30 Jahre in Heidelberg

Ist im Jahr 2019 für das "Ziegler" Schluss?

Das Restaurant mit Club feiert 30-jähriges Bestehen - Gründer Gerhart Bollack erinnert sich und spricht über das veränderte Ausgehverhalten

29.06.2017 UPDATE: 30.06.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 49 Sekunden

Das Gebäude in der Bergheimer Straße 1b, in dem das "Ziegler" seine Heimat hat, wurde von Georg Friedrich Ziegler 1901 als Mietshaus und Schankwirtschaft errichtet. Foto: Rothe

Von Steffen Blatt

Wenn Gerhart Bollack ins Erzählen kommt, wird der Abend lang. In den letzten 50 Jahren hat er viel erlebt. Partys mit Formel-1-Fahrern in den 80ern im legendären "Dorian Gray" in Frankfurt, lange Nächte im "Climax" und im "Hard Rock Café" in der Heidelberger Hauptstraße, im "Medoc" am Bismarckplatz oder dem "Miljöö" in Mannheim, die er gründete. Seine Zeit in der Gastronomie begann 1970 mit der Eröffnung des "La boite" in Mannheim. In den Jahren danach folgten die unterschiedlichsten Locations in der Region - vom Live-Club über Restaurants bis hin zu einer Burg. 1987 eröffnete er das "Ziegler" am Anfang der Bergheimer Straße, das er noch heute betreibt. Das Lokal mit Club feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen - und blickt in eine ungewisse Zukunft.

Denn 2019 ist wahrscheinlich Schluss. Grund ist der neue Besitzer des Gebäudes, das Georg Friedrich Ziegler 1901 als Mietshaus und Schankwirtschaft für seine Brauerei errichten ließ. "Mein Mietvertrag läuft in zwei Jahren aus, und wir wissen nicht, ob es dann weitergeht. Es gibt momentan keine Kommunikation mit dem Besitzer", sagt Bollack. Dabei hängt sein Herz an dem Laden, den er vor über drei Jahrzehnten mit seinen Geschäftspartnern Michael Presinger und Gert Schüler eröffnete. Damals gehörte das Gebäude der "Schlossquell"-Brauerei, die Kneipe im Erdgeschoss stand leer. "Das Haus war heruntergekommen, aber wir haben viel investiert und dafür eine vernünftige Miete gezahlt", berichtet Bollack. Vieles hat sich seitdem verändert - aber auch mehrfache Umbauten haben den Charakter von damals erhalten.

Gleich ist auch immer noch das Motto des "Ziegler": Essen, Trinken, Tanzen. Vorne das Restaurant, hinten die Veranstaltungsfläche mit DJ, Live-Musik, Comedy-Veranstaltungen, politischen Diskussionsrunden oder auch Ausstellungen. Das hat von Anfang an funktioniert. "Es war immer voll, sieben Tage die Woche. Sogar die Grün-Alternativen kamen vorbei, und manch einer hatte sein Strickzeug dabei", erinnert sich der 69-Jährige. Im Laufe der Zeit haben viele Größen der Musikszene im "Ziegler" vorbeigeschaut - als Gäste oder, um selbst aufzutreten: Wolfgang Niedecken von BAP, der Jazz-Pianist Bill Evans, Frontmann Fish von Marillion, Rapper Torch mit Jan Delay und Marteria, der Jazz-Musiker Roy Ayers, die Söhne Mannheims, Nino de Angelo und viele mehr gestalteten das Programm in den letzten 30 Jahren mit. Auch "The Wright Thing" spielten viele Jahre im "Ziegler".

"Die 90er Jahre waren eine fabelhafte Zeit - immer voll und nie Ärger. Die Leute wollten einfach nur Spaß haben." Freunde wie den Rennfahrer Keke Rosberg - Vater des aktuellen Weltmeisters Nico - traf man regelmäßig bei Bollack, auch Waldhof-Präsident Wilfried Gaul schaute vorbei. "Damals waren alle noch entspannter, weniger getrieben - und sieben Tage die Woche unterwegs", sagt Bollack - und je mehr er von früher schwärmt, desto mehr wird klar, dass sich die Zeiten geändert haben, auch für das "Ziegler".

"Ab 2000 begann sich das Ausgehverhalten der Leute zu verändern. Heute reicht es, vier Tage die Woche zu öffnen - von Sonntag bis Dienstag ist in der Stadt nicht mehr viel los", sagt Bollack. Die Leute kämen inzwischen hauptsächlich zum Feiern, nur wenige wüssten noch, dass man im "Ziegler" auch essen kann.

Trotz der wechselhaften Zeiten gibt es im "Ziegler" doch einige Konstanten: Barchef Heiko Wiegand ist schon seit 24 Jahren dabei, Benjamin Zierock als "kultureller Berater" und Organisator seit 1999 - und bei der wöchentlichen Salsa-Party legt seit 19 Jahren derselbe DJ auf. "Wir sind eine Familie", dieser Satz passt in diesem Zusammenhang wirklich und klingt überhaupt nicht abgeschmackt.

Trotzdem: Die Regeln im "Ziegler" macht der Chef. Und er setzt sie durch. "Wer pöbelt, fliegt raus", das ist so eine dieser Regeln. Und wer vor der Tür schon Ärger macht, betrunken ist oder unangenehm auffällt, kommt nicht rein. Für seine Türsteher wiederum gilt: "Wer prügelt, fliegt raus." Das beschert dem "Ziegler" seit Jahren eine hohe "Qualität" beim Publikum, wie Bollack es ausdrückt. "Es spricht sich rum, dass man sich hier benehmen muss. Und wenn ein Handy gefunden wird, wird es abgegeben und nicht eingesteckt."

Ob er in zwei Jahren zumachen wird, weiß er nicht - vorher jedenfalls nicht: "Ich kann gar nicht aufhören." Aber nach dem "Ziegler" noch einmal etwas Neues aufziehen? Eher nicht. Dann genießt Bollack lieber die freie Zeit. Während des Gesprächs mit der RNZ begrüßt er ständig Bekannte - und hin und wieder auch die Kinder der Stammgäste von früher.

Info: Am Samstag, 30. Juni, steigt im "Ziegler" die zweite Motto-Party zum 30. Geburtstag. Dieses Mal geht die Zeitreise in die 1990er Jahre.

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