Heidelberger Graffitikünstler gestalteten Straßenbahn
Stadtwerke als Sponsor - Auftakt zum sechsten "Metropolink"-Festival für urbane Kunst

Von Philipp Neumayr
Heidelberg. Die ganze Stadt ein Kunstwerk – das ist die Vision von Pascal Baumgärtner. Seit vielen Jahren entwickelt er immer wieder neue Ideen und Konzepte, wie man Heidelberg bunter machen kann. Das von ihm gegründete "Metropolink"-Festival für urbane Kunst zieht jeden Sommer Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt an. Um ein Haar wäre das Streetart-Festival in diesem Jahr der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen. Jetzt aber ist klar: Die sechste Auflage findet definitiv statt. Zwischen dem 6. und 16. August öffnet der Süden von Patrick-Henry-Village seine Türen – und wird erneut zum pulsierendem Zentrum für Kunst und Kultur.
Einen Vorgeschmack auf die zwei Festivalwochen gibt ein Kunstwerk, das es in dieser Form noch nicht in Heidelberg gegeben hat: eine schwarz-weiß-bunte Straßenbahn der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH, die ab sofort für ein Jahr durch das Stadtgebiet fährt. Gestaltet haben sie die beiden Heidelberger Grafikkünstler Max Hathaway und Götz Gramlich. "Das Ganze ist inspiriert von dem Festivalzentrum in Patrick-Henry-Village", erklärt Gramlich. Das Künstlerduo "Low Bros" bemalte den Eingang des ehemaligen Supermarktes der Amerikaner, des PX Stores, letzten Sommer mit einem großen Mural aus verfremdeten Logos amerikanischer Marken und knallgelben Chiquita-Bananen. Diese Kunst findet nun in der Straßenbahn ihre Fortsetzung.
Gramlich und Hathaway haben sich unter anderem charakteristische Aufkleber bekannter Obsthändler als Grundlage genommen und diese mal mehr, mal weniger stark abgewandelt. So prangt etwa der Schriftzug "Dope" ("cool") auf der Bahn – in seiner Aufmachung an das Firmenlogo des US-amerikanischen Unternehmens Dole erinnernd, das viele wohl aus dem Supermarkt oder dem eigenen Obstkorb kennen. Die Apfelsorte "Pink Lady" machten die Grafikkünstler zur "Punk Lady". Und statt des Schriftzugs "Chiquita" wirbt das legendäre Logo des Obsthändlers nun mit dem Wort "Girlpower". "Es sind Botschaften, die positiv sind und die jeder versteht", sagt Hathaway.
Das mobile Kunstwerk kommt generell durchaus politisch daher. Schon auf der Frontseite liest man die Worte "No Black. No Colors. No Arts." ("Kein Schwarz. Keine Farben. Keine Kunst.") – ein Bekenntnis zur Bewegung "Black Lives Matter" und zur Vielfalt der Kunstszene. "Die Vielfalt ist das, was zählt", sagt auch Michael Teigeler, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg Energie, die das Projekt finanziell unterstützt haben. Seit Anbeginn kooperieren die Stadtwerke und Baumgärtner miteinander. In den letzten Jahren wurden im Rahmen dieser Zusammenarbeit unter anderem zahlreiche Stromkästen im Stadtgebiet und die Fassade des Tiergartenbades bemalt. Dass es nun auch eine bunte Straßenbahn gibt – für Teigeler "ein Highlight". Anders als alle anderen bisher entstandenen Kunstwerke hat die Straßenbahn einen Vorteil, erklärt er: "Sie bewegt sich. Hier kommt das Kunstwerk beim Menschen vorbei."
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Die Idee für die bunte Bahn habe es schon länger gegeben, sagt Baumgärtner. Damit erreiche man viele Menschen im gesamten Stadtgebiet. "Es ist ein fahrendes Wandbild." Ein Wandbild, das nur den Auftakt darstellen soll für eine ganze Reihe von Kunstwerken, die in den kommenden Wochen wieder neue Farbe in die Stadt bringen. Das wohl Spektakulärste: Die Bemalung einer Fassade des Hauptbahnhofs durch das spanische Künstlerkollektiv "PichiAvo". Baumgärtner sagt: "Das wird das größte Wandbild, das wir je gemacht haben."



