Brustkrebs-Bluttest

So wurde die Bluttest-Erfinderin von der Uniklinik abgesetzt

Rongxi Yangs Karriere endete jäh - Laut E-Mail trug Klinikvorstand Entscheidung mit - Denkwürdiges Meeting - Zugang zu Büro und Labor verwehrt

05.04.2019 UPDATE: 06.04.2019 06:00 Uhr 3 Minuten, 28 Sekunden

Da war noch alles gut: Rongxi Yang (3. v.l.) mit den Geschäftsführern der Technology Transfer Heidelberg GmbH, Volker Cleeves und Jörg Rauch (4. und 5. v.l.) sowie den Vertretern der chinesischen Firma NKY Medical (rechte Tischseite) im Restaurant "Olive" nahe des Campus im Neuenheimer Feld. Foto: pr

Von Sebastian Riemer

Heidelberg. Die ursprüngliche Erfinderin des Bluttests für Brustkrebs packt aus: In einem Telefonat mit der RNZ legte Rongxi Yang am Freitag alles über die Vorgänge am Universitätsklinikum Heidelberg im März 2017 offen. "Ich wurde betrogen", sagt die 36-Jährige, die inzwischen wieder in China lebt.

Yang hatte am Uniklinikum seit 2010 an dem Bluttest für Brustkrebs ("Mammascreen-Projekt") gearbeitet, zahlreiche Preise für ihre Forschung bekommen und ab Mai 2016 mit dem "Exist-Forschungstransfer" eine Förderung über 850.000 Euro vom Bundeswirtschaftsministerium eingeworben - zur Ausgründung eines Start-Ups. Mit dem Geld sollte drei Jahre lang Yangs Gehalt sowie das ihrer vier Team-Mitglieder und zusätzlich Sachmittel bezahlt werden.

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Doch ein paar Monate später endete die Uniklinik-Karriere Yangs jäh. Am 30. März schrieb Markus Jones - Stellvertretender Kaufmännischer Direktor des Uniklinikums und Geschäftsführer der Technology Transfer Heidelberg GmbH (TTH), die für Ausgründungen des Klinikums zuständig ist - eine E-Mail in englischer Sprache an Yang, die der RNZ vorliegt: "Liebe Frau Yang, Prof. Sohn bat (da er im Urlaub ist) die TTH/mich, Sie an seiner statt von Ihrer Leitung des Mammascreen-Projekts zu entbinden." Christof Sohn war als Leiter der Frauenklinik Yangs Vorgesetzter. Eine E-Mail von Christof Sohn an Yang, die der RNZ ebenfalls vorliegt, stellt das Ganze anders dar: "Dies war nicht eine Entscheidung von mir, sondern eine gemeinsame Entscheidung unseres Klinikumsvorstandes, der Juristen und TTH", schreibt Sohn.

Jones gab Yang in der E-Mail drei Möglichkeiten, wie es für sie weitergeht: "1. Einvernehmliche Beendigung ihres Arbeitsvertrags; 2. Angebot Ihrerseits, das Mammascreen-Projekt weiter zu unterstützen; 3. Andere Aufgaben für Sie." Bereits zwei Tage zuvor war Yang dieser Schritt mündlich von Jones angekündigt worden.

Auf Yangs Nachfrage, warum sie gehen müsse, antwortete Jones wieder per E-Mail: "Vertrauen ist auf dem Weg verloren gegangen. Und Vertrauen brauchen wir für die weiteren Gespräche mit potenziellen Investoren." Zudem seien "einseitige Informationen an das Bundeswirtschaftsministerium und andere gegeben worden". Damit meinte Jones laut Yang einen Bericht über die Verhandlungen, den sie an das Ministerium schickte, "weil ich dazu verpflichtet war - ich hatte Berichtspflichten im Rahmen der Förderung".

Mit den "potenziellen Investoren" meinte Jones offenbar die chinesische Pharmafirma NKY Medical. Dieses Unternehmen war auf Yangs Forschung aufmerksam geworden und hatte sie schon im Juni 2016 kontaktiert. Im August gab es laut Yang eine erste Übereinkunft, dass NKY Medical mit fünf Millionen Euro und einem 20-Prozent-Anteil in das Start-Up einsteigen würde. Da das Universitätsklinikum als Arbeitgeber Yangs ein Anrecht darauf hatte, ihre Erfindung in Anspruch zu nehmen - unter der Bedingung, dass Yang finanziell beteiligt wird -, war auch die TTH an den Verhandlungen mit Investoren beteiligt.

"Die TTH wollte ungewöhnlich hohe Anteile, die Verhandlungen waren extrem schwierig", sagt Yang. Anfang März 2017 hatten sich dennoch alle Parteien - Yang, NKY Medical, TTH - geeinigt. Doch beim finalen Treffen in Heidelberg am 9. März zur Unterzeichnung der Verträge platzte die Übereinkunft. Yang beschreibt dieses Treffen so: Jörg Rauch und Volker Cleeves - neben Jones die anderen beiden TTH-Geschäftsführer - "verließen plötzlich den Tisch, schrien rum, dass es so ja wohl nicht gehe, stürmten aus dem Raum und knallten die Tür zu". Die chinesische Delegation sei - wie sie selbst - konsterniert gewesen. Ein anderer, der damals im Raum war und anonym bleiben möchte, schilderte der RNZ den Vorgang identisch. "So etwas habe ich noch nie erlebt", sagt er.

Auf RNZ-Anfrage äußerte sich Volker Cleeves: "Das war natürlich ganz anders. Frau Yang präsentierte plötzlich einen neuen Investor, den keiner kannte, damit brüskierte sie auch die Chinesen. Also haben wir das Meeting erst einmal beendet, aber natürlich nicht mit wilden Gesten." Das Vertrauen, so heißt es, sei zerstört gewesen.

Yang meint zu Cleeves’ Version: "Das ist alles gelogen." Der "Investor, den keiner kannte", war nach RNZ-Informationen Andreas Schmidt, ein Unternehmer, der zuvor schon die Biotechnologie-Firma Ayoxxa Biosystems gegründet und zum Erfolg geführt hatte. Yang: "Ich wollte ihm, da er mit seinem Wissen eine große Hilfe gewesen wäre, vier Prozent von meinen Anteilen abgeben." NKY Medical habe dem Einstieg vor dem Treffen am 9. März schon zugestimmt gehabt. Und in dem Treffen habe sie die Zustimmung von TTH einholen wollen. Fakt ist allerdings, dass NKY Medical auch ohne Yang die Zusammenarbeit mit den Heidelbergern fortsetzte. Bis heute.

Nach dem denkwürdigen Meeting ging jedenfalls alles schnell: Cleeves und Rauch nahmen ihr Telefon nicht ab, wenn Yang anrief. Obwohl sie - schriftlich - die Anfrage bezüglich Andreas Schmidt zurückzog, vermieden sie jeden Kontakt. Am 30. März wurde sie mit Jones’ E-Mail von ihrem Posten entfernt - und daraufhin laut eigener Aussage von ihren Vorgesetzten gemobbt und kontrolliert.

"Meine Zugangskarte zum Labor und meinem Büro wurde deaktiviert. Ich bekam ein isoliertes Büro, meine Teamkollegen wurden angewiesen, nicht mehr mit mir zu sprechen." Prof. Sarah Schott, die Yangs Leitungsstelle übernahm und plötzlich ihre Vorgesetzte war, habe stündlich angerufen, um zu überprüfen, ob sie anwesend sei. "Ich musste mich bei Arbeitsbeginn, vor dem Mittagessen, nach dem Mittagessen und vor Arbeitsende persönlich bei Prof. Sohns Sekretärin an- und abmelden." Auch das kann Yang mit einer E-Mail aus der Rechtsabteilung des Klinikums, die Jones leitet, belegen.

Im Juni verließ Yang das Klinikum - und erhielt mithilfe eines Anwalts eine Abfindung von fünf Monatsgehältern. Ihre ehemaligen Teammitglieder verließen damals ebenfalls das Uniklinikum.

Mit Yangs Aus als Teamleiterin, zog sich auch das Wirtschaftsministerium zurück. Zum 31. März 2017 endete die Förderung vorzeitig, aufgrund von "Veränderungen in der Teamkonstellation und Verletzungen der Mitteilungspflichten", wie das Ministerium auf RNZ-Anfrage mitteilt.

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