Dossenheim

Ärger um weiteres Studentenwohnheim

Für das Projekt in der Dossenheimer Hauptstraße soll der Bebauungsplan angepasst werden. Anwohner wenden sich mit einer Petition dagegen.

09.12.2024 UPDATE: 09.12.2024 04:00 Uhr 3 Minuten, 4 Sekunden
In der Hauptstraße könnte ein weiteres Studentenwohnheim entstehen. Foto: Miltner

Von Benjamin Miltner

Dossenheim. Schlafstätte für das Neuenheimer Feld wird Dossenheim immer mal wieder scherzhaft genannt – wegen der vielen Studenten und Mitarbeiter der Uni Heidelberg, die in der Bergstraßengemeinde leben. Dossenheim verfügt aktuell über zwei Studentenwohnheime – und möglicherweise entsteht bald ein drittes mitten im Ortskern.

Platz für 22 Studenten in zweiter Reihe, dazu ein Mehrfamilienhaus mit acht Wohneinheiten direkt an der Hauptstraße: Über dieses Vorhaben berät der Gemeinderat am morgigen Dienstag um 18 Uhr im Rathaus. Der Technische Ausschuss hat die Änderung des Bebauungsplans empfohlen mit dem Ziel, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für das Vorhaben zu schaffen. Doch es gibt Widerstand.

> Das Bauvorhaben und seine Ausmaße: Konkret geht es um die Hauptstraße 13 und 15. In erster Reihe ist ein dreigeschossiges Gebäude mit 19,50 Meter Breite und 10,50 Meter Tiefe geplant, in zweiter Reihe ebenso ein dreigeschossiges Bauwerk mit 22 Meter Breite und 10,50 Meter Tiefe.

Im Mehrfamilienhaus vorne ist ein versetztes Satteldach bei knapp 13 Meter First- und 11,50 Meter Traufhöhe geplant, beim Studentenwohnheim hinten ein Pultdach bei knapp 12,50 Meter First- und 11,00 Meter Traufhöhe. Seit Juli 2023 beschäftigt sich der Technische Ausschuss mit dem Projekt, insgesamt in bereits sechs Sitzungen.

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Im Juni 2024 wurde ein Bauantrag für ein Studierendenwohnheim in der Hauptstraße 15 in zwei Gebäuden mit insgesamt 16 Wohneinheiten gestellt – und abgelehnt. Die Pläne sahen deutliche Überschreitungen des Baufensters, der Geschossflächenzahl und Traufhöhe vor, zudem ein nicht vorgesehenes Mansarddach.

"Die geplante Bebauung weicht von den Vorgaben in einem nicht mehr vertretbaren Maß ab und widerspricht den Grundzügen der Planung", hieß es dazu. Aber auch: "Zur Realisierung ist die Verwaltung gerade in der Überarbeitung des Bebauungsplans, um die gewünschte Bebauung zu ermöglichen."

> Der Bebauungsplan und seine Grenzen: Der Bebauungsplan "Hauptstraße, Reigart, Kronenburger Hof" stammt aus dem Jahr 1978 und erlaubt bis zu drei Vollgeschosse bis maximal neun Meter Traufhöhe, für die betreffenden Grundstücke maximal zwei Geschosse.

Werte, die das geplante Bauprojekt deutlich übersteigt. "Aufgrund der bisherigen Entwicklung und der zuletzt zustimmenden Rückmeldung zur Neugestaltung, wäre der nächste Schritt die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen", heißt es nun in der Sitzungsvorlage.

> Der Bauträger und seine Pläne: Die Orani Group, die in Dossenheim bereits mehrere Bauprojekte umgesetzt hat, ist hier bereits seit drei Jahren im Austausch mit der Gemeinde. "Dossenheim braucht Wohnfläche. Bauland gibt es nicht, daher ist Nachverdichten die beste Option", sagt Geschäftsführer Ramadan Orani.

Die geplante Bebauung wäre eine Bereicherung für die ganze Gemeinde, findet er. Der Bestand sei nicht mehr wirtschaftlich renovierbar, wie Begehungen mit Architekten und Statikern ergaben. Die geplanten Gebäude würden nicht höher werden als Häuser in der Nachbarschaft, der Hof werde aufgelockert und mit einer Moosfassade will man eine Neuheit in Baden-Württemberg präsentieren, berichtet Orani weiter.

> Die Anwohner und ihre Petition: "Wachstum mit Maß – Ortsbild und Wohnqualität dürfen nicht verloren gehen!" So ist eine Petition überschrieben, die sich gegen das Bauvorhaben richtet. Sie wurde von Anwohnern initiiert, liegt in örtlichen Läden aus und hat in einer Woche 130 Unterschriften erhalten. Gegen die geplante Änderung des Bebauungsplans werden "ernsthafte Bedenken" erhoben, da sie "weitreichende Auswirkungen auf die Architektur, das Ortsbild und das Leben" mitbringe.

An die Gemeinderäte wird appelliert, von einer Umsetzung abzusehen. Neben der Veränderung des historischen Ortsbilds werden höhere Bebauungsdichte und Lärmbelastung für Anwohner, Verkehrsbelastung und Infrastruktur sowie Zunahme der Versiegelung und Verlust von Grünflächen als Gründe aufgeführt.

Die Petenten fordern, die bestehenden Regelungen im Bebauungsplan zu bewahren, Neubauten im Einklang mit der traditionellen Architektur und der örtlichen Gegebenheiten sowie Berücksichtigung der ökologischen und sozialen Auswirkungen auf die Anwohner.

> Die Gemeinde und der weitere Prozess: "Das Projekt entspricht ganz generell den städtebaulichen Zielen der Gemeinde und damit den vom Gemeinderat festgelegten Zielen", heißt es auf Nachfrage aus dem Rathaus. Wohnraum werde in Dossenheim dringend benötigt und auch immer wieder gefordert.

Die Verwaltung verweist zudem auf den südlich und östlich angrenzenden Bebauungsplan "Alter Ortskern", der 2023 verändert wurde und nun "von Höhe und Geschossigkeit die gleichen Dimensionen" zulasse, sodass es beim anstehenden Änderungsverfahren zu "einer Anpassung an die nähere Umgebung käme."

In der morgigen Gemeinderatssitzung steht mit dem Aufstellungsbeschluss "lediglich eine Willenserklärung" an, etwas planerisch verändern zu wollen. "Der dem Gremium nun vorliegende Projektentwurf leitet einen Prozess ein, muss aber nicht das Endergebnis sein." Das Bauvorhaben wurde bereits in vielen öffentlichen Sitzungen vorgestellt und beraten, unter anderem über Stellplätze und Dachform. "Es entsteht keine Grenzbebauung, wo vorher keine war", heißt es weiter.

Bürgermeister David Faulhaber betont indes die "klare Aufgabe des Gemeinderates, Wohnraum zu schaffen und hierbei mit wenigen Ausnahmen entlang des Gassenweges keine neuen Flächen zu versiegeln". Anwohner können sich im anstehenden Verfahren "ganz formell einbringen oder – wie kürzlich geschehen – bei einem Termin vor Ort auf die Situation hinweisen", so der Rathauschef. Auch der Bauträger gibt sich zu "jederzeit offen" für Gespräche mit den Anwohnern.

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