Hoffenheims "gefühlter Sieg" gegen Dortmund

Nach der Halbzeit kam die TSG wie verwandelt aus der Kabine

Großartige Moral: Nach einem 0:3-Rückstand erkämpft sich 1899 Hoffenheim ein verdientes 3:3 bei Spitzenreiter Borussia Dortmund

10.02.2019 UPDATE: 11.02.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 23 Sekunden

Mit Köpfchen: Ausgleich-Torschütze Ishak Belfodil (m.) zeigt an, wie er’s gemacht hat. Joelinton (l.) und Reiss Nelson finden es auch klasse. Foto: APF

Von Achim Wittich

Dortmund. Es ist die 75. Minute am Samstagnachmittag im Dortmunder Fußball-Tempel, als die Hoffenheimer bei Regenschauern und teils stürmischem Wind aus dem Stadion des Tabellenführers zu fliegen drohen. Nach Treffern von Jadon Sancho (32. Minute), Mario Götze (43.) und Raphaël Guerreiro (66.) führen die Borussen zu diesem Zeitpunkt mit 3:0, die Fans auf der legendären Südtribüne brüllen sich das "Deutscher Meister wird nur der BVB" nur so aus dem Leib und dann taucht auch noch der überragende Sancho in aussichtsreichster Position vor TSG-Torhüter Oliver Baumann auf - und schießt denn Ball doch tatsächlich an den rechten Pfosten. Glück gehabt, denkt sich "Hoffes" Ishak Belfodil und macht es im Gegenzug beim 3:1 besser als der Engländer im schwarz-gelben Trikot.

Hintergrund

Einzelkritik

Baumann: Beim zweiten BVB-Tor geriet sein Abklatschen zur Steilvorlage für Mario Götze. Sonst durfte er sich wenig beweisen und war an den beiden anderen Treffern schuldlos.

Bicakcic: Gezeichnet. Unbarmherzig gegen andere und sich

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Einzelkritik

Baumann: Beim zweiten BVB-Tor geriet sein Abklatschen zur Steilvorlage für Mario Götze. Sonst durfte er sich wenig beweisen und war an den beiden anderen Treffern schuldlos.

Bicakcic: Gezeichnet. Unbarmherzig gegen andere und sich selbst.

Posch: Der Videobeweis war sein Glück. Das kann er besser.

Hübner: Trug für den verletzten Kevin Vogt die Spielführerbinde. Das war nicht sein Tag.

Kaderabek: Torschütze, aber auch orientierungslos beim 2:0. Vergab zudem eine "Hundertprozentige".

Schulz: Trumpfte schon besser auf. Aber schlecht war’s deswegen nicht.

Demirbay: Zur Pause von Nagelsmann rausrotiert. Eine kluge Entscheidung des TSG-Coaches. Schwach.

Grillitsch: Mit Übersicht und an den Brennpunkten unterwegs. Sah die fünfte Gelbe Karte und darf deswegen gegen Hannover nicht ran.

Bittencourt: Nur dabei statt mittendrin.

Kramaric: Siehe Demirbay.

Joelinton: War überall und von Beginn an - im Gegensatz zu seinen Mitspielern - hellwach. Bester Hoffenheimer.

Belfodil: Kam, wirbelte - und traf doppelt. Wortkarg nach Spielende. Warum eigentlich?

Geiger: Kam auch für Abschnitt zwei und das war gut so.

Nelson: Setzte keine Akzente. nb/awi

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Der gebürtige Algerier läutet eine irre Aufholjagd der Kraichgauer ein, die er zwölf Minuten später mit seinem 3:3-Ausgleichstreffer höchstpersönlich krönt. Zwischendurch hatte Pavel Kaderabek mit dem zweiten TSG-Tor (83.) dafür gesorgt, dass bei Dortmunds grippeerkranktem Trainer Lucien Favre - während der insgesamt 93 Spielminuten immer in Telefonkontakt mit seinen beiden diesmal verantwortlichen Assistenten - das Fieberthermometer erneut gestiegen sein dürfte.

So richtig fassen konnte es dann um kurz vor halb sechs Uhr eigentlich zunächst keiner der über 81.000 Augenzeugen auf den steilen Tribünen, was da unten auf dem nassen Rasen in der letzten Spielviertelstunde passiert war. Klar, die nach einigen ordentlichen Anfangsminuten anschließend erschreckend harm- und chancenlosen Hoffenheimer - zum Rückrundenauftakt gegen die Bayern war’s zu Hause schon nicht anders gewesen - kamen wie verwandelt aus der Kabine. Die "kurze Halbzeitansprache", wie es Trainer Julian Nagelsmann verriet, hatte ausreichend Wirkung gezeigt.

Mutig, nicht verzagt und vor allem nicht mehr ganz tief stehend ging’s jetzt den ihrerseits immer schwächer werdenden Borussen, die auf den verletzten Marco Reus. Er wird auch am Mittwoch in der Champions League im Achtelfinal-Hinspiel bei Tottenham Hotspur (21 Uhr) fehlen - und Thomas Delaney verzichten mussten, so richtig an die Wäsche. Nagelsmann konnte nachher ohne Widerrede feststellen: "Wir hatten Chancen für fünf oder sechs Tore." Roman Bürki verhinderte mit einigen Glanzparaden zunächst Schlimmeres für den immer stärker wankenden aktuellen Branchenführer, konnte aber letztlich auch nicht verhindern, dass die Bayern nach ihrem Sieg gegen Dortmunds Lieblingsfeind Schalke näher herangerückt sind.

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Den Hoffenheimern war das ziemlich schnuppe. Benni Hübner, diesmal aufgrund des Fehlens von Kevin Vogt der Kapitän, und Ermin Bicakcic humpelten nach dem Abpfiff mit Bandagen die Treppe in den eigenen Kabinentrakt hoch - aber das mit einem Lächeln im Gesicht.

"Das war verrückt heute", musste sich Oliver Baumann erst mal finden. Die Nummer eins von "Hoffe" brachte die Stimmungslage auf den Punkt: "Es fühlt sich fast wie ein Sieg an." Dass es "aber leider keiner ist", konnte er dabei locker verschmerzen, verbunden mit dem Wunsch, dass die erfolgreiche Aufholjagd nun Flügel verleiht: "Ich hoffe, das trägt uns für die nächsten Spiele."

Was in Anbetracht der bevorstehenden Aufgaben durchaus von Vorteil wäre. Mit den Abstiegskämpfern von Hannover 96 gastiert am kommenden Samstag (15.30 Uhr) nur ein vermeintlicher Punktelieferant in Sinsheim.

Unter ihrem neuen Trainer Thomas Doll dürften die Niedersachsen erst recht nach ihrem Sieg gegen Nürnberg mit neuem Selbstvertrauen ans Technik Museum anreisen. Zudem ist Nagelsmanns Kickern das dürftige 1:1 gegen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf noch allzu gut im Gedächtnis haften geblieben. Und: Nach Hannover ist vor den beiden schweren Auswärtsaufgaben in Leipzig und Frankfurt. Nagelsmann erklärte, wie es laufen muss: "Im Profifußball geht es darum, eine solche Leistung auch gegen den nächsten Gegner zu bestätigen." Wohl wahr.

Ach so: Dortmunds Fans auf der "Süd" krakelten einige Male in bekanntem Wortlaut gegen Dietmar Hopp und präsentierten zudem ein ihrem Geschmack nach angebrachtes Plakat. Ein Fadenkreuz hatten sie diesmal nicht mitgebracht. Immerhin.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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