"Jugend forscht"-Studie

Mannheimer Neckarstadt-West ist keine No-Go-Area

Schülerin Nathalie Maldet hat sich mit dem Stadtteil beschäftigt - Sie erhielt einen Sonderpreis

09.04.2018 UPDATE: 10.04.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden

Hat untersucht, wie gefährlich es im Mannheimer Stadtteil Neckarstadt-West wirklich ist: Nathalie Maldet. Foto: Gerold

Von Heike Warlich-Zink

Mannheim. "No-Go-Area Neckarstadt-West Mannheim - Vorurteil oder Tatsache?" Mit ihrem Beitrag für "Jugend forscht" in der Sparte Geo- und Raumwissenschaften knüpft Nathalie Maldet inhaltlich an einen Fernsehauftritt der Journalistin Düzen Tekkal an. Diese hatte im Januar 2017 in der Talkshow von Anne Will den Bezirk als No-Go-Area bezeichnet, also als einen sozialen Brennpunkt mit hohem Gefahrenpotenzial. Eine Aussage, die die 18-Jährige Schülerin des Ludwig-Frank-Gymnasiums anhand von Daten, Fakten und einer Umfrage untersuchte.

Neun Monate Arbeit stecken in dem Projekt, mit dem Nathalie Maldet als Siegerin des Regionalwettbewerbs Nordbaden das Ticket für den Landeswettbewerb löste. In Stuttgart hat sie nun einen Sonderpreis und viel Lob für die hervorragende sozialwissenschaftliche Ausarbeitung erhalten. Für eine Platzierung kam ihre Arbeit nur deshalb nicht in Frage, weil sie nicht rein naturwissenschaftlich ausgerichtet war.

Die Abiturientin ist im Stadtteil Waldhof zuhause. Auf dem Weg zur Schule fährt sie täglich mit der Straßenbahn durch die Neckarstadt-West. "Doch wirklich gekannt habe ich das Quartier nicht, und habe es mir daher zunächst einmal angeschaut", sagt sie. Betreut von Stephanie Sprinz, die an der Schule die "Jugend forscht"-AG leitet, arbeitete sie das Thema weiter aus. Mit Martin Hämmerle, Kursleiter Geographische Informationssysteme (GIS) am Klaus-Tschira-Kompetenzzentrum für digitale Geomedien an der Pädagogischen Hochschule in Heidelberg, überlegte die Schülerin sich geeignete Untersuchungsmethoden und erhielt von der GIS-Station entsprechende Geräte, um Daten aufnehmen und auszuwerten zu können. Beispielsweise um eine Lärmkartierung zu erstellen. Die Schülerin erfasste darüber hinaus die Spielplätze und deren Zustand, die Anzahl der Kindergärten und Schulen, Angebote an Dienstleistungen, Einkaufsmöglichkeiten und Gastronomie.

Doch wie erleben die Menschen ihren Stadtteil? Wie sicher fühlen sie sich tagsüber und nachts? Wie beurteilen sie die Infrastruktur? Anhand einer dreiseitigen Umfrage erstellte Natalie ein subjektives Stimmungsbild aus 39 Befragten, das sie mit ihren Erhebungen sowie den statistischen Daten aus dem Sozialatlas Mannheim abglich. "Nicht alle Leute waren auskunftsfreudig, aber es ist doch gelungen, die verschiedenen Altersgruppen sowie Frauen und Männer in die Befragung einfließen zu lassen", berichtet sie. Das war wichtig, um eventuelle Unterschiede in der Beurteilung der Fragestellungen aufzuzeigen.

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Frauen äußerten sich demnach deutlich unzufriedener zum Sicherheitsgefühl und zur Sauberkeit im Stadtteil. Grundsätzlich bemängelt wurde die Parkplatznot, einhergehend mit zugeparkten Gehwegen in den an sich schon schmalen Straßen, was das Gefühl der Enge verstärkt. Die Straßenbeleuchtung wurde insbesondere von Frauen als nicht ausreichend hell empfunden. Als positiv gaben die Befragten das Wohnen in zentrale Lage an. Auch mit den Einkaufsmöglichkeiten, dem Gastronomieangebot und der ÖPNV-Anbindung äußerten sich viele zufrieden. Ältere Bewohner und Familien wollen dennoch häufig wegziehen, weil Familienwohnungen und barrierefreier Wohnraum fehlen. Als unsicherste Orte wurden die Jungbuschbrücke, die Neckarwiese und die Stadtbahn-Endstelle angegeben.

Und wie präsent ist die Drogenproblematik? Dazu wollten sich viele nicht oder nur sehr verhalten äußern. Einige nannten mit der Neckarwiese und Spielplätzen jedoch Fundorte von gebrauchten Spritzen. Anhand ihrer Forschungsarbeit kommt Nathalie Maldet zu dem Ergebnis, dass im Stadtteil Neckarstadt-West durchaus Probleme vorhanden sind.

Um eine No-Go-Area handelt es jedoch nicht, da dies gleichbedeutend mit einer ständigen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit wäre. Zumindest einige Schwierigkeiten könnten mit relativ einfachen Maßnahmen behoben oder abgemildert werden. "Beispielsweise durch zusätzliche Papierkörben und Tütenspender für Hundekot sowie spezielle Mülleimer mit einer kleinen Öffnung zum sicheren Entsorgen von Spritzen", schlägt sie vor. Zur Verkehrsberuhigung könnten Teilaufpflasterungen oder Bremsschwellen dienen.

Einhergehend mit einer Auflockerung der zugeparkten Straßen würde sich die Schulwegsituation verbessern und die allgemeine Verkehrssicherheit erhöhen. Nathalie Maldet kommt zu dem Schluss, dass eine verbesserte Straßenbeleuchtung dringend nötig wäre. Anspruch ihrer Arbeit sei es nicht gewesen, den Stadtteil vollständig zu messen und alle Probleme zu erkennen. Beim Fachbereich Arbeit und Soziales habe man ihre Ergebnisse jedoch mit großem Interesse aufgenommen und als Ergänzung zum Sozialatlas aufgenommen.

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