Heidelberg

Als Christo das Amerikahaus statt des Schlosses verhüllte

1969 kam Christo zum Festival "intermedia 69" nach Heidelberg

01.06.2020 UPDATE: 01.06.2020 16:38 Uhr 57 Sekunden
Im Mai 1969 verpackte Christo das Amerikahaus, das heutige DAI. Es war sein Beitrag zu dem Festival „intermedia 69“. Foto: RNZ-Archiv

Von Ingeborg Salomon

Heidelberg. Menschen, die schon ein bisschen länger in Heidelberg sind, werden sich erinnern: Das Festival "intermedia 69" lockte vom 16. bis 18. Mai 1969 über 5000 Kunstinteressierte in die Stadt. "Fluxus" war angesagt als Gegenbewegung gegen das Establishment, in diesem Fall eine Skulpturen-Ausstellung, die der Kunstverein geplant hatte. Mit dem Konzept konnten sich der Graphiker Klaus Staeck und der Historiker Jochen Goetze, beide Mitglieder des Beirats des Kunstvereins, nicht anfreunden; deshalb konzipierten sie eine Ausstellung nach eigenen Vorstellungen.

Einer von über 80 Künstlern, die sie eingeladen hatten, war der damals 33 Jahre alte Christo, der jetzt verstorben ist. Der hatte ein Jahr zuvor die Kunsthalle Bern in Plastikhüllen geschnürt und auf der Kasseler documenta den berühmten "Über-Phall" errichtet.

Nun sollte er eigentlich das Heiligtum der Heidelberger, das Schloss, verpacken. Doch das Staatliche Liegenschaftsamt machte Künstler und Veranstaltern einen Strich durch die Rechnung: Die Ruine sei zu baufällig, die Genehmigung wurde nicht erteilt. Als Alternative wurde das Amerikahaus (das heutige DAI) ausgedeutet. Doch auch hier musste man 24 Stunden nachdenken, ob man diesen ungewöhnlichen jungen Mann aufs Dach lassen wollte.

Man ließ und Christo startete seine bis heute legendäre Aktion: Mit 20 Helfern, 1900 Metern weißer Gitterfolie, 900 Metern Draht und 450 Metern Seil verwandelte er das graue Gebäude in ein Kunstobjekt – das sofort für reichlich Diskussionen sorgte.

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Vielen Heidelberger Bürgern missfielen sowohl das Festival im Allgemeinen sowie Christos Verpackung im Besonderen. Doch auch linke Studierende übten deftige Kritik: "Außen Schieß-Kunst, innen Scheiß-Dunst" pinselten sie an das Monument. Bürgertum und Apo waren sich ausnahmsweise einmal einig.

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