Mühlhausen

Angelbach erhält ein naturnahes Aussehen

Gestaltende Maßnahmen an der Oberen Mühle - Mühlenwehr wird erhalten - Fund eines Mühlsteins anno 1863

17.08.2017 UPDATE: 18.08.2017 06:00 Uhr 3 Minuten, 9 Sekunden

Der Waldangelbach im Mühlhausener Ortskern wird derzeit fit für starke Hochwasser gemacht und ökologisch aufgewertet. Ihre historischen Wurzeln vergisst die Gemeinde dabei nicht, sie bewahrt ein Mühlenwehr und auch den erst im Juni gefundenen Mühlstein von 1863. Fotos: AHW

Gestaltende Maßnahmen an der Oberen Mühle - Mühlenwehr wird erhalten - Fund eines Mühlsteins anno 1863

Mühlhausen. (rka) Mühlen sind ein wichtiges Kulturgut, vor allem dann, wenn der Name einer Gemeinde darin seinen Ursprung hat. Der Name Mühlhausen sowie die Existenz der Oberen und der Unteren Mühle sind selbst Geschichtsquellen. Die Gemeinde ist aus einer Mühlensiedlung entstanden, der Name bedeutet "zu den Häusern bei der Mühle". Damit ist klar, dass es bereits vor der ersten Erwähnung von "Mulnhusen" am 5. März 783 im Codex des Klosters Lorsch Mühlen am Waldangelbach gab.

Die Mühlen waren in früheren Zeiten Eigentum des Landesherrn, der sich aus volkswirtschaftlichen und finanziellen Gründen die Kontrolle über die Nutzung der Wasserkraft sicherte. Der Müller erhielt die Mühle nur als Erblehen. Damit waren Privilegien verbunden wie das "Beholzungsrecht": Das Holz, das für die Mühle gebraucht wurde, musste die Gemeinde dem Müller unentgeltlich liefern. Der Müller war auch von Frondiensten befreit. Jedoch musste er - von der Oberen Mühle ist es überliefert - Pachtzins von vier Malter Korn an das Hochstift Speyer zahlen. Das waren nach "Speyerer Maß" ungefähr 500 Liter. Weiter waren zu entrichten: ein Gulden und 51 Kreuzer an das Amt Rotenberg, zwei Malter Korn direkt an den Speyerer Fürstbischof und acht Gulden 32 Kreuzer jährliche Schatzung (Abgabe in Kriegszeiten).

Die Gemeinde besinnt sich aus aktuellem Anlass besonders auf ihre Wurzeln: Derzeit laufen die Hochwasserschutzmaßnahmen des Abwasser- und Hochwasserschutzverbands (AHW) am Waldangelbach, gerade zwischen Oberer und Unterer Mühle. Der Bach soll naturnäher gestaltet werden und künftig 32 statt wie bisher nur 13 Kubikmeter pro Sekunde sicher ableiten können. Sich der Sensibilität des Gebiets bewusst, will man Historisches erhalten. So zum Beispiel das Wehr an der Oberen Mühle Weis, das nach seiner Renovierung für Anschauungszwecke wieder installiert wird.

Gleich drei Denkmalbehörden, Karlsruhe, Heidelberg und Stuttgart, brachten ihre Anregungen ein: So wird das Wehr der Unteren Mühle, die ihr Wasserrecht nicht abgegeben hat, durch ein modernes zur Stromerzeugung ersetzt, seine Steine aber werden für den Erhalt des Oberen Wehrs weiterverwendet. Sobald der neue Bachlauf gestaltet ist, wird der Obere Mühlenkanal, durch den früher das Mühlrad und später die Turbine angetrieben wurden, verfüllt. Entsprechende Schautafeln, die vom Radweg zugänglich sind, werden auf die Geschichte der Gemeinde und ihrer Mühlen hinweisen.

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Bei den Regulierungsarbeiten am Angelbach wurde im Juni ein bemerkenswerter Fund geborgen: ein Mühlstein aus Buntsandstein aus dem Jahre 1863 mit einem Durchmesser von 107 Zentimetern und einer Dicke von zwölf Zentimetern. Er ist gegenwärtig beim AHW eingelagert. In einer Kartusche sind die Jahreszahl "1863" und die Insignien des Mühlenbesitzers "CS" eingemeißelt. Gemeint ist also Christoph Sommer aus Weinsberg, der von 1861 bis 1865 Müller der Oberen Mühle war. Er war es auch, der 1863 das Mahlwerk erneuern ließ. In dieser Zeit wechselte die Mühle sehr oft ihren Besitzer. So kam die Mühle 1859 an Karl Philipp Seibert, der sie bereits zwei Jahre später für 18.500 Gulden an Christian Sommer aus Weinsberg abgab. Schon 1865 erwarb Georg Neff aus Hilsbach die Mühle zu einem höheren Preis, nämlich 21.820 Gulden.

Welche Aufgabe hatte nun der gefundene Mahlstein, übrigens ein "Läufer?" Kernstück jeder Getreidemühle war der "Steinmahlgang", das Zusammenspiel der beiden Mühlsteine, um das Korn zu Mehl zu verarbeiten. Dabei dreht sich nur der obere Mühlstein, durch das Mühlrad angetrieben, deshalb wird er auch "Läufer" genannt. Der festsitzende untere Mühlstein ist der "Bodenstein".

Hochwasserschutz und Würdigung der Geschichte sind aber nicht alles: Der Umwelt- und Naturschutz spielt eine große Rolle, beispielsweise wurde eine Fischtreppe an der Oberen Mühle angelegt, eine sogenannte "Raue Rampe". Für viele Fische und andere im Wasser lebende Organismen ist es überlebensnotwendig, dass sie sich in alle Richtungen bewegen können, sei es, um zu den Laichplätzen zu gelangen, um Jungtiere aufzuziehen oder Nahrung zu finden. Durch im Boden verankerte "Störsteine" bilden sich im unebenen Untergrund unter anderem Stromschnellen, die dazu beitragen, das Wasser mit Sauerstoff anzureichern. Daneben entstehen auch kleine Wassermulden, Ruhezonen für die wandernden Lebewesen.

Die Aufenthaltsqualität am Bach wird selbstverständlich auch für die Menschen gesteigert, etwa durch einen neuen Fuß- und Radweg, der teilweise über neue Inseln führt. Die in die Jahre gekommene Brücke der Bahnhofstraße wird saniert, darüber hinaus wird ein Spielplatz am Wasser mit vielfältigen Spielgeräten angelegt. Derzeit sind die Umgestaltungsarbeiten am Waldangelbach zwischen Bahnhof- und Dielheimer Straße in vollem Gange. Wenn das Wetter weiterhin mitspielt, wird der Ausbau im Ortskern planmäßig in diesem Sommer, vor der Kerwe, fertiggestellt sein, "ökologisch und naturnah", wie AHW-Geschäftsführer Josef Zöllner versichert.

Der gesamte Bachausbau wird voraussichtlich 2,4 Millionen Euro kosten, bei der Gemeinde Mühlhausen verbleiben nach hohen Zuschüssen aus Hochwasser- und Umweltschutztöpfen rund 700.000 Euro. Und für diese Summe erwartet man überdies eine zirka 25-prozentige Unterstützung aus dem Ausgleichsstock. Verwaltung, Gemeinderat und die übrigen Beteiligten sind sicher: Diese Maßnahme zum Hochwasser- und Umweltschutz wird das Erscheinungsbild der Gemeinde positiv verändern.

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