Erfolgreiches Jahr für die Sportler der Region
78 Mal unter den Top Ten - OSP-Leiter Daniel Strigel blickt optimistisch voraus

Malaika Mihambo aus Oftersheim bejubelte EM-Gold im Weitsprung. Foto: dpa
Von Claus Weber
Heidelberg. Daniel Strigel hatte viel zu berichten. Das Jahr 2018 war sehr erfolgreich für die Athleten der Metropolregion Rhein-Neckar. Im Interview mit der RNZ blickt der 43-jährige Leiter des Olympiastützpunktes Rhein-Neckar, der selbst mal ein Weltklassesportler war und 2004 Olympiabronze mit der deutschen Degenmannschaft errungen hat, zufrieden zurück und optimistisch voraus.

Daniel Strigel
Daniel Strigel, wie waren Sie mit dem Sportjahr 2018 zufrieden?
Es war das Jahr, ehe die Olympia-Qualifikationen beginnen. Die Athleten aus der Metropolregion haben sich dafür eine ganz hervorragende Ausgangslage erarbeitet. Zum Vergleich: Vor vier Jahren hatten wir 21 Athleten in unserem Team Rio. Nun haben wir schon 38 Sportler im Team Tokio - plus die 21 aus der Rugby-Nationalmannschaft. Und das bei den gleichen, harten Kriterien. Aufgenommen werden Athleten, die sich bei einer EM unter den ersten Vier und bei einer WM unter den ersten Acht platziert haben. Die Leistungsfähigkeit der Region hat sich also kontinuierlich gesteigert. Das sieht man auch an 78 Top-Ten-Platzierungen bei Welt- und Europameisterschaften im Jahr 2018.
Worauf führen Sie das zurück?
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Der Leistungssport der Region steht auf mehreren Säulen. Durch das Engagement der Kommunen und der privaten Sponsoren im Team Tokio und in Spitzensportstipendien fällt es Bund und Land leichter, hier zu investieren. Außerdem haben die von Dietmar Hopp und seinem Verein "Anpfiff ins Leben" geförderten Sportarten Fußball, Handball, Eishockey und Golf hier eine außergewöhnliche Leistungsstärke. Dies alles zusammen führte zu dem Anstieg von 14 Teilnehmern in Athen 2004 bis hin zu 36 Startern in Rio 2016.
Und wie viele werden es 2020 in Tokio sein?
Das ist schwer zu sagen. Bei jetzt schon 38 Athleten im Team Tokio, also 70 Prozent mehr als vor vier Jahren, könnten wir hochgerechnet an 60 Starter in Japan denken. Doch das scheint heute noch unrealistisch. Jetzt kommt das vorolympische Jahr mit seinen Qualifikationen. Da müssen die Athleten gesund bleiben, den gestiegenen mentalen Stress aushalten. Und es muss sich zeigen, ob die Vierjahres-Planung hinhaut.
2018 begann mit den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang, zu dem es erstmals ein eigenes Team aus der Metropolregion gab.
(lacht) Und prompt haben wir im Eishockey Silber gewonnen. Nein, daran lag es natürlich nicht nur. Aber: Auch andere Spieler der Eishockey-Nationalmannschaft haben positiv bemerkt, dass unsere Region die Athleten nicht nur als Vereins-, sondern auch als Nationalspieler wahrnimmt. Wir haben die Adler kurz vor Pyeongchang in der SAP Arena verabschiedet. Das kam gut an.
Doch nicht alle Hoffnungen konnten erfüllt werden …
Freestylerin Laura Grasemann und Eiskunstläuferin Nathalie Weinzierl haben die Olympia-Qualifikation knapp verpasst. Das war sehr schade, aber wir können realistisch davon ausgehen, in vier Jahren wieder mit Sportlern aus beiden Disziplinen dabei zu sein. Zumal mit Anett Pötzsch, der Eiskunstlauf-Olympiasiegerin von 1980, eine echte Ikone als Trainerin nach Mannheim gekommen ist.
Im Sommer war sicherlich die Leichtathletik-EM in Berlin Ihr persönliches Highlight …
Nein, das war die Kanu-WM. Weil der Lampertheimer Max Lemke vom WSV Sandhofen im K4 zum zweiten Mal in Folge Weltmeister wurde. Leider war die mediale Aufmerksamkeit dabei nicht so groß.
Aber mit den Leichtathleten waren Sie doch sicher auch sehr zufrieden.
Natürlich. Malaika Mihambo hat EM-Gold im Weitsprung gewonnen, Andreas Hofmann Silber im Speerwurf, Shanice Craft Bronze mit dem Diskus, die deutschen Staffeln mit Ricarda Lobe, Nadine Gonska und Hannah Mergenthaler wurden Fünfte und Sechste. Und Fabienne Amrhein holte zudem Bronze bei der Crosslauf-EM.

Philip Heintz vom SV Nikar Heidelberg schwamm zu EM-Silber. Foto: dpa
Die Schwimmer starteten im Rahmen der European Championships zeitgleich in Glasgow, holten durch Sarah Köhler und Philip Heintz dreimal Silber und einmal Bronze. Den erhofften Titel hat Heintz allerdings knapp verpasst.
Man kann es auch so sehen: Philip hatte das Glück, dass er auf einer Zwischenstation nicht gewonnen hat und deshalb der Weg zur Medaille in Tokio leichter ist. Es ist mental nicht einfach mit einer Goldmedaille umzugehen.
Sarah Köhler hat den Bundesstützpunkt anschließend verlassen und ist nach Magdeburg gegangen. Warum?
Dort schwimmt ihr Freund Florian Wellbrock, sie hat dort einen guten Trainer und eine Trainingsgruppe, die noch mehr auf die langen Strecken ausgerichtet ist. Oft kommen so passende Konstellationen für neue Trainingsreize nicht, ich finde, Sarah war da an der richtigen Stelle veränderungsbereit.
Mit der internationalen deutschen Kurzbahnmeisterin Nina Kost ging auch ein Eigengewächs des SV Nikar Heidelberg und schloss sich dem DSW Darmstadt an. Das ist doch schade?
Nina ist in der Schweiz geboren und startet seit diesem Jahr für die Eidgenossen. Auch sie hat neue Trainingsreize gesucht, in Darmstadt auch einen guten Trainer und mit dem Wechsel ihrer Nationalität gute Chancen auf Olympia. Das gönnen wir ihr von Herzen.
Dafür kamen mit Isabel Gose, Johannes Hintze, Josha Salchow und Wassili Kuhn vier große Schwimm-Talente an den Bundesstützpunkt Heidelberg.
Sie mussten sich eine neue Trainingsstätte suchen, weil die Bedingungen in Potsdam nicht mehr gut waren. In Heidelberg fanden sie bei Michael Spikermann eine ähnliche Trainingsphilosophie. Sie kannten ihn bereits aus gemeinsamen Höhentrainingslagern. Das hat gepasst, zumal wir mit Hilfe des Helmholtz-Gymnasiums und der Willy-Hellpach-Schule alle vier Sportler mitten im Schuljahr hier integrieren konnten. Alle vier können in den nächsten vier bis acht Jahren an die Weltspitze anschließen oder dazugehören.
Es gab noch eine Reihe weiterer internationaler Top-Platzierungen.
Allerdings. Nico Müller aus Obrigheim wurde Europameister im Gewichtheben, Denis Kudla aus Schifferstadt EM-Dritter im Ringen, die Siebenerrugby-Nationalmannschaft errang EM-Silber, Amelie Gonzalez Podbicanin vom neuen Bundesstützpunkt für gehörlose Golfer in Lobenfeld holte bei der WM Gold im Team und Bronze im Einzel. Nikolai Kornhaß wurde erneut WM-Dritter der sehbehinderten Judoka und Svenja Mayer WM-Dritte im Rollstuhl-Basketball. Dazu gab es zahlreiche Top-Ten-Platzierungen und eben auch ganz viele Medaille im Juniorenbereich. Unser Perspektivteam für Olympia 2024, das die gleichen harten Kriterien hat, zählt bereits 40 Mitglieder. Es gab aber auch schöne Erlebnisse abseits der Medaillenjagd.
Welche waren das?
Beispielsweise machen unsere Topathleten regelmäßig mit Kindern und Jugendlichen aus schwierigen Familienverhältnissen Sport- und Jugendarbeit. Sie leisten damit auch ein Stück Integrationsarbeit. Oder nehmen Sie Hamza und Pinar Touba. Die beiden hatten die Idee zu einer Box-Charity im Olympiastützpunkt, die 8000 Euro für die Stiftung Courage einbrachte, die chronisch kranke Kinder betreut.



