Engerling-Plage verhindert Baumpflanzung
Ersatz für abgestorbene Kiefern: 3000 Laubbäume müssen warten - Massenhaft gefräßige Maikäferlarven tummeln sich im Waldboden

Von Lukas Werthenbach
Sandhausen. Der Grund ist zwar ebenfalls sehr klein und nahezu unsichtbar, doch für diese Absage einer lange im Voraus geplanten Aktion ist ausnahmsweise nicht Corona verantwortlich: Weil im Waldboden eine Plage gefräßiger Engerlinge tobt, musste das Landratsamt des Rhein-Neckar-Kreises die Pflanzung von 3000 neuen Laubbäumen auf Herbst verschieben. Die als Schädlinge geltenden Larven bleiben noch ein ganzes Jahr unter der Erde, ehe sie als Maikäfer "ausfliegen". Weil sie im aktuellen Stadium liebend gern über die Wurzeln junger Bäume herfallen, muss die "Ersatzpflanzung" warten. Sie dient dem Ausgleich für zahlreiche abgestorbene Kiefern, die der Hitze und Trockenheit der vergangenen beiden Jahre zum Opfer gefallen sind.
Jetzt im Frühjahr sollten unter anderem Eichen, Hainbuchen und Feldahorn als "junge stabile Laubbäume" nahe dem Waldkindergarten sowie weiter südlich im Forst an der Ostlandstraße gepflanzt werden. Die Flächen waren bereits für die Pflanzungen vorbereitet, Bewuchs wurde entfernt. Bei "Probegrabungen" stellte das Kreisforstamt dann aber fest: Im Boden tummeln sich pro Quadratmeter teilweise über 15 wurzelfressende Maikäferlarven, sogenannte Engerlinge. Die "kritische Grenze für Schäden an Jungpflanzen" sei bereits bei zwei bis drei Larven pro Quadratmeter überschritten, wie die Behörde mitteilt.
Deshalb sollen die Bäume nun erst im Herbst gepflanzt werden. "Naturnahe Forstwirtschaft bedeutet für uns Forstleute, mit der Natur und nicht dagegen zu arbeiten", sagt Forstbezirksleiter Philipp Schweigler. Gegenüber der RNZ erklärt er, dass sich die Larven über den Sommer zu Maikäfern entwickeln. Diese schlummern dann zwar noch bis Frühjahr 2021 unter der Erde. "Aber die Käfer reifen im Boden nur noch heran, sie fressen keine Wurzeln."
Insgesamt leben Engerlinge bis zu vier Jahre unterirdisch. Der sogenannte "Flugstamm" in Sandhausen befindet sich laut Forstamt im vorletzten Stadium. Demnach gelten die jetzt dreijährigen Larven als "besonders groß und gefräßig", mit "besonderer Vorliebe für die Wurzeln junger Bäume". Nähme man die Pflanzung also jetzt vor, "würden wir ihnen das Essen auf dem Silbertablett servieren", berichtet die Behörde.
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Wenn die Maikäfer im nächsten Frühjahr "ausfliegen", könnte indes alles wieder von vorne losgehen: Oft legen die Tiere ihre Eier dort ab, wo sie sich selbst entwickelt haben. "Aber die Larven im ersten Stadium fressen Graswurzeln, keine Baumwurzeln", so Schweigler. "Deshalb sind sie in diesem Stadium relativ ungefährlich für Bäume." Da die für die Pflanzungen vorgesehenen Flächen bereits von Gräsern befreit wurden, könnten sie nun allerdings unattraktiv für die Eiablage sein. "Dies steigert die Hoffnung, dass die jungen Bäume sogar noch länger ungestört von den Maikäferengerlingen wachsen können", sagt Schweigler.
Auch der VfB Leimen hat übrigens schon Erfahrungen mit den Schädlingen gemacht: Eine 2018 entdeckte Plage im Otto-Hoog-Stadion sorgte für eine mehr als einjährige Sperrung des dortigen Rasens.