterhalbjahr 2022/23. FDP-Feuchter nutzte dies nach der erwähnten Sitzungsunterbrechung für seinen Antrag, die ersten beiden Bauabschnitte zusammenzulegen und mit ihnen gleich nach der Weinkerwe im September 2021 zu beginnen. Das wirke sich nicht negativ auf die Tiefgarage aus, erspare den Gewerbetreibenden nach dem Corona-Lockdown eine praktisch direkt folgende Baustelle vor der Haustür und verschaffe ihnen eine Atempause. Selbst wenn das Zusammenpacken dieser ersten beiden Bauphasen zu einem um vier, sechs oder bis zu acht Wochen verlängerten Bauabschnitt führen würde.
So sah dies – nach der Ablehnung des Verwaltungsvorschlags - auch die gemeinderätliche Mehrheit von FDP, GALL, SPD und dem mitabstimmenden OB. Ob diese Mehrheit von elf, zwölf oder gar 13 Stimmen getragen wurde, blieb offen, war angesichts ihrer Deutlichkeit aber ohne rechtlichen Belang.