Mühlhausen

"Der Franziskusweg kostet und gibt Kraft"

Lichtbildervortrag der Mühlhausener Pilgerbrüder Alex Kretz und Rudi Kramer über ihre Pilgerreise von Assisi nach Rom

01.03.2018 UPDATE: 02.03.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 11 Sekunden

"Ein prächtiges Gespann, das bestens harmoniert": die Mühlhausener Pilger Rudi Kramer (li.) und Alex Kretz, im Bild am Start des Pilgerwegs an der Basilika San Francesco in Assisi. Foto: Kramer

Mühlhausen. (seb) "Wohl einer der schönsten Pilgerwege der Welt mitten im Herzen Italiens" war "eine echte Herausforderung für Körper und Geist", aber "voller kleiner Glücksmomente". Eine gelungene Mischung aus mitreißenden Beschreibungen, untermauert von starken Fotos, persönlichen Eindrücken und Fakten, war der Lichtbildervortrag "Auf den Spuren des Heiligen Franziskus von Assisi nach Rom" von Rudi Kramer und Alex Kretz. In der voll besetzten Bernhardushalle berichteten die Mühlhausener Pilger auf Einladung der Kolpingsfamilie von Teil zwei des Wegs, den sie im Jahr zuvor begonnen hatten (die RNZ berichtete) und im Mai 2017 fortsetzten.

Der Weg ist "nur für erfahrene Langstreckenwanderer", erläuterte Rudi Kramer. 76 Jahre waren die beiden damals, "ein prächtiges Gespann, das bestens harmoniert". 250 Kilometer galt es, in 14 Tagen zu schaffen, sechs bis acht Stunden am Tag waren sie unterwegs, mit elf Kilo Gepäck. Doch Mühen und Schmerzen waren, so Kramer, vergessen, wenn sie wieder belohnt wurden durch überwältigende Panoramen oder eindrucksvolle Heiligtümer: "Der Franziskusweg kostet Kraft und gibt Kraft."

Eine Fülle landschaftlich reizvoller Regionen lag auf dem Weg, kulturelle Attraktionen wie Klöster, Kirchen und Gebetsplätze des Heiligen, aber auch Spuren römischer und etruskischer Kultur. Hinzu kam die "zauberhafte Natur" mit Wiesen voll Mohn oder Alpenveilchen, "an denen man sich fast nicht sattsehen konnte", Olivenhainen, Eichenwäldern oder Weinbergen, sogar blühenden Kakteen, Viehherden und "Spießrutenläufen mit Hütehunden". Unvergesslich die herzlichen Begegnungen mit den Menschen und ihre unvergleichliche Gastfreundschaft, ob Bauernfamilie, singender Wirt oder begabte Köchin.

Der Pilgerweg führt laut Rudi Kramer zu einer Reihe von "Kraftorten" mit dichter Atmosphäre, die nachdenklich stimmt und innehalten lässt. Zunächst lernten sie Assisi kennen, "einen der bedeutendsten Pilgerorte des Christentums", besuchten das Grab des Heiligen und die Kirche der Heiligen Klara. Das reizvolle Spello war durch "ein Meer aus Blumen und Blüten" geschmückt, von Montefalco bleiben die mittelalterliche Stadtmauer und Kirche in Erinnerung - und wie der Ort durchs Radrennen Giro d’Italia Mitte Mai aus der Ruhe gerissen wurde. Hinter Spoleto wurden die Pilger zu einem Umweg gezwungen, weil der Aquädukt "Ponte delle Torri" unter den Erdbeben der letzten Jahre gelitten hat. Im Rieti-Tal gibt es vier franziskanische Klöster, darunter La Foresta, wo Franziskus Wunder vollbracht haben soll und den Sonnengesang komponierte. Jetzt befindet sich dort ein Rehabilitationszentrum für Suchtkranke, in dem unter anderem der ehemalige Seelsorger von Inter Mailand aktiv ist.

Das Städtchen Rieti wirkte nach den Tagen der relativen Einsamkeit "fast zu groß", so Kramer. In der Einsiedelei Fonte Colombo hat Franziskus seine Ordensregeln erarbeitet. Über Greccio und das pittoreske Stroncone näherten die beiden Pilger sich schließlich dem "unvergesslichen Abschluss in Rom mit einer Audienz bei Papst Franziskus". Damit "hat sich für uns ein Traum erfüllt", erklärte Kramer. Auf 20 Meter konnten sich Alex Kretz und Rudi Kramer bei der Audienz nähern und waren begeistert davon, "wie der Papst auf die Menschen zugeht, besonders die Älteren und die Kinder". Er erinnerte sie noch einmal an das, was sein Namensvetter vorgelebt hatte.

Franziskus’ Bescheidenheit, freiwillige Armut und die Besinnung aufs Wesentliche, auf das Evangelium "sine glossa" (ohne Veränderungen) riefen, wie Kramer darlegte, "im Vatikan, wo man damals in Saus und Braus lebte, nur ein müdes Lächeln hervor". Doch machten sie ihn für Kramer zu einer "beeindruckenden Lichtgestalt". Und so hat die Pilgerreise die beiden "Achtsamkeit und Dankbarkeit für die Schöpfung gelehrt".

Nach innen blickend, beschäftigten sie während der Pilgerreise die unterschiedlichsten Dinge: wie Schatten und Licht gleichermaßen notwendig sind; dass mancher Umweg im Leben sich als unverzichtbar erweist: "Sind es nicht die verschlungenen Pfade, die uns reifer werden lassen?" Mit einiger Selbstironie machten sie auch "Witze über die Alten, die mit 76 Jahren noch immer nicht genug haben", erzählte Kramer, der mit Albert Schweitzer dazu ermutigte, immer Neues zu erproben und offen zu sein. Die Haut kann ruhig runzlig werden, "mit dem Verzicht auf Begeisterung aber runzelt die Seele". Ähnlich wie bei den Linsen ihrer Kameras lernten sie beim Pilgern, innezuhalten und den Blickwinkel auszuweiten, "das Objektiv des Herzens herauszuzoomen, um zu erkennen, was wichtig ist".

Wie immer baten die beiden Pilger um Spenden für die Hilfsorganisation "Amour et Partage - Hilfe für Madagaskar". Insgesamt konnten sie bisher 6700 Euro durch die Pilger-Vorträge sammeln. Das Geld floss Kramer zufolge beispielsweise in einen Kindergarten für Straßenkinder, der jetzt erweitert werden soll. Rudi Kramer zeigte auch die eigens für Frauen errichtete Halle, in der sie Hüte oder Schmuck anfertigen und so ihre Familien ernähren können.

Der Kolpingsfamilien-Vorsitzende Paul Hotz hatte eingangs die Gäste begrüßt, aufs groß gefeierte 60-jährige Jubiläum zurückgeblickt und Rudi Kramer gedankt, der Chronik, Vor- und Nachberichterstattung übernommen hatte. Dankesworte sprach auch Präses Pfarrer Thomas Stolle. Abschließend verkündete Rudi Kramer, dass die nächste Pilgerreise schon geplant ist: Im April geht es von einer Seite Mallorcas zur anderen, natürlich in weitem Bogen an "Ballermann" und Touristenfallen vorbei.

Info: Den Lichtbildervortrag "Auf den Spuren des Heiligen Franziskus von Assisi nach Rom" wiederholen Rudi Kramer und Alex Kretz am Montag, 5. März, 19.30 Uhr, in der Bernhardushalle in Mühlhausen.

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