Wildschweine pflügen den Sportplatz-Rasen um
Der Dielheimer Sportplatz wurde heimgesucht - Jägerschaft klagt über "massive Probleme"

Opfer einer Wildschweinrotte: der Rasen im Dielheimer Pfarrer-Martin-Walter-Stadion. Foto: Rößler
Dielheim. (rö) Fußballer sprechen gern von einem "Acker", wenn sie auf einem schlecht bespielbaren Rasen antreten müssen. Im Dielheimer Pfarrer-Martin-Walter-Stadion sieht es derzeit aber leider tatsächlich so aus, als sei die Kartoffelernte in vollem Gange. Denn der eigentlich saftig grüne Rasen wurde von einer Rotte Wildschweine heftig umgepflügt, und das nicht nur bei einem, sondern bei mehreren Besuchen. Laut Bürgermeister Thomas Glasbrenner ist damit zu rechnen, dass die Schwarzkittel den Sportplatz künftig "regelmäßig heimsuchen", wie er in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats sagte.
Deshalb will die Gemeinde nun als erste Maßnahme zunächst einen Elektrozaun anschaffen, der das Gelände schützt. Die Kosten bezifferte der Bürgermeister auf voraussichtlich 20.000 Euro. Noch weiß man allerdings nicht genau, wie die Tiere auf den Rasen gelangt sind: Der Zaun zur Kreisstraße hin ist an mehreren Stellen durchlässig, im angrenzenden Waldstück gibt es überhaupt keinen geschlossenen Zaun und auch das Eingangstor zum Sportplatz steht gerne mal sperrangelweit offen.
Ebenfalls unklar ist derzeit noch, wie groß die angerichteten Schäden sind: Haben die Wildschweine nur die Oberfläche angekratzt oder wurde auch der Unterbau des Sportplatzes beschädigt? Das soll ebenso in den nächsten Tagen geklärt werden wie die Frage, ob eine Versicherung für die Schäden aufkommt - der Sportplatz gehört der Gemeinde, die ihn an die SG Dielheim verpachtet hat. Glück im Unglück: Immerhin war die Hinrunde der laufenden Saison abgeschlossen, bevor die Schäden angerichtet wurden, sodass der Spielbetrieb nicht beeinträchtigt wird. "Es hätte einen schlechteren Zeitpunkt geben können", findet der Bürgermeister.
Weit weniger optimistisch klingt Thomas Krönig, Sportvorstand der SG Dielheim: "Wir gehen davon aus, dass der Platz in der Rückrunde nicht bespielbar sein wird." Das würde den Verein vor große organisatorische Probleme stellen, müssten dann doch alle Mannschaften auf dem verbleibenden Sportplatz spielen und trainieren. Krönig befürchtet "ein mittelgroßes Chaos". Erschwerend kommt hinzu, dass gleich drei Teams der SG, die erste Herrenmannschaft und die beiden A-Junioren-Teams, aktuell um den Aufstieg spielen. "Es wäre ärgerlich, wenn wir den Heimvorteil nicht nutzen könnten", sagt Krönig.
"Mittelgroßes Chaos"
Gesprochen wurde seitens der Gemeinde natürlich auch mit den zuständigen Jagdpächtern, um die Frage der Verantwortung zu klären. "Das ist ein sogenannter ’befriedeter Bezirk’, rein rechtlich ist hier die Jagd nicht möglich", fasst Bürgermeister Glasbrenner mit Blick auf die benachbarte Kreisstraße und die Wohnbebauung zusammen. Von den Jägern habe man die Rückmeldung, dass sie zurzeit ohnehin verstärkt unterwegs seien und auch immer wieder Abschüsse zu verzeichnen hätten.
Das bestätigt der Dielheimer Jagdpächter Manfred Sauer, ehemaliger Vorsitzender des benachbarten Schützenvereins. Sein für den Bereich rund um den Sportplatz zuständiger Jäger-Kollege habe in den letzten Wochen "elf Wildschweine geschossen" und sei auch sonst "total aktiv". Nach dessen Beobachtungen kommen die Tiere aus Richtung Rotenberg, vom "Paradeis" her, über die Weinberge nach Dielheim. "Die brauchen tierisches Eiweiß und durchwühlen den Boden nach Engerlingen und Würmern", erläutert Sauer. Es handle sich nach derzeitigen Erkenntnissen wohl um zwei Rotten mit zusammen 20 bis 25 Tieren. Das Problem: Die Tiere haben laut Sauer einen Radius von bis zu 25 Kilometern, mal sind sie vor Ort, dann wieder tagelang nicht.
Ohnehin klagt die Jägerschaft über "massive Probleme", unter anderem verursacht durch den Autobahnausbau. Weil die Zufahrt zu einer Recyclingfirma vorübergehend mitten durch den Wald führt, werde das Wild "permanent durch Lkw gestört", so Manfred Sauer. Dazu kommt die hohe Freizeitnutzung durch Jogger, Walker und Spaziergänger mit und ohne Hund. "Sieben oder acht Hunde" pro Morgen seien "gang und gäbe", sagt Sauer. Aus all diesen Gründen seien die Wildschweine meist nur noch nachts unterwegs. "Nachts sind alle Katzen grau, da sehen wir auch nichts", erklärt der Jäger. "Wo wollen Sie da hinschießen?" Auf Verdacht schon mal gar nicht, das gebiete die Jägerehre.
Müssen sich jetzt auch die Freizeitnutzer des Walds Sorgen um ihre Sicherheit machen? "Ein Wildschwein wird in der Regel nur gefährlich, wenn es sich um eine führende Bache handelt", erläutert Manfred Sauer. Trotzdem seien aggressive Reaktionen "durchaus möglich". Nach seinen Worten wäre es deshalb "nicht verkehrt, die Hunde zumindest an die Leine zu nehmen". Daran halte sich leider kaum jemand, obwohl er auch Schilder aufgehängt habe. "Das interessiert kein Schwein", so Jagdpächter Sauer.



