Heideldruck und SAP

Gleich zwei Unternehmen aus der Region belasten Aktienmarkt

Aktien beider Konzerne rutschen ab - Gründe sind schwächelnde Konjunktur und Handelskrieg

21.06.2019 UPDATE: 19.07.2019 06:00 Uhr 4 Minuten, 44 Sekunden

Ein Mitarbeiter vermisst im Werk der Heidelberger Druckmaschinen die Speichertrommel einer Großformat-Druckmaschine. Foto: dpa

Von Barbara Klauß

Wiesloch/Walldorf. Gleich zwei Unternehmen aus der Region haben am Donnerstag den deutschen Aktienmarkt belastet. So rutschte die Aktie des Börsenschwergewichts SAP nach der Veröffentlichung der Zahlen zum zweiten Quartal um zehn Prozent ab, kurzzeitig wurde der Handel sogar unterbrochen. Beim SDax-Konzern Heidelberger Druckmaschinen brach der Kurs nach einer Gewinnwarnung zwischenzeitlich um 17 Prozent auf gut 1,12 Euro ein.


> Heidelberger Druckmaschinen: "Heftig" und "dramatisch" - mit diesen Worten beschrieben Analysten und Beobachter die vorläufigen Zahlen, die Heidelberger Druckmaschinen am Mittwochabend veröffentlichte. Demnach verdoppelte sich der Verlust nach Steuern im ersten Quartal auf 31 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Auftragseingang und Umsatz gingen zurück. Das Geschäftsjahr ist erst wenige Monate alt - und doch müssen die Wieslocher bereits jetzt ihre Ziele senken. Und auch die rund 11.600 Mitarbeiter (5000 in der Region) werden diese Entwicklung wohl zu spüren bekommen.

Der Konzern erklärt den schlechten Start ins Geschäftsjahr mit der konjunkturellen Eintrübung und einer zunehmenden Zurückhaltung der Kunden beim Maschinenkauf. Begegnen will der Vorstand dieser Entwicklung, indem er geplante Investitionen überprüfe und die Kostendisziplin deutlich erhöhe, wie es in einer Mitteilung heißt. "Insgesamt schnallen wir jetzt auf allen Ebenen den Gürtel enger", erklärt ein Unternehmenssprecher. Es sollen auch Instrumente zur kurzfristigen Arbeitszeitflexibilisierung genutzt werden. Das heißt: In den Bereichen, in denen die Auslastung - auch wegen des zurückgegangenen Auftragseingangs - nicht so hoch ist, will der Konzern Arbeitszeitkonten nutzen und die Guthaben dort abbauen. "Wenn das nicht reicht, ist Kurzarbeit als nächstes Instrument nicht auszuschließen", fügt der Sprecher hinzu.

Darüber hinaus sollen die bereits laufenden Programme beim Sparen helfen: Etwa der Ausbau der Shared Services. Darunter versteht man, dass Standardprozesse etwa im Verwaltungsbereich nicht mehr dezentral an den jeweiligen Standorten, sondern zentral an billigeren Standorten wie etwa in Osteuropa erbracht werden. Es gibt ein Altersteilzeitprogramm. Verlässt jemand aus Altersgründen das Unternehmen, wird seine Stelle nicht automatisch nachbesetzt. Die Mitarbeiterzahl aber, bekräftigt der Sprecher am gestrigen Donnerstag noch einmal, soll insgesamt stabil bleiben. Der Konzern baue bei digitalen Themen Mitarbeiter auf.

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Hintergrund

Vorjahreszeitraum: 541 Mio. Euro

Gewinn nach Steuern: -31 Mio. Euro

Vorjahreszeitraum: -15 Mio. Euro

Auftragseingang: 615 Mio. Euro

Vorjahr: 665 Mio.

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Vorjahreszeitraum: 541 Mio. Euro

Gewinn nach Steuern: -31 Mio. Euro

Vorjahreszeitraum: -15 Mio. Euro

Auftragseingang: 615 Mio. Euro

Vorjahr: 665 Mio. Euro

Free Cashflow: -83 Mio. Euro

Vorjahreszeitraum: -45 Mio. Euro

(rnz)

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Einen Beitrag zur Kostensenkung leistet auch der neue Industriepark "Heidelberg Digital Campus of Things", den der Konzern auf einem Drittel des Gelände seines Stammwerks in Wiesloch errichten will. Alte, leer stehende Hallen sollen abgerissen, in Neubauten andere Unternehmen angesiedelt werden. Die derzeitige Produktion, betonte Finanzvorstand Dirk Kaliebe kürzlich, werde am Standort gehalten.

All diese Restrukturierungs- und Sparpläne können Beobachter jedoch nicht überzeugen. Als "unerfreulich", bezeichnet etwa Mirko Geiger, erster Bevollmächtigter der IG Metall Heidelberg, die Situation des Maschinenbauers. Dass man Prozesse überarbeiten und das Unternehmen restrukturieren wolle - "das höre ich jetzt seit zehn Jahren", sagt der Gewerkschafter. "Irgendwann muss man auch mal eine Verbesserung sehen."

Natürlich, fügt er hinzu, sei die Arbeitnehmerseite dafür, Prozesse zu verbessern. Auch gegen kurzzeitige Kurzarbeit sperre man sich in konjunkturell schwierigen Zeiten nicht. Doch solle der Vorstand nicht denken, dass wieder die Arbeitnehmer den Kopf hinhielten für Versäumnisse. "Der Mitarbeiter ist nicht der Libero, der alles ausbadet."

Der Konzern steckt mitten im Umbau: In einer "digitalen Transformation", wie Vorstandschef Rainer Hundsdörfer den Ausbau digitaler Geschäftsmodelle nennt. Dazu zählt das neue Subskriptionsmodell, bei dem Kunden die Maschinen nicht kaufen, sondern mieten und pro bedrucktem Bogen zahlen. Hier entwickle sich die Nachfrage positiv, teilt das Unternehmen mit. Im Juni war von rund 30 Verträgen die Rede. Doch fließt bei diesem Modell das Geld, anders als beim Verkauf einer Druckmaschine, erst später. Der Heidelberger IG Metall-Chef Geiger ist zuversichtlich, dass das Modell funktionieren kann. Andere sehen das kritischer. Brancheninsider zweifeln daran, dass es tatsächlich zur Gewinnsteigerung betragen wird.

Geiger macht ein anderes Problem aus: den Digitaldruck. Die Technik, die Heideldruck in diesem Bereich habe, sei wirklich gut, erklärt er. Allerdings müsse man sie auch in die Druckereien bringen. "Man muss die Chance nutzen, mit einem technologischen Aufschlag auch zu punkten", meint er.

Auch an der Börse kamen die Zahlen gestern gar nicht gut an. Die Aktie des SDax-Unternehmens brach zwischenzeitlich um 17 Prozent auf 1,10 ein. Am Abend stand sie bei 1,13 Euro. Analyst Eggert Kuls von Warburg Research schrieb von der "nächsten Enttäuschung" - beließ die Einstufung aber auf "Hold". Die DZ Bank hingegen stufte Heidelberger Druck von "Kaufen" auf "Verkaufen" ab. Das erste Geschäftsquartal sei schwach ausgefallen und das Ausmaß der Gewinnwarnung heftig, schrieb Analyst Thorsten Reigber.

Für das Gesamtgeschäftsjahr geht Heidelberger Druck nach wie vor von einem Umsatz auf dem Niveau des Vorjahres aus. Beim Ergebnis nach Steuern rechnet man nur noch mit einer schwarzen Null. Bislang hatte das Unternehmen ein leichtes Plus erwartet.


> SAP: Das laufende Abfindungsprogramm wird für Europas größten Softwareanbieter SAP kostspieliger als ursprünglich geplant. Nachdem sich in Deutschland mehr Mitarbeiter als erwartet für das Vorruhestands- und Abfindungsprogramm registriert haben, legt SAP noch einmal knapp 200 Millionen Euro beiseite, wie aus dem am gestrigen Donnerstag vorgelegten Quartalsbericht hervorgeht. Damit summieren sich die Kosten auf knapp 1,1 Milliarden Euro.

Zuletzt war die Rede von 1870 Mitarbeitern, die sich hierzulande für eine Vorruhestandsregelung oder eine Abfindung registriert hatten. Mit wie vielen SAP sich aber am Ende tatsächlich einigen wird, könne man noch nicht sagen, sagte Finanzchef Luka Mucic. Denn auch das Unternehmen muss zustimmen, damit ein Mitarbeiter SAP verlassen kann. Ursprünglich hatte SAP mit 1200 geplant.

Im Januar hatte der Konzern die erste größere Umbaurunde nach 2015 angestoßen, bis zu 4400 Mitarbeiter sollen in andere Funktionen wechseln oder auch mittels Abfindungen die Firma verlassen. Zuletzt beschäftigte SAP weltweit 98.300 Mitarbeiter, 15.000 davon in der Region. Zum Jahresende sollen es aber trotz der Abfindungen mehr sein. Denn gleichzeitig wird in anderen Bereichen eingestellt. Auf diese Weise will die Firma mit den Veränderungen in der Technologiebranche mithalten. Im ersten Quartal sorgten die Kosten für das Programm von fast 900 Millionen Euro zum ersten Mal seit knapp 17 Jahren für einen Quartalsverlust.

Soweit kam es im zweiten Quartal nicht. Unterm Strich ging das Ergebnis aber um 19 Prozent auf 582 Millionen Euro zurück. Neben dem Abfindungsprogramm schlug auch die aktienbasierte Vergütung stärker zu Buche, weil sich der Kurs der SAP-Aktie so gut entwickelt hatte. Hinzu kamen Kosten im Zusammenhang mit Übernahmen. Der Umsatz kletterte von April bis Juni vor allem dank des boomenden Cloudgeschäfts um elf Prozent auf 6,6 Milliarden Euro.

Insbesondere eine der jüngsten Milliarden-Übernahmen - die des Marktforschungsunternehmens Qualtrics - hatte sich nach den Worten von SAP-Chef Bill McDermott ausgezahlt. Dagegen bremste der schwelende Handelskonflikt zwischen den USA und China das Asiengeschäft. McDermott rechnet aber damit, dass die verschobenen Projekte der SAP-Kunden noch realisiert werden.

An seinen Zielen für das Gesamtjahr rüttelte der SAP-Vorstand deshalb nicht. McDermott hatte mit den Zahlen zum ersten Quartal eine positive Entwicklung bei der Profitabilität versprochen. Mit dem Schwenk zur Cloudsoftware aus dem Internet war sie mehrere Jahre in Folge gesunken. Die Software zur Miete konnte noch nicht mit den Gewinnen aus großen Einmalzahlungen für Softwarelizenzen mithalten.

SAP hat seine Kernsoftware zur Unternehmenssteuerung inzwischen in die Cloud gehievt und verzeichnet auch hier mehr Kundschaft. Künftig soll eine Kooperation mit dem Chiphersteller Intel das noch beschleunigen.

McDermott muss nach seiner Ansage nun unter Beweis stellen, dass sich die milliardenschweren Zukäufe der vergangenen Jahre auszahlen und das Cloudgeschäft die versprochenen Gewinne auch einfahren kann. Für Callidus hat SAP vergangenes Jahr 2,4 Milliarden US-Dollar ausgegeben, für Qualtrics rund 8 Milliarden Dollar.

Der Konzern wildert damit immer stärker im Revier des US-Rivalen Salesforce, der auf Software für Vertrieb und Kundenkontakt spezialisiert ist. Nun sind größere Zukäufe bei SAP vorerst tabu: Schulden sollen abgebaut werden, auch Aktienrückkäufe sind geplant. Details dazu werden aber erst im November bekannt gegeben.