Carmen Oesterreich ist die Neue für die SPD im Gemeinderat
Frischer Wind aus ungewohnter Richtung - Ihr großes Thema ist Mobilität

Von Barbara Nolten-Casado
Schönbrunn. Carmen Oesterreich strotzt nur so vor Motivation und Tatendrang. Seit Juli ist die Redakteurin und Mutter dreier erwachsener Kinder neues Mitglied im Gemeinderat von Schönbrunn und hat große Pläne für ihre Mitarbeit dort in den kommenden Jahren.
Seit 2001 lebt die gebürtige Bochumerin mit ihrer Familie im Ortsteil Haag. Bereits bei den Kommunalwahlen vor fünf Jahren hatte sie sich – damals für die Freien Wähler – als Kandidatin aufstellen lassen. Doch damals schaffte sie den Sprung in die Kommunalpolitik nicht. Inzwischen habe sie sich inhaltlich etwas von den Freien Wählern entfernt, berichtet Oesterreich.
Grund genug für sie, sich einer Partei anzuschließen, deren Inhalte ihr neuerdings wieder politisch klarer erscheinen: der SPD. Seit 30 Jahren sei diese Partei nicht mehr im Schönbrunner Gemeinderat vertreten gewesen, so Oesterreich. 2019 trat sie erstmals wieder an und – "es hat geklappt": Carmen Oesterreich und Jens Feldhaus bringen nun erneut sozialdemokratisches Denken ins Gremium ein.
Eigentlich hatte Carmen Oesterreich immer schon in die Politik gehen wollen, in die "ganz große", bundesweite. Als 18-Jährige versuchte sie es bei den Grünen. Doch daraus wurde nichts, "ich merkte bald, dass ich damals noch zu unreif war, um mich in der Politik zu behaupten". Später stand dann die Familie im Vordergrund.
Auch interessant
Seit 2015 arbeitet Oesterreich nun bei den SRH-Schulen in Neckargemünd als Pressereferentin. Dort engagiert sie sich im Betriebsrat, ist Mitglied in der Gewerkschaft Verdi. Und "wenn man sieht, wie es Arbeitnehmern so geht, glaube ich, dass der Schritt in die SPD nicht falsch ist", zeigt sie sich überzeugt.
Viel konnte Oesterreich im neu zusammengesetzten Gemeindeparlament bislang noch nicht bewegen. Der gemeinsame Ausschuss der Verwaltungsgemeinschaft Eberbach/Schönbrunn, in dem sie als ordentliches Mitglied mitarbeiten wird, hat noch nicht getagt. Und auch im Bauausschuss, an dem sie in stellvertretender Rolle teilnahm, waren eher Regularien abzuarbeiten.
Doch in den Gemeinderatssitzungen konnten die beiden SPD-Vertreter wohl schon für etwas frischen Wind sorgen. "Immerhin werden wir wahrgenommen und gehört", zeigt sich Oesterreich zufrieden, "und wohl auch ein bissel als störend wahrgenommen".
So stimmten die Beiden beispielsweise gegen eine Erhöhung der Kita-Gebühren, was "unter den Kollegen der anderen Parteien keinen großen Anklang fand". Dabei wünscht sie sich eigentlich nichts sehnlicher als "gemeinsam mit den anderen Gemeinderäten Dinge zu erreichen und gut mit ihnen zusammenzuarbeiten".
Dass sie sich als eine von drei Frauen gegen neun Männer im Gremium behaupten muss, ist für Carmen Oesterreich kein Problem. "Ich finde es wichtig, als Frau da drin zu sein", sagt sie. Und: "Wir müssen mehr werden!" Doch weiß sie auch, dass dies nicht einfach ist: "Vielen Frauen ist Beruf, Familie und Politik wohl einfach zu viel", vermutet sie.
Was das Verhältnis zwischen neuen und alten Ratsmitgliedern betrifft, so erfährt Oesterreich es bisher noch als "etwas reserviert": "Als Neue muss man sich erst mal positionieren." Doch wenn man bei den Haushaltsberatungen Mitte Januar dann abends zusammensitzt, "das bringt uns hoffentlich auf eine lockere Art und Weise näher", wünscht sie sich.
Wie schafft Frau es, dem Wohl der Gesamtgemeinde, den Interessen der Wähler, der Partei, der Familie und auch noch den eigenen Bedürfnissen gerecht zu werden? "Durch Power!", lacht Oesterreich. "Wichtig ist, dass man selber zufrieden ist mit seiner Situation. Man muss gut vermitteln können zwischen den einzelnen Bereichen. Und: Die Familie muss hinter einem stehen."
Wie sehen ihre politischen Ziele und Projekte für 2020 aus? "Mobilität" lautet da das ganz große Thema: Eine "komfortable Kombination aus Privat-Pkw, der in Schönbrunn unverzichtbar ist, ferner Car-Sharing, einer regionalen Mitfahrer-App, Fahrrad und öffentlichem Nahverkehr" schwebt ihr vor. Auch den vor Kurzem gefassten Beschluss der Gemeinde, die Fahrtkosten für Kinder zu den Kitas in Moosbrunn und Haag mit dem öffentlichen Nahverkehr nicht zu übernehmen, möchte die streitbare neue Gemeinderätin 2020 "nochmal hinterfragen".
"Wenn wir wirklich was tun wollen für eine gute, umweltfreundliche und soziale Zukunft, müssen wir weg vom ‚Ein-Personen-Auto‘." Langfristig peilt Oesterreich Fahrrad- und Fußweg-Verbindungen zwischen den Ortsteilen an. Und eine Teilnahme am Wettbewerb "Unser Dorf soll schöner werden" findet sie "äußerst erstrebenswert" – im Gegensatz zur Mehrheit der übrigen Gemeinderäte. "Vielleicht finden sich ja Vereine zusammen, um mit uns von der SPD etwas Schönes auf die Beine zu stellen", hofft sie.
Was wünscht sich Carmen Oesterreich für das neue Jahr? "Dass ich andere Gemeinderäte begeistern kann für meine Ideen." Und privat? "Ich freu’ mich auf mein erstes Enkelkind, mit dem ich eines Tages dann ins Eberbacher Schwimmbad gehen kann – das unterstütze ich nämlich auch."



