Schefflenz/Hoffenheim

Ohne Fußball geht bei den Brüdern nichts

Die Schefflenzer Melkamu (15) und Melesse (17) Frauendorf wollen die nächsten Fußballprofis aus dem Odenwald werden

30.10.2019 UPDATE: 31.10.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 56 Sekunden

So sehen Sieger aus: Beim "Evergrande Cup" in Madrid durften Melesse (l.) und Melkamu Frauendorf gemeinsam den Siegerpokal in Empfang nehmen. Es gemeinsam in den Profifußball zu schaffen ist für die Nachwuchskicker der TSG Hoffenheim das erklärte Ziel. Foto: zg

Von Heiko Schattauer

Schefflenz/Hoffenheim. Der Bus der Talente, er fährt fast täglich aus dem Odenwald in den Kraichgau. Dennis Geiger ist schon mitgefahren, Benedikt Gimber oder Nicolai Rapp genauso. Und seit einigen Jahren schon sitzen auch Melesse und Melkamu Frauendorf mit im Fußballexpress mit Ziel Nachwuchsleistungszentrum TSG Hoffenheim. Waren anfangs noch die heutigen Profis Geiger, Gimber oder Rapp die "Großen", zu denen die beiden Talente der SV Schefflenz aufschauten, so sind es heute die zwei Brüder selbst, die von den "Kleinen" im Bus bewundert werden.

Durchaus zurecht: Denn sowohl Melesse (17) als auch Melkamu (15) Frauendorf haben schon einige Meter gemacht auf dem Weg zum großen gemeinsamen Ziel: Fußballprofi. In ihren jeweiligen Juniorenteams - der U 19 (Melesse) und U 17 der TSG Hoffenheim - sind die unbekümmerten Schefflenzer meist gesetzt. Und auch im Kreis der deutschen Junioren-Nationalmannschaft durften sich die Frauendorfs schon bewegen. "Das war natürlich schon noch mal was anderes, was ganz besonderes", erzählt Melkamu von seinem ersten Einsatz für die U 15 Deutschlands, bei dem es ausgerechnet auch noch gegen den sportlichen Lieblingsgegner Niederlande ging.

Besondere Momente waren auch die allerersten Ballkontakte in Hoffenheim für den damals neunjährigen Melkamu im so genannten Kinderperspektivteam des Bundesligisten. "In Schefflenz hat unser Trainer Andi Grimm das gut gemacht. Aber hier war alles so professionell", erinnert sich Melkamu Frauendorf, der als Vierjähriger gemeinsam mit seinem eineinhalb Jahre älteren Bruder Melesse aus Äthiopien nach Deutschland, ins kleine Odenwalddorf Schefflenz gekommen war.

Anschluss hat man dort ganz schnell gefunden, dank des Fußballs. "Und wir haben recht schnell Deutsch gelernt, schnell verstanden", erinnert sich Melkamu an eine "Integration" im Kindesalter, die ganz nebenbei so erfolgreich lief wie die weitere Fußballlaufbahn der beiden Talente. Dass die Brüder ziemlich gut kicken können, fiel auch den Verantwortlichen, Mitspielern und Freunden in Schefflenz schnell auf. Nachbar Luca Egolf, seinerzeit schon in der Jugend der TSG Hoffenheim und heute in der Regionalliga bei Astoria Walldorf am Ball, nahm die beiden einfach mal mit vom Odenwald in den Kraichgau. Und dort hat man sie seither nicht mehr gehen lassen - zumindest nie länger als bis zum nächsten Training oder Spiel.

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Inzwischen sind sie in der U 17 (Melkamu) beziehungsweise U 19 des Bundesligisten angekommen und die nächsten Ziele sind klar definiert: "Ich will mit meinem Team Deutscher Meister werden", sagt Melesse. In der Kabine hängen Bilder mit den Hoffenheimer Meisterteams - "und da will ich auch drauf sein!"

Das will auch Melkamu, der mit vier Toren in den ersten Saisonspielen auch schon erste zählbare Beiträge auf dem Weg zum Ziel beigesteuert hat. "Und irgendwann wollen wir gemeinsam als Profis in einem Team auflaufen", skizziert der jüngere der beiden Brüder ein weiteres Ziel: "Auch wenn wir wissen, dass das schwer wird."

Und wenn es nicht klappt mit der Karriere als Fußballprofi? "Wenn man so viel Zeit in seinen Traum investiert, wäre man natürlich schon sehr enttäuscht, wenn es nicht klappen würde", räumt Melesse Frauendorf ein. Über mögliche Alternativen - "Auf jeden Fall was mit Sport" (Melkamu), "vielleicht Physiotherapeut" (Melesse) - hat man sich auch schon mal Gedanken gemacht. Aber nur ganz kurz, denn eigentlich glaubt man fest an sich, an einander, an den Erfolg. "Dafür arbeiten wir auch hart", erklärt Melkamu, der im kommenden Sommer neben dem Meisterpokal auch sein Zeugnis der Mittleren Reife in Empfang nehmen will. Melesse hat das schon in der Tasche: "Schule ist wichtig", sagt er - und Disziplin auch. "Wir wissen, was gut für uns ist und was nicht", so der 17-Jährige zu den Verlockungen und Fallen, die das Erwachsenwerden im Normalfall begleiten. "Wir haben ein bisschen ein anderes Leben", bestätigt auch der 15-jährige Melkamu - lange Nächte, ausschweifende Partys, Alkohol - für die beiden Jungs scheint das kein Thema.

Sehr wohl ein Thema sind unterdessen die ehemaligen Mitfahrer aus dem Odenwald-Bus nach Hoffe: "Wir verfolgen natürlich, was Dennis, Bene und Co. machen", sagt Melesse. Im bezahlten Fußball sind die allermeisten davon gelandet, der eine direkt, der andere über Umwege. Vorbilder sind Dennis Geiger, Benedikt Gimber, Nicolai Rapp, Simon Lorenz oder Johannes Bender also schon für die Frauendorfs.

Und wie sehen sich die Brüder selbst? Oder besser: Was hätte der eine gern vom anderen? "Seine Schnelligkeit und seine Ruhe am Ball, die ist schon imponierend", lobt der ältere den jüngeren Bruder. Der wiederum hätte von Melesse gern dessen "Giftigkeit" und "seinen Biss in den Zweikämpfen". Der eine ein bisschen wie Kylian Mbappeé, der andere mehr wie Dani Alves. Unabhängig von den variierenden Stärken und Schwächen gilt für beide aber ganz klar: "Ohne Fußball ginge es nicht!" Muss es ja aber zum Glück auch nicht.

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