So läuft das Verfahren beim Eberbacher Bürgerbegehren
Vom Unterschriftensammeln bis zur Abstimmung in einem Bürgerentscheid

Foto: Stefan Weindl
Von Christofer Menges
Eberbach. Mit einem Bürgerbegehren wollen die Initiative Bürgerbegehren "Windkraftnutzung Hebert" und ihre Unterstützer einen Bürgerentscheid herbeiführen. Dafür brauchen sie Unterschriften von sieben Prozent der rund 11.000 wahlberechtigten Eberbacher ab 16 Jahren. Dazu gehören alle Bürger aus Ländern der Europäischen Union. 809 Unterschriften werden benötigt.
Das Bürgerbegehren richtet sich gegen einen Gemeinderatsbeschluss vom 29. April und ist ein sogenanntes "kassatorisches Bürgerbegehren": Der Beschluss des Gemeinderats soll einkassiert werden. Der Gemeinderat hatte im April mehrheitlich abgelehnt, die Bürger über die Bereitstellung des städtische Grundstücks auf dem Hebert zum Bau von Windkraftanlagen entscheiden zu lassen.
Die Alternative Grüne Liste hatte das Bürgerbegehren angekündigt. Als Vertrauensleute und Ansprechpartner der Initiative fungieren Claudia Kaiser, AGL-Stadtrat Lothar Jost und Rainer Olbert. Weil die Fragestellung, über die entschieden werden soll, inzwischen noch einmal geändert wurde, sind die bislang abgegebenen 300 Unterschriften hinfällig und werden neu gesammelt. Das Wichtigste zum weiteren Ablauf im Überblick.

So sieht das überarbeitete Formular zum Bürgerbegehren aus, mit dem die Unterschriften gesammelt werden.
> Wo können Unterstützer des Bürgerbegehrens ihre Unterschrift abgegeben?
Auch interessant
Die Initiative sammelt samstags von 9 bis 13 Uhr auf dem Leopoldsplatz, diesen Samstag auch in der Bahnhofstraße. Unterschriftenlisten liegen auch bei "Leder Exquisit" in der Bahnhofstraße 1 aus. Außerdem sind rund 15 Kümmerer mit Listen unterwegs. Anfang Juli wird eine Zwischenbilanz gezogen.
> Bis wann müssen die Unterschriften vorliegen?
Die gesammelten Unterschriften müssen innerhalb von drei Monaten nach dem Beschluss, gegen den sich das Begehren richtet, bei der Gemeinde eingereicht werden, also spätestens am ersten Tag der Sommerferien am Montag, 29. Juli. Bei den Unterschriftensammlern ist letzter Abgabetermin Samstag, 20. Juli.
> Was wollen die Initiatoren mit dem Begehren erreichen?
Bei dem angestrebten Bürgerentscheid sollen die wahlberechtigten Eberbacher in einer Volksabstimmung mit Ja oder Nein über die Frage entscheiden, ob die Stadt ihr Grundstück auf dem Hebert für den Bau von Windkraftanlagen bereitstellen soll oder nicht. Ziel der Initiative ist, dass die Stadt dieses Grundstück zur Verfügung stellt. "Angesichts des immer bedrohlicher werdenden Klimawandels halten wir das Anliegen für sinnvoll", heißt es in der Begründung.
> Wie geht es weiter, wenn bis Ende Juli 809 Unterschriften gesammelt wurden?
Dann prüft die Verwaltung, ob die eingereichten Unterschriften gültig sind und die benötigten sieben Prozent erreicht wurden. Ist das der Fall, entscheidet der Gemeinderat binnen zwei Monaten über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens. Der Rat hat dabei keinen Ermessensspielraum, sondern prüft nur, ob die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Er kann also den geforderten Bürgerentscheid nicht ablehnen, weil eine Mehrheit möglicherweise der Meinung ist, ein Bürgerentscheid sei zu teuer oder überflüssig, weil der Rat in der Sache schon entschieden habe. Er kann ihn aber ablehnen, wenn Rechtsvorschriften nicht eingehalten werden. Sieht der Rat den Bürgerentscheid als rechtlich unzulässig an, hat jeder, der das Begehren mit seiner Unterschrift unterstützt hat, die Möglichkeit, der Ablehnung zu widersprechen und Klage einzureichen. Sieht der Rat ihn als zulässig an, kommt es zum Bürgerentscheid. Eine dritte Möglichkeit gäbe es auch noch: Der Rat sagt von sich aus, dass er das Grundstück auf dem Hebert für die Windkraft zur Verfügung stellen will.
> Was passiert, wenn es zu einem Bürgerentscheid kommt?
Bevor es zu einer Abstimmung kommt, hat die Gemeinde die Pflicht, die Bürger durch amtliche Veröffentlichung oder eine Infobroschüre über die Positionen zu informieren, die innerhalb der Gemeindeorgane vertreten sind. Dazu gehören die des Bürgermeister, die innerhalb des Gemeinderats und die der Initiatoren des Bürgerbegehrens.
> Wann entscheiden die Bürger?
Ist das Bürgerbegehren zulässig, muss es innerhalb von vier Monaten nach Feststellung zum Bürgerentscheid kommen, also spätestens im Januar. Eine Verschiebung ist in Abstimmung mit den Vertrauensleuten möglich, etwa um den Bürgerentscheid mit einer Wahl zusammenzulegen und dadurch den Aufwand zu verringern. Die nächsten Wahlen in Eberbach sind allerdings erst die Bürgermeisterwahl Ende 2020 sowie Land- und Bundestagswahl 2021.
> Wie viele Stimmen sind nötig, damit die Stadt den Hebert für den Bau von Windkraftanlagen bereitstellt?
Eine einfache Mehrheit der Ja-Stimmen reicht bei einem Bürgerentscheid nicht. Es müssen mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten, also 2312, mit Ja stimmen und in der Mehrheit sein. Unabhängig vom Ausgang ist der Gemeinderat drei Jahre an den Beschluss gebunden und darf in dieser Zeit nichts Gegenteiliges entscheiden.
> Kann bei Zustimmung sofort mit dem Bau von Windkraftanlagen auf dem Hebert begonnen werden?
Nein. Bei dem Bürgerentscheid, sofern er denn kommt, handelt es sich lediglich um eine Grundsatzentscheidung, dass die Stadt das Grundstück dafür bereitstellt. Darüber hinaus gibt es noch bau- und planungsrechtliche Hürden, die im weiteren Planungsverfahren und von einem Bauinteressenten beiseite zu räumen wären. Dazu gehört beispielsweise, dass der Hebert in einem Landschaftsschutzgebiet liegt.
> Wo kann ich mich noch über Bürgerbegehren und Bürgerentscheid informieren?
Die gesetzlichen Regeln dafür sind in § 21 der baden-württembergischen Gemeindeordnung festgelegt. Einen guten Einstieg ins Thema bieten das Beteiligungsportal des Landes online unter beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de sowie der Landesverband von "Mehr Demokratie" unter www.mitentscheiden.de.



