Meckesheim

Röschs schließen ihre Metzgerei - wohl für immer

Letzte Metzgerei im Meckesheimer Ortskern ist nach diesem Monat Geschichte - Fritz und Edelgard Rösch gehen in den Ruhestand

28.07.2020 UPDATE: 29.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 3 Sekunden
Verabschieden sich in den Ruhestand: Fritz und Edelgard Rösch. Foto: Hanselmann

Von Inge Hanselmann

Meckesheim. Der letzte verbliebene Metzgerladen im Ortskern schließt noch vor dem Monatsende. Dann wird in der Metzgerei Rösch nach mehr als 100 Jahren keine Wurst und kein Fleisch mehr zubereitet und verkauft. "Liebe Kundschaft, Freunde und Bekannte, wir müssen Euch leider mitteilen, dass wir in den verdienten Ruhestand gehen", steht auf dem Schild an der Ladentür. Fritz und Edelgard Rösch verabschieden sich damit aus jahrzehntelanger Geschäftstätigkeit. Sie führen die Metzgerei bereits in der dritten Generation. Wie es mit ihr weitergeht, ist derzeit noch völlig offen (siehe Hintergrund unten).

Früher und heute: Die Aufnahmen zeigen die Metzgerei in der Friedrichstraße 4 im Wandel der Zeit. Das um 1900 gegründete Haus wurde 1963 abgerissen und neu gebaut. Repro: Hanselmann/Foto: Alex

Gründer ist Peter Rösch, geboren 1879. Er war ursprünglich Wirt vom Gasthaus Adler. Kurz nach der Jahrhundertwende erwirbt er das Anwesen in der Friedrichstraße 4 und eröffnet dort eine Metzgerei. Auf historischen Fotos ist sein Haus zu sehen, seitlich die Eingangstreppe zum Wohnbereich, vorne die Stufen hinauf in den Laden. Peter Rösch und seine Frau Frieda führen das Geschäft bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Dann übernimmt Sohn Fritz Rösch mit seiner Frau Anna den elterlichen Metzgerbetrieb. An die Ehefrauen aus zwei Generationen erinnern die beiden Bäume vor dem alten Wachthaus: Frieda-Linde und Anna-Linde, gestiftet von Peter Rösch.

"Der Verkaufsraum war sehr klein", erinnern sich ältere Meckesheimer noch gut; man musste häufig draußen warten. Nach dem Tod des Vaters saniert Fritz Rösch 1960 erst die alte Wurstküche im hinteren Bereich des Anwesens, reißt dann das bestehende Haus ab und erstellt bis 1963 einen Neubau mit Wohnung und Ladengeschäft.

Hintergrund

Fortführung als Metzgerei ist fraglich

Es sind nicht immer erfreuliche Nachrichten, die man als Bürgermeister verkünden kann. So erging es unlängst auch Maik Brandt, der in öffentlicher Gemeinderatssitzung bekanntgab: "Die Metzgerei Rösch schließt Ende

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Fortführung als Metzgerei ist fraglich

Es sind nicht immer erfreuliche Nachrichten, die man als Bürgermeister verkünden kann. So erging es unlängst auch Maik Brandt, der in öffentlicher Gemeinderatssitzung bekanntgab: "Die Metzgerei Rösch schließt Ende Juli." Anschließend machten die Besitzer Fritz und Edelgard Rösch die Geschäftsaufgabe auch selbst publik und äußerten ihr Bedauern darüber, dass sich bis dato kein Nachfolger für die Weiterführung des Betriebs gefunden hat (siehe Artikel oben).

Hierin stimmen sie mit Bürgermeister Brandt überein, der auf RNZ-Nachfrage betont: "Die Schließung der Metzgerei ist natürlich wenig erfreulich für die Attraktivität des Ortskerns." Ehrlicherweise müsse man aber auch einsehen, dass die Schließung nicht nur alters-, sondern auch umsatzbedingt sei. Der Umsatz sei während des Corona-Lockdowns noch gut gewesen. "Mittlerweile ist er aber wieder gesunken", stellt der Rathauschef fest. Auch wenn er dies nicht mit offiziellen Zahlen belegen könne, vermute er, dass der Umsatz in Richtung Supermärkte abgewandert ist.

Nachdem er von den Schließungsabsichten erfahren habe, sei es seine Absicht gewesen, den Röschs bei der Suche nach einem Nachfolger unter die Arme zu greifen, so Brandt. Sein erster Ansprechpartner: MuM-Gemeinderat Dirk Künzer, der sich beruflich ebenso dem Metzgerhandwerk verschrieben hat und im Ortsteil Mönchzell eine Metzgerei betreibt. Nach einiger Bedenkzeit habe Künzer klar gemacht, dass er kein Interesse daran hat, sein Geschäft um eine Filiale im Ortskern zu erweitern.

Das Ziel, auch weiterhin eine Metzgerei im gesellschaftlichen Epizentrum der 5100-Einwohner-Gemeinde zu haben, möchte der Bürgermeister aber so schnell nicht aufgeben. "Weitere Gespräche laufen", sagt Brandt. Über einen persönlichen Kontakt habe er auch die Fleischerinnung darauf hingewiesen, dass die Räume der Metzgerei Rösch frei werden.

Die Familie Rösch stehe zudem in Verhandlungen mit einem Interessenten, bei dem es sich aber nicht um eine Metzgerei handeln soll. Brandt meint, dass letztlich die wirtschaftlichen Aspekte darüber entscheiden werden, ob es auch in Zukunft eine Metzgerei in der Friedrichstraße 4 gibt. Schließlich gebe es neben den Supermärkten mit ihren Fleischtheken auch den Wochenmarkt sowie ein Angebot der Marktscheune mit einem Verkaufswagen der Metzgerei Hess. Auf mögliche Interessenten könnte diese Konkurrenz abschreckend wirken. (lew)

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Seit 1968 arbeitet Sohn Fritz junior als Lehrling mit im Betrieb. Er legt 1974 die Meisterprüfung ab und ist ab 1981 Geschäftsinhaber. Seine Frau Edelgard wird von Schwiegermutter Anna eingelernt und steht fast 40 Jahre lang "ihre frau" im Familienbetrieb: Zu den Öffnungszeiten der Metzgerei arbeitet sie im Verkaufsraum hinter der Theke, zwischendurch kocht sie in der Küche nebenan. Außerdem richtet sie vor und räumt weg, erledigt Büroarbeit, putzt und ist am Wochenende zudem noch in den Partyservice mit eingebunden.

Früher und heute: Die Aufnahmen zeigen die Metzgerei in der Friedrichstraße 4 im Wandel der Zeit. Das um 1900 gegründete Haus wurde 1963 abgerissen und neu gebaut. Repro: Hanselmann/Foto: Alex

"Bei uns läuft die Ware nicht vom Band, wir schaffen noch mit Herz und Hand", zitiert die RNZ das Paar, als die Zeitung über die Neueröffnung des Ladens nach der Renovierung im Jahr 1989 berichtet. Pro Woche kommen ungezählte Arbeitsstunden zusammen. Ab dem frühen Morgen bis in den Abend ist die Arbeit in der Wurstküche und im Verkauf anstrengend und hart. "Fast 40 Jahre sind genug", sagen Fritz und Edelgard jetzt und möchten das Leben in Zukunft ruhiger angehen: "Die Seele einfach mal baumeln lassen." Um die Weiterführung des Betriebs haben sie sich bisher vergeblich Gedanken gemacht. Die Auflagen für die kleinen Metzgereien sind schärfer geworden, berichten sie. Bestandsschutz gibt es bei einer Übergabe nicht. Eine Modernisierung kostet einen sechsstelligen Betrag. Das schreckte mögliche Interessenten bisher ab. Schon die Einrichtung als belieferte Filiale wird teuer, denn die Waagen und die Kasse müssen auf den neuesten Stand gebracht werden. Und dann gibt es noch das Problem, geeignetes Personal zu finden….

Schade ist es für die Kunden, die nun keinen Metzgerladen mehr in ihrem Ortsteil haben. Platten voll mit den beliebten gebratenen Schnitzeln, Kessel mit zarten Weißwürsten oder Schüsseln mit Riesenportionen Wurstsalat aus der Produktion von Metzgerei Rösch werden nur noch auf den Erinnerungsfotos großer Feste zu finden sein.

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