Markt zu, Metzgerei auf

In Wilhelmsfeld gibt's die Wurst am Bauzaun

Metzgerei im geschlossenen Einkaufsmarkt verkauft weiter - Zukunft ungewiss

09.01.2020 UPDATE: 10.01.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden
Seit dem Jahreswechsel hat der „nah und gut“-Einkaufsmarkt in Wilhelmsfeld geschlossen, doch im Innern halten die Verkäuferinnen der Metzgerei Beisel die Stellung. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Wilhelmsfeld/Heiligkreuzsteinach. Die Wurst- und Fleischtheke ist prall gefüllt. Wiener Würstchen, Schweinefilet und Salami warten auf ihre Abnehmer. Doch es fehlen die Kunden. Seit dem Jahreswechsel ist der Einkaufsmarkt in der Ortsmitte von Wilhelmsfeld geschlossen, doch die Landmetzgerei Beisel innerhalb des Gebäudes macht weiter. Dies führt zu der kuriosen Situation, dass die Kunden dort neben einem Bauzaun einkaufen sollen. Jener provisorisch aufgestellte Zaun trennt den geschlossenen Einkaufsmarkt vom Bereich der Metzgerei ab.

"Es ist einfach traurig", sagt Udo Beisel, der die gleichnamige Metzgerei mit Hauptsitz in Heiligkreuzsteinach in der fünften Generation seit dem Jahr 1997 führt. Vor zwölf Jahren hat der 55-Jährige die Metzgerei im "nah und gut"-Einkaufsmarkt in Wilhelmsfeld übernommen.

Foto: Alex

Beisel glaubt, dass der Eigentümer des Gebäudes es nun verpasst hat, ihm rechtzeitig zum Jahresende zu kündigen. Einen Aufhebungsvertrag wollte er nicht unterschreiben, so Beisel. Nun sei sein Pachtvertrag zum Ende des Februars fristgerecht gekündigt worden.

Trotzdem ist die Zukunft ungewiss. Denn nach wie vor steht im Raum, dass der Einkaufsmarkt unter einem neuen Inhaber wieder öffnen könnte. Der bisherige Betreiber soll im Gespräch mit mehreren Interessenten sein. Beisel hofft, dass dies klappt. "Wir würden gerne hier bleiben, wissen aber zur Zeit nicht, wie es weitergeht", so der Metzger.

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"Mit dem Standort sind wir sehr zufrieden, sodass wir gar nicht hier wegwollen." Für die Übergangszeit soll die Lösung mit dem Bauzaun herhalten. "Wir können nicht einfach zumachen", gibt Beisel zu bedenken. "Wir haben eine Verantwortung gegenüber unseren drei Verkäuferinnen in Wilhelmsfeld und den Kunden."

Udo Beisel geht davon aus, dass die nächsten Wochen in Wilhelmsfeld nicht einfach werden. In den ersten Tagen des Jahres sei schon weniger los gewesen. Man müsse aber noch abwarten. "Von außen sieht es so aus, dass der Markt komplett geschlossen ist", klagt Beisel. Eine Tafel und Plakate weisen darauf hin, dass die Metzgerei weiter geöffnet ist. Außerdem will der Metzger verstärkt Werbung machen. "Die Situation ist schon komisch", meint Beisel. In Wilhelmsfeld selbst gebe es für ihn keine alternativen Standorte.

Vor einigen Jahren hatte sich Beisel eine geschlossene Metzgerei am Ort angeschaut, doch der Investitionsstau war dort zu groß. "In anderen Orten gibt es mehr Möglichkeiten", sagt Beisel. An eine Neueröffnung denkt er aber nicht – auch weil er kein Personal finde. Zudem seien die Kunden in Wilhelmsfeld froh über die Metzgerei am Ort.

"Als wir vor zwölf Jahren hier angefangen haben, brachten uns Kunden Geschenke zum Dank", erinnert sich der 55-Jährige. Zuvor gab es im Einkaufsmarkt eine Wurst- und Fleischtheke, die von Edeka betrieben wurde. Seither galt die Übereinkunft, dass im Einkaufsmarkt zwar ein großes Käse-, aber nur ein kleines Wurst- und Fleischsortiment angeboten wird.

"Die beste Lösung wäre, wenn es weitergeht", sagt Beisel. Sollten die Verhandlungen mit den Interessenten für den Einkaufsmarkt scheitern, will der Metzger sein Personal in Heiligkreuzsteinach oder der Verkaufsstelle in Schönau einsetzen. Außerdem denkt er über einen Ausbau des Partyservices und den Einsatz eines Verkaufswagens nach.

Auch für Heiligkreuzsteinach rechnet der Metzger mit weniger Kunden in seinem Geschäft. Der benachbarte Einkaufsmarkt hatte ebenfalls zum Jahreswechsel geschlossen. Auch hier ist noch offen, ob er unter neuer Regie wieder öffnet. "Bisher sind viele Kunden von Abtsteinach zum Einkaufen nach Heiligkreuzsteinach gefahren", so Beisel.

Diese hätten dann auch Station in der Metzgerei gemacht. Der Metzger fürchtet, dass diese nun wegbleiben. Bisher habe man noch keinen Rückgang zu spüren bekommen, aber der Umsatz gehe wohl auch hier bald zurück. Beisel sagt deshalb noch einmal: "Es ist einfach traurig."

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