Das Nüstenbachtal ist weiter "in Arbeit"
Natur- und Kulturlandschaft braucht zunehmend Pflege - Land erwirbt frei werdende Flächen - Vor Ort wird viel getan

Adolf F. Nerger und Friedrich Hildenbrand werden bei ihren Bemühungen ums Nüstenbachtal von einem starken Naturschutzverein unterstützt.
Von Peter Lahr
Nüstenbach. Es gibt sie noch, die guten Nachrichten zum Thema "Naturschutz". Nachzulesen etwa in einer Pressemitteilung des baden-württembergische Ministeriums für Finanzen. Dort erklärte Staatssekretärin Gisela Splett dieser Tage, dass das Land im Jahr 2017 rund 89 Hektar naturschutzwichtiger Flächen für insgesamt mehr als eine Million Euro erworben habe. "Auch 2018 investieren wir in das Naturerbe des Landes", verspricht die Politikerin und will dieses Jahr eine Gesamtsumme von zwei Millionen Euro in die Hand nehmen, um die biologische Vielfalt im "Ländle" zu stärken. Eine wahre Herkulesaufgabe in Zeiten eines dramatischen Rückgangs von Tier- und Pflanzenarten.
Da auch die Mosbacher Region an einer Stelle Nutznießer dieser kontinuierlichen Ankaufspolitik wurde, schaute sich die RNZ dieser Tage vor Ort um - und zwar im Nüstenbachtal. Erstmals 1940 teilweise unter Schutz gestellt, wurde hier 2016 eine Fläche von 144 Hektar zum Naturschutzgebiet erklärt. Der Nüstenbacher Adolf F. Nerger und der bisherige Landschaftspfleger Friedrich Hildenbrand erläuterten bei einer Fahrt durch das Bachtal die Besonderheiten dieser teilweise steil ansteigenden Kulturlandschaft und kamen dabei auch auf aktuelle Entwicklungen zu sprechen.
Insgesamt fünf kleine Flächen hat das Land 2017 angekauft, mit einer Gesamtfläche von 1,38 Hektar. Allein dies zeigt, wie kleinteilig das Nüstenbachtal gegliedert ist. Eine Folge der Erbteilung vergangener Generationen. Das heutige "Gesicht" des Nüstenbachtals hat sich im Lauf von Jahrhunderten entwickelt. Einst gewann man an den Hängen Heu. Streuobstwiesen wechselten mit Weinbergen auf den Südhängen - jedenfalls bis die Reblaus und Klimaveränderungen im 19. Jahrhundert das Ende der Trauben bedeuteten. Auf den Hochflächen wurde Ackerbau betrieben. "Bis vor 50 Jahren war die Landschaftspflege ein Nebenprodukt der Landwirtschaft", wissen Nerger und Hildenbrand und betonen: "Das Nüstenbachtal mit seinem großen Artenreichtum ist keine Naturlandschaft, sondern eine Kulturlandschaft."
Was einst bis zu zwei Dutzend landwirtschaftliche Betriebe im Dorf erledigten - an 28 Milchanlieferer erinnern sich Gertrud und Fritz Jung, die das Milchhäuschen betrieben -, ist heute zu einer Gemeinschaftsaufgabe geworden. Denn der Strukturwandel der Landwirtschaft ließ die Obst- und Mähwiesen "verbuschen". Aufwuchs verdrängt dann bald die geschützte Magerrasenlandschaft, und auch die Hecken an den Wegrändern entwickeln sich im Lauf der Jahre zu einem Wald, so sie nicht regelmäßig auf Stock gesetzt werden.
"Glücklicherweise ist die Situation noch relativ günstig", sind sich die beiden Landschaftsschützer einig. Viele Grundstücksbesitzer pflegten ihre Areale selbst - ohne einen direkten Nutzen daraus zu ziehen. Auch wenn Friedrich Hildenbrand nach über 20 Jahren in der Landschaftspflege aus Altersgründen aufhört, so können die beiden die nächste gute Neuigkeit verkünden: "Die Lohrbacher Familie Mohring übernimmt die Nachfolge." So werden deren Galloway-Rinder bald die Arbeit der Angusrinder als "lebende Rasenmäher" übernehmen. Zudem soll ein hochgebirgstaugliches Spezialgerät aus der Schweiz das Mähen an den steilen Hangpartien weiter verbessern.
Dass das Land vor allem frei werdende Grundstücke auch in der Zukunft aufkaufen will, darüber freuen sich Nerger und Hildenbrand sehr. Wie sehr der ganze Ort (und viele auswärtige Helfer) die Pflege der einmaligen Landschaft unterstützt, zeigt sich auch am Nüstenbacher Natur- und Landschaftsschutzverein: Mit 106 Mitgliedern ist etwas mehr als die Hälfte der Einwohner mit dabei.
Info: https://www.nuestenbach.de/vereine/10-vereine/natur-und-landschaftsschutz.html