Kriminalitätsstatistik in Baden-Württemberg

Mehr Reichsbürger-Delikte, mehr Sexualdelikte, weniger Flüchtlingstaten

Aber insgesamt ist es laut Innenminister Strobl sicherer geworden - Kriminalitätsbelastung auf "historischem Tiefstand"

16.03.2018 UPDATE: 16.03.2018 16:28 Uhr 1 Minute, 55 Sekunden
Symbolfoto: dpa

Stuttgart. (dpa-lsw)  Der Südwesten ist im vergangenen Jahr laut Innenminister Thomas Strobl (CDU) sicherer geworden. "Die Kriminalitätsbelastung ist auf einen historischen Tiefstand gesunken und liegt so niedrig wie seit 1990 nicht mehr", sagte der CDU-Politiker am Freitag bei der Präsentation der Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2017 in Stuttgart. In Baden-Württemberg wurden im Jahr 2017 demnach 4,8 Prozent weniger Straftaten verübt als im Jahr davor - insgesamt waren es 579.953. Die Ermittler klärten 62,4 Prozent davon auf, das sind 2,2 Prozentpunkte mehr als 2016. Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick.

Hintergrund

Weniger Straftaten und eine bessere Aufklärung - aber auch mehr Flüchtlingsdelikte im öffentlichen Raum und mehr Sexualstraftaten. Die wichtigsten Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik Baden-Württemberg 2017 (in Klammer die Zahlen aus 2016 und die prozentuale

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Weniger Straftaten und eine bessere Aufklärung - aber auch mehr Flüchtlingsdelikte im öffentlichen Raum und mehr Sexualstraftaten. Die wichtigsten Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik Baden-Württemberg 2017 (in Klammer die Zahlen aus 2016 und die prozentuale Veränderung):

Straftaten insgesamt: 579.953 (609.133, -4,8 Prozent)

Straftaten pro 100.000 Einwohner: 5295 (5599, -5,4 Prozent)

Aufklärungsquote: 62,4 Prozent (60,2 Prozent, +2,2 Punkte)

Wohnungseinbrüche: 8437 (11.095, -24,0 Prozent)

Aufklärungsquote Einbrüche: 21,7 Prozent (19,2 Prozent, +2,5 Punkte)

Eigentumsdelikte insgesamt: 187.899 (213.022, -11,8 Prozent)

Gewalttaten gegen Polizisten: 4330 (4394, -1,5 Prozent)

Straftaten mit Flüchtlingen und Asylbewerbern als Verdächtigen: 39.459 (42.661, -7,5 Prozent)

Aggressionsdelikte im öffentlichen Raum mit tatverdächtigen Flüchtlingen oder Asylbewerbern: 2293 (1960, +17,0 Prozent)

Politisch motivierte Gewalttaten: 28378 (3240, -12,4 Prozent)

Straftaten gegen sexuelle Selbstbestimmung: 6110 (5406, +13,0 Prozent)

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Einbrüche: Die Zahl der Wohnungseinbrüche ging im vergangenen Jahr um 24 Prozent auf 8437 Fälle zurück. Polizeipräsident Gerhard Klotter führt das auf eine verbesserte Spurensicherung und die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen zurück, da man so auch Banden auf die Spur komme. Dass immer mehr Einbrüche aufgeklärt würden, habe außerdem eine abschreckende Wirkung. "Fahndungserfolge sind hier besonders erfreulich – wirken sich Wohnungseinbrüche und Diebstähle besonders gravierend auf das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger aus", sagte Uli Sckerl, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. Ulrich Goll, Innenexperte bei der FDP-Fraktion, mahnte die Polizei hingegen zur Verbesserung ihrer Aufklärung: "Bei einer Aufklärungsquote von knapp 22 Prozent kommen leider viel zu viele Einbrecher ungestraft davon."

Flüchtlinge: Die Zahl der Straftaten mit tatverdächtigen Flüchtlingen oder Asylbewerbern ging 2017 erstmals seit fünf Jahren zurück - um 5 Prozent auf 61.139. Allerdings war die Gruppe häufiger als im Vorjahr bei Aggressionsdelikten im öffentlichen Raum involviert - die Zahl dieser Tatverdächtigen stieg um 17 Prozent auf 2293. Strobls "Sonderstab gefährliche Ausländer", den der Innenminister zum Jahresbeginn eingesetzt hatte, soll diese Entwicklung stoppen und an Brennpunkten ansetzen. "Hier reizen wir alles aus, um diese kleine Gruppe Ausländer, die besonders großen Schaden anrichten, auch konsequent abzuschieben", sagte der Minister, der wegen seiner Äußerungen zu verdeckten Ermittlungsmethoden in Sigmaringen in der Kritik steht. Der innenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Lars Patrick Berg, forderte Strobl auf, Asylkriminalität noch schärfer zu bekämpfen. "Die öffentliche Sicherheit unserer Bürger in Kommunen mit hohem Asylbewerberanteil muss dem Land ein besonderes Anliegen sein."

Reichsbürger: Anders als andere politisch motivierte Straftaten haben die Delikte sogenannter Reichsbürger zugenommen. Die Sicherheitsbehörden ordnen die Vorfälle von Reichsbürgern zwar den politisch motivierten Straftaten zu, aber keinem definierten Spektrum wie Links oder Rechts. 2017 gab es 583 solcher Delikte, das sind 18,3 Prozent mehr als die 493 im Jahr 2016. Reichsbürger lehnen die Bundesrepublik Deutschland als Staat ab und neigen den Verfassern zufolge häufig zu Gewalt gegenüber Staatsbediensteten. "Ein Reichsbürger zu sein ist nicht strafbar. Aber wenn solche Leute Zugang zu Waffen haben, ist mir unwohl", sagte Strobl. Deshalb konzentriere man sich bei der Bekämpfung von Reichsbürger-Delikten darauf, diesen den Zugang zu Waffen zu verhindern oder zu entziehen.

Sexualdelikte: Die Sexualstraftaten haben 2017 zugenommen - ihre Zahl stieg um 13 Prozent auf 6110 Fälle. "Das ist aber eher eine Zunahme statistischer Art als tatsächlicher Art", ist Klotter überzeugt. Durch neue Gesetze, die unter anderem sexuelle Belästigung als Straftatbestand anerkennen, würden mehr Delikte in der Statistik berücksichtigt.

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