Ein harter Schlag für den Standort Ludwigshafen
Rund 3000 Stellen in Deutschland fallen weg - Ursachen: schwächelnde Konjunktur, Autoflaute und Handelsstreit USA-China - Strukturen sollen schlanker werden

Industrieanlagen des Chemiekonzerns BASF am Rheinufer in Ludwigshafen: Am Stammsitz herrscht seit einer Weile Unruhe. Foto: dpa
Ludwigshafen. (kla/dpa) Im vergangenen November bereits hatte BASF-Chef Martin Brudermüller umfassende Umstrukturierungen angekündigt und die Mitarbeiter des weltgrößten Chemiekonzerns auf harte Zeiten eingeschworen - nun werden die Ankündigungen konkreter: Der umfassende Umbau des Unternehmens bringt den Abbau tausender Stellen mit sich, wie der Konzern mit Sitz in Ludwigshafen am Donnerstag mitteilte. Weltweit sollen bis Ende 2021 insgesamt 6000 Stellen wegfallen. Das betrifft knapp fünf Prozent der 122.000 Menschen, die der Dax-Konzern Ende 2018 weltweit beschäftigt hat.
Ungefähr die Hälfte, also rund 3000 Stellen, wird in Deutschland gestrichen, der überwiegende Teil am Heimatstandort Ludwigshafen, wie ein Sprecher sagte. Dort zählte die BASF Ende 2018 knapp 40.000 Mitarbeiter. Allerdings gibt es für den Standort eine Betriebsvereinbarung, die bis Ende 2020 gilt und betriebsbedingte Kündigungen ausschließt.
Wegen der geplanten weiteren Veränderungen haben Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertretung nun vereinbart, die Verhandlungen für eine neue Standortvereinbarung vorzuziehen. Ziel sei es, eine solche im ersten Halbjahr 2020 zu unterzeichnen, teilte der Konzern mit. Am Standort Ludwigshafen laufen allerdings weiterhin Programme für ein freiwilliges Ausscheiden von Mitarbeitern aus dem Unternehmen, wie Finanzchef Hans-Ulrich Engel kürzlich erklärt hatte.
Die BASF will ihre Organisationsstrukturen verschlanken, unter anderem in der Verwaltung. Zu schaffen machen dem Konzern mehrere Faktoren, etwa die schwächelnde Konjunktur, die Autoflaute und der Handelsstreit zwischen den USA und China. Im vergangenen Jahre kam noch das Niedrigwasser im Rhein hinzu. Das alles schlug sich in einem deutlichen Gewinnrückgang 2018 nieder. Der Nachsteuergewinn schrumpfte um mehr als ein Fünftel auf 4,7 Milliarden Euro.
Damit steht die BASF nicht allein. Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hatte Mitte Mai mitgeteilt, die schwächere Weltwirtschaft mache der deutschen Chemie- und Pharmabranche zu schaffen. Sie stelle sich nach einem kräftigen Umsatzrückgang im ersten Quartal weiter auf ein schwieriges Jahr ein. Von Januar bis März sank der Umsatz der Chemie- und Pharmabranche demnach gemessen am Vorjahresquartal um 3,8 Prozent auf 48,3 Milliarden Euro, die Produktion sank um 6 Prozent. Der Verband erwartet 2019 einen Umsatzrückgang von 2,5 Prozent. Grundsätzlich reagiert die Chemiebranche als Lieferant etwa für die Auto-, Bau- und Kosmetikindustrie früh auf Konjunkturschwankungen und hatte schon Ende 2018 vor Rückschlägen gewarnt.
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BASF-Finanzchef Engel hatte vor wenigen Tagen festgestellt: "Wir befinden uns insgesamt in einem schwierigeren Fahrwasser, als wir das im Februar erwartet haben." Im Februar waren die Zahlen für 2018 vorgelegt worden. Bereits im November davor hatte BASF-Chef Brudermüller ein umfangreiches Programm zur Umstrukturierung angekündigt, das ab Ende 2021 jährlich zwei Milliarden Euro zum operativen Gewinn (Ebitda) beisteuern soll.
Bei der Hauptversammlung im Mai hatte Brudermüller 2019 das "Jahr der Erneuerung" genannt und erklärt: "Wir werden uns von lieb gewonnen Gewohnheiten verabschieden." Gleichzeitig verwies Betriebsratschef Sinischa Horvath zuletzt immer wieder auf eine wachsende Unsicherheit in der Belegschaft wegen eines möglichen Stellenabbaus. Der BASF-Vorstand könne nicht von Wachstum sprechen und gleichzeitig Jobs streichen, sagte er dem SWR. Am gestrigen Donnerstag war er für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Nun also bewahrheiten sich die Sorgen. Die angekündigte Neuausrichtung samt Stellenabbau ist Teil der neuen Strategie und soll dem Unternehmen zufolge einen Effekt von rund 300 Millionen Euro haben. Kosten einsparen will Brudermüller etwa in der Produktion, Logistik, Forschung und Entwicklung. Außerdem verkauft BASF Teilbereiche. Nichtsdestotrotz schließt der Konzern nicht aus, in den kommenden Jahren auch wieder zusätzliche Mitarbeiter zu benötigen - etwa in der Produktion oder für die Digitalisierung - "jedoch abhängig von zukünftigen Wachstumsraten".
Ein zentrales Element in der neuen Unternehmensstruktur soll ein Corporate Center sein mit weniger als 1000 Mitarbeitern. Es soll den Vorstand unterstützen, das Unternehmen zu steuern und zentrale Aufgaben etwa bei der Strategieentwicklung, Finanzen, Recht, Personal und Kommunikation übernehmen. Neu entstehen soll eine Einheit namens "Global Business Services", ein weltweites Netz aus rund 8000 Mitarbeitern, das Dienstleistungen für die Unternehmensbereiche erbringen soll. Die Leitung hier soll der derzeitige Leiter des Bereichs Finance, Marc Ehrhardt, übernehmen.
"Wir werden uns beim Aufbau der neuen Organisation darauf konzentrieren, konsequent Synergien zu heben, Schnittstellen zu reduzieren und mehr Flexibilität und Kreativität zu ermöglichen", erklärte Konzernchef Brudermüller.




