Niederlage gegen Hertha

Der Hoffenheimer Heimkomplex

Ohne Zuschauer kassiert die TSG die achte Pleite im 14. Spiel im eigenen Stadion - Hertha jubelt herzlich - Hübner: "Verlieren zu leicht"

17.05.2020 UPDATE: 18.05.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden
Szenen eines gebrauchten Nachmittags: Im menschenleeren Stadion fliegt TSG-Keeper Oliver Baumann vergeblich durch die Luft, als der Ball zum ersten Mal im Netz einschlägt.  Fotos: APF

Von Nikolas Beck

Sinsheim. Für einen kurzen Augenblick war alles wie immer. Als Hoffenheims Kevin Akpoguma den Schuss aus zweiter Reihe von Peter Pekarik ins eigene Tor abfälschte (58. Minute), blendeten die Hauptstädter Corona einfach aus. Sprangen einander auf die Schulter, klatschten ab, umarmten sich. Sogar ein Küsschen war dabei.

"Ganz ohne Emotionen brauchen wir das Spiel nicht spielen. Wenn man gar nicht mehr jubeln darf, geht noch mehr kaputt", sagte Herthas Trainer Bruno Labbadia und warb um Verständnis für seine Schützlinge, die auch nach Ibisevics zweitem (60.) und Cunhas drittem Streich (74.) auf Schmusekurs gingen. Beim Feiern besteht also noch Nachholbedarf – alles andere machten die Gäste aber beim 3:0 (0:0) bei der TSG Hoffenheim den entscheidenden Tick besser.

Bissiger, griffiger, galliger – natürlich nur im übertragenen Sinne – war die "Alte Dame". Und vor allem effizienter. "Wenn Du ein Heimspiel 0:3 verlierst, fühlt sich das nicht gut an", haderte Hoffenheims Trainer Alfred Schreuder in erster Linie mit dem Ergebnis. Seiner Analyse, die Partie "größtenteils dominiert" zu haben, konnte man allerdings nur bedingt folgen.

An Geisterspieltag eins schienen die Gäste mit den ungewöhnlichen Rahmenbedingungen von Beginn an weniger zu fremdeln als die TSG, deren Heimkomplex also auch ohne Zuschauer kein Ende fand. Es war bereits die achte Pleite im 14. Auftritt in der PreZero Arena, die dritte in Serie mit insgesamt zwölf Gegentreffern.

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Alfred Schreuder. Fotos: APF

"Es ist leider so, dass wir zu leicht verlieren", sagte Kapitän Benjamin Hübner. Der 30-Jährige war grundsätzlich der Meinung, zusammen mit seinen Kollegen "guten Fußball gespielt" zu haben: "Das 0:3 war zu deutlich." An die gespenstische Kulisse müsse sich Hübner freilich noch gewöhnen. Es sei wichtig, dass wieder gespielt werde und "die Leute wieder Fußball schauen und Spaß daran haben können", so der Innenverteidiger: "Aber es ist eben etwas ganz anderes als mit einem vollen Stadion und den Emotionen, die von den Zuschauern kommen."

Zwar haben auch die Hoffenheimer den Ernstfall unter der Woche per Trainingsspiel in der Arena simuliert. Aber Training bleibt eben Training. "Puh", sagte auch Bruno Labbadia, als er am Samstag die Arena betrat. "Das ist schon noch mal eine andere Nummer."

Umso wichtiger sei es aktuell, sich die "Emotionen selbst zu besorgen", so der 56-Jährige: "In meinem Herzen ist immer Emotion."

Eine Kostprobe davon erhielten die wenigen Kiebitze erstmals nach zehn Minuten. Eine Gelbe Karte für Pekarik veranlasste Labbadia lautstark – und aufgrund der fehlenden Geräuschkulisse auf den Rängen gut verständlich – nachzuhaken: "Herr Dingert! Herr Dingert!", brüllte der gebürtige Darmstädter: "Sie brauchen nicht anders zu pfeifen, nur weil niemand da ist."

Hintergrund

Die Spieler in der Einzelkritik

Baumann: Einer der besseren Hoffenheimer. Verhinderte schon vor der Pause mehrfach einen Rückstand.

Kaderabek: Ungewohnt unauffällig.

Akpoguma: Sah bei allen drei Gegentoren schlecht aus. Ein Tag zum Vergessen.

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Die Spieler in der Einzelkritik

Baumann: Einer der besseren Hoffenheimer. Verhinderte schon vor der Pause mehrfach einen Rückstand.

Kaderabek: Ungewohnt unauffällig.

Akpoguma: Sah bei allen drei Gegentoren schlecht aus. Ein Tag zum Vergessen.

Hübner: Ebenfalls kein Rückhalt.

Posch: Diesmal links hinten in der Kette. Solide.

Grillitsch: Zweikampfstark und passsicher – aber ohne zündende Idee.

Rudy: Nach etwas mehr als einer Stunde gestützt vom Platz gehumpelt.

Baumgartner: Stets bemüht. Im Abschluss aber ohne Fortune.

Skov: Endlich wieder auf der Wunschposition Rechtsaußen. Ordentlich.

Zuber: Hat beim TSG-Publikum einen schweren Stand – konnte aber auch ohne Zuschauer nicht glänzen.

Bebou: Ist und bleibt kein Sturmführer. Zur Halbzeit angeschlagen raus.

Beier: Lief viel, bot sich immer wieder an, hätte ein Tor verdient gehabt.

Bruun Larsen: Belebendes Element.

Geiger: Blass.

Elmkies: Durfte debütieren. nb

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Bei den Hausherren beschränkten sich die Gefühlsausbrüche meist auf Frustmomente: Christoph Baumgartner trat an den Pfosten, nachdem er aus kurzer Distanz eine Kaderabek-Flanke nur noch über die Linie hätte drücken müssen, den Ball aber nicht richtig traf (28.). Der eingewechselte 17-jährige Maximilian Beier raufte sich die Haare, weil er kurz nach der Pause freistehend aus elf Metern mit dem Außenrist verzog (54.). Nicht nur für Alfred Schreuder eine spielentscheidende Szene. Kurz danach schlug die Hertha eiskalt doppelt zu. "Wenn wir in Führung gehen, wird es für Berlin schwer", mutmaßte der Niederländer. Warum nach dem 0:2 aber bei zu vielen seiner Schützlinge das große Zittern begann, dafür hatte auch Schreuder keine Antwort.

Die größte Baustelle sei es aktuell, dass man auf zu viele Spieler – vor allem in der Offensive – verzichten muss. Belfodil, Kramaric und Adamyan fehlten verletzt, dazu musste Munas Dabbur passen, weil er unter der Woche Vater geworden war und deshalb die Quarantäne verließ. Bis Samstag in Paderborn sollten aber auch die teilweise kapitalen individuellen Patzer in der Hintermannschaft abgestellt werden.

Beim Sieger war es auch am Tag danach vor allem die offen zur Schau getragene Freude, die zu Diskussionen führte. Sanktionen von Seiten der DFL haben die Hauptstädter zwar nicht zu befürchten. Trotzdem werde man selbstverständlich mit den Spielern noch einmal reden, so Labbadia.

Nicht weniger Gesprächsbedarf besteht bei "Hoffe". Auch ohne Torjubel.

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