Firma "Star Produktions"

Weinheim hat 250 Jobs weniger

Werk schließt Ende 2018 - Die Gewerkschaft IGBCE kritisiert den Umgang mit den Beschäftigten vehement

09.02.2018 UPDATE: 10.02.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 21 Sekunden

Im Weinheimer Industriepark werden mit Ablauf des Jahres Flächen frei. Das Unternehmen "Star Produktions" schließt seinen Standort, 250 Mitarbeiter sind betroffen. Foto: Dorn

Von Philipp Weber

Weinheim. Es ist das Aus für 250 Arbeitsplätze am Standort Weinheim: Die Firma "Star Produktions" schließt Ende 2018 ihr Werk im Industriepark. Die Firma hat bislang Haushaltsmittel hergestellt und verpackt. Dies größtenteils im Auftrag der Unternehmensgruppe "dalli", die ihren Hauptsitz in Stolberg bei Aachen hat. Die RNZ hat Antworten auf die Fragen gesucht, die sich aus diesem Sachverhalt ergeben. Insbesondere die Angaben der Gewerkschaft IGBCE stimmen sehr nachdenklich.

Warum muss das Werk geschlossen werden? Nach Angaben von Geschäftsführer Andreas Rohweder ist mit "dalli" der größte Kunde von "Star Produktions" abgesprungen. "dalli" habe ein umfassendes Restrukturierungsprogramm aufgelegt. Dieses sieht vor, die Produktion von Wasch-, Putz-, Reinigungs- sowie Körperpflegeprodukten aus Weinheim abzuziehen. "Dieser Auftragsverlust bedeutet, dass wir leider unser Werk aufgeben müssen", so Roweder. Detlef Sutter, IGBCE-Bezirksleiter in Mannheim, nennt das Kind beim Namen: "Die Produktion wandert nach Südosteuropa, weil dort die Lohnkosten niedriger sind", sagt er. Dort habe "dalli" jüngst ein Werk eröffnet. Aus dem Bundesanzeiger wiederum geht hervor, dass "Star Produktions" seit Jahren verschuldet ist.

Wie geht es mit den Mitarbeitern weiter? "Wir sind dankbar, dass die dalli-group uns frühzeitig informiert und signalisiert hat, durch finanzielle Unterstützung soziale Härten abzumildern", sagt Geschäftsführer Rohweder. Die Firma habe in Zusammenarbeit mit "dalli" sowie dem Betriebsrat eine "sozial verträgliche" Lösung gefunden: Rohweders Angaben zufolge wurde ein Sozialplan sowie die Begründung einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG) ausgehandelt. "Über die Rahmenbedingungen wurde Stillschweigen vereinbart." Die Mitarbeiter würden in der BQG mit 80 Prozent ihres bisherigen Lohns weiterbezahlt, für rund ein halbes Jahr. Gewerkschaftsmann Sutter sagt dazu nur eines: "Das Ganze stinkt zum Himmel."

Was kritisiert die IGBCE? Bezirksleiter Sutter sieht die Beschäftigten in einer prekären Lage. "Es sind angelernte Kräfte. Sie arbeiten hart und haben viel drauf - aber sie besitzen keine hochgradigen Abschlüsse", sagt er. Die Situation ähnele dem Aus von Reckitt Benckiser in Ladenburg. Die Konditionen für die Menschen in Weinheim seien jedoch wesentlich schlechter. Sie müssten auf Abfindungen verzichten - und verlören mit Eintritt in die Beschäftigungsgesellschaft auch ihren Kündigungsschutz, sagt Sutter. "Der Sozialplan kam in nur drei Wochen zustande, der Betriebsrat hat eine Teilnahme von Gewerkschaftsexperten abgelehnt", ärgert er sich. Er wisse von Mitarbeitern, dass Druck aufgebaut wird, die entsprechenden Verträge zu unterschreiben.

In den Firmen "dalli" und "Star Produktion" wiederum sieht er ein "Sub-sub-Modell". "Namhafte Hersteller wie etwa Henkel brüsten sich damit, Aufträge nur an tarifgebundene Unternehmen zu vergeben. Diese beauftragen ihrerseits aber ein günstigeres Subunternehmen", erklärt er. In Weinheim sei es jedoch vor Jahren gelungen, Zugang zu den Mitarbeitern zu bekommen - und einen Tarifvertrag abzuschließen.

Was fordert die Gewerkschaft? Detlev Sutter rät den (zu 85 Prozent organisierten) Beschäftigten, die Verträge mit der Beschäftigungsgesellschaft auf keinen Fall zu unterschreiben - sondern sich erst einmal sachkundig zu machen. "Wir bieten jedem Rechtsschutz an, da sind wir komplett lösungsorientiert", sagt er. Um informieren zu können, hat er bereits eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen.

"Ich bin nicht per se gegen Beschäftigungsgesellschaften", erklärt Sutter: "Aber sie müssen Perspektiven schaffen und Vermittlungsquoten erfüllen." Es sei grundsätzlich durchaus legitim, Aufträge ins Ausland zu vergeben. "Aber man muss für die Mitarbeiter und ihre Familien Verantwortung übernehmen." Das sehe er in Weinheim aktuell allerdings überhaupt nicht.

Was passiert mit den Flächen von "Star Produktions"? Jan Paulin, Mitarbeiter der Pressestelle von Freudenberg, kann nur bedingt aufklären. "Es gab zwar Vorgespräche, aber dass die Produktion komplett eingestellt wird, haben wir erst diese Woche erfahren", sagt er. Sechs Gebäude seien betroffen. Für einige davon lägen aber bereits Anfragen vor, Ende des Monats gibt es Gespräche. "Star Produktions" sei Mieter von "Freudenberg Real Estate", ansonsten gebe es keine Verflechtungen zwischen den beiden Unternehmen.

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