Städte und Gemeinden brauchen auch Geldspritzen
Corona-Pandemie trifft Kommunen knüppeldick - Städtetagsvertreter fordert Rettungsschirm

Der Euro. Foto: dpa
Von Alexander Albrecht
Mannheim/Stuttgart. Die Städte und Gemeinden wollen an ihren geplanten Investitionsvorhaben festhalten, um die Wirtschaft mit Konjunkturpaketen anzukurbeln. Gleichzeitig sehen sich die Kommunen in Zeiten der Corona-Krise massiven Steuerausfällen gegenüber und müssen neue Schulden machen.
"Das geht nicht", sagt Christian Specht (CDU), Mannheimer Kämmerer und Vorsitzender des Finanzausschusses des baden-württembergischen Städtetags. Deshalb fordert er einen Rettungsschirm des Bunds und der Länder für die Kommunen.
Allein in Mannheim lägen inzwischen knapp 890 Anträge von Unternehmen vor, die die Stadt darum bitten, ihre Gewerbesteuervorauszahlungen zu senken. Damit brechen bereits zehn bis 25 Prozent der geplanten Einnahmen aus dieser für die Kommunen so wichtigen Steuerquelle weg. "Hinzu kommen Stundungen in Millionenhöhe", ergänzt Specht. "Und das ist erst der Anfang." Was aus Sicht Spechts "total unterschätzt" wird: Die Firmen reichen ihre Jahresabschlüsse für 2020 erst in einem Jahr bei den Finanzämtern ein. Diese legen die endgültige Gewerbesteuerschuld fest. Sehr wahrscheinlich gaben die meisten Unternehmen hohe Verluste an. Und bekommen zu viel gezahlte Steuern erstattet.
Geld verloren geht Kommunen, aber auch Bund und Ländern durch die ab 1. Juli von 14 auf sieben Prozent gesenkte Mehrwertsteuer in der Gastronomie. Ins Kontor schlagen zudem drastische Rückgänge bei der Einkommensteuer als Folge von Kurzarbeit und steigender Erwerbslosigkeit. In den kommenden zwei Jahren würden die wirtschaftlichen Konsequenzen der Krise voll durchschlagen, glaubt Specht.
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Darüber hinaus drohten Städten, die Träger von Krankenhäusern sind, zweistellige Millioneneinbußen. Für diesen Bereich fordert Specht von Berlin und Stuttgart einen eigenen Sondertopf. Die Kliniken hielten Hunderte Betten für Covid-19-Patienten vor, schafften Isolierstationen und trennten Fachabteilungen streng voneinander ab. Das kostet viel Geld – das auf der Einnahmenseite wegfällt, da Behandlungen und Operationen verschoben oder abgesagt werden mussten. Die Stadt Mannheim kaufe derzeit wöchentlich Schutzmasken für 320.000 Euro – hauptsächlich für Pflegeheime und niedergelassene Ärzte.
Das sei nur ein Viertel der benötigten Exemplare, sagt Specht. "Wir kommen unserer Fürsorgepflicht in großem Maße nach, werden aber kaum unterstützt", ärgert er sich und erinnert an die Situation der Kommunen und Landkreise bei der Unterbringung von Geflüchteten, die sich damals von der Bundes- und Landespolitik im Stich gelassen fühlten. Ähnlich desaströs sei die Situation jetzt beim öffentlichen Nahverkehr, der Millionendefizite einfahre, aber sein Angebot nach Kritik an mangelndem Sicherheitsabstand wieder ausgeweitet habe.
Hart trifft Mannheim auch die Absage des Maimarkts. Viele Gäste, so Specht, hätten in der Stadt übernachtet und eingekauft. Sorgen macht sich der Kämmerer auch mit Blick auf die Sozialausgaben. Verlören zum Beispiel 1000 Menschen ihren Minijob, mit dem sie die staatliche Hilfe bislang aufstockten, entstünden der Stadt 4,2 Millionen Euro Mehrkosten für Unterhalt und Heizung.



