Die Weichen stehen auf Wachstum
Neuer Flächennutzungsplan des Nachbarschaftsverbands Heidelberg-Mannheim weist rund 930 Hektar für Wohn- und Gewerbeentwicklung aus - Eine Verpflichtung für Kommunen gibt es nicht

Von Harald Berlinghof und Carsten Blaue
Rhein-Neckar. Der Flächennutzungsplan des Nachbarschaftschaftsverbandes Heidelberg-Mannheim legt fest, wo es in den einzelnen Städten und Gemeinden Wachstumsmöglichkeiten für Wohn- und Gewerbeflächen geben könnte. Der bisherige Plan hatte eine Gültigkeit für die Jahre 2006 bis 2020. In der Regel wird ein solcher Plan für den Zeitraum von 15 Jahren aufgestellt. Jetzt war die Fortschreibung des bisherigen Planes notwendig, eine Gültigkeitsdauer wurde allerdings dieses mal nicht festgeschrieben.
Insbesondere die durch den Abzug der US-Army frei gewordenen Konversionsflächen in Mannheim, Heidelberg und Schwetzingen beeinflussen die Größe der potenziellen Siedlungs- und Bauflächen in der Region. Der Flächennutzungsplan soll die Ausweisung von möglichen Bauflächen für Wohn- oder Gewerbenutzung steuern, um einen "Wildwuchs" der Siedlungsentwicklung zu vermeiden. Auch die Ansiedlung von Einzelhandel wird im Flächennutzungsplan in Abstimmung mit den Mitgliedsgemeinden geregelt. Für den Raum Schwetzingen, Plankstadt und Oftersheim wird das durch ein Einzelhandelskonzept der drei betroffenen Gemeinden untereinander geklärt.

Prinzipiell betonte Martin Müller, Geschäftsführer des Nachbarschaftsverbandes, dass den Gemeinden damit nicht ihre Oberhoheit bei der Aufstellung von Bebauungsplänen genommen wird. "Kein Gemeinderat muss jetzt einen Bebauungsplan ausweisen. Der Flächennutzungsplan zeigt nur auf, wo Bauflächen möglich sind und schafft die Voraussetzungen dafür", so Müller in der Vollversammlung des Nachbarschaftsverbandes im Mannheimer Stadthaus. Die Entscheidung über die weitere Entwicklung bleibt jetzt also der jeweiligen Kommune überlassen.
Der jetzt aufgelegte Flächennutzungsplan weist insgesamt 487 Hektar Wohnbaufläche auf. Davon befinden sich 173 Hektar auf Konversionsflächen in Mannheim, Heidelberg und Schwetzingen, was belegt, welch hohe Bedeutung die Konversionsflächen bei der Siedlungsentwicklung haben.
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Im Außenbereich der Kommunen ist die Größe der potenziellen Bauflächen um 16,6 Hektar gesunken gegenüber dem alten Plan. In fünf der 18 Mitgliedskommunen ist die Größe der Bauflächen gleich geblieben, in fünf ist sie gesunken und in acht ist sie gewachsen.
Mit der Nutzung der Konversionsflächen können wertvolle Naturflächen in den Außenbereichen der Kommunen geschont werden. Dabei wachsen die ausgewiesenen Flächen für Wohnungsbau angesichts eines weiterhin hohen Bedarfs an Wohnungen schneller als diejenigen für Gewerbenutzung, für die im neuen Flächennutzungsplan 438 Hektar ausgewiesen sind – davon knapp 160 in Heidelberg und 125 in Mannheim.
Auch wenn die Kurve der Bevölkerungsentwicklung – abweichend von der letzten Prognose, die aus dem Jahr 2017 stammt – leicht nach unten weist, bleibt die Nachfrage nach geeignetem Wohnraum hoch. Müller betonte auch, dass der Nachbarschaftsverband "nur" 487 Hektar für Wohnbauland ausgewiesen hat. Vom Land und vom Verband Region Rhein-Neckar habe man Empfehlungen erhalten, die rund 670 Hektar dafür vorsehen.
Der neue Flächennutzungsplan wurde bei vier Gegenstimmen aus Brühl und Edingen-Neckarhausen sowie zwei Enthaltungen aus Leimen mehrheitlich beschlossen. Für die Gemeinde Brühl trug Bürgermeister Ralf Göck seine Unzufriedenheit über ein ausgewiesenes Biotop mitten in einem Baugebiet vor, das er als "Versehen" bezeichnete. Müller konnte auf seiner Karte wiederum kein Biotop ausmachen.
Aus Edingen-Neckarhausen kamen Einwände wegen der Baufläche "Mittelgewann". Dort wollte man eine Reduzierung von 7,5 Hektar auf 4,2 Hektar in den Plan aufnehmen lassen. Der Nachbarschaftsverband hatte im Vorfeld bereits moniert, dass dieser Wunsch nicht fachlich begründet worden sei und blieb dabei auch am Montag. Also stimmten die beiden Vertreter aus Edingen-Neckarhausen, Bürgermeister Simon Michler und Gemeinderat Helmut Koch, gegen die Vorlage. Politisch wird in der Doppelgemeinde moniert, dass der Nachbarschaftsverband seine Entscheidung gegen eine Verkleinerung der ausgewiesenen Fläche nicht ausreichend abgewogen habe. So sei das Ergebnis des Bürgerentscheids von 2017 gegen einen Bebauungsplan im "Mittelgewann" gar nicht berücksichtigt worden. Außerdem kämen Belange des Naturschutzes zu kurz. Müller konterte im Vorfeld, der Plan sei jetzt viel ökologischer. Gleichwohl hat die Ortsgruppe des Naturschutzbundes (Nabu) darauf hingewiesen, dass Rechtsmittel gegen den Flächennutzungsplan möglich seien. Dieser kann vom Regierungspräsidium zudem auf Formfehler hin überprüft werden – wenn das jemand verlangt.



