Die Mathaisemarkt-Bilanz sieht noch Luft nach oben
Bei der Diskussionsrunde der Bürger wurde eine eher positive Bilanz gezogen. Die "Baustellen" bleiben das Gewerbezelt und die Krönungsveranstaltung der Weinhoheiten.

Von Micha Hörnle
Schriesheim. Der Mathaisemarkt ist seit zweieinhalb Wochen Geschichte – und wie bereits im letzten Jahr setzte sich die Initiative Schriesheimer Bürger (ISB) mit rund 20 Interessierten zusammen, um Bilanz zu ziehen. Alles in allem, so fand die Runde, war es ein gelungenes Fest – wenn auch mit Verbesserungsbedarf.
> Der neue Zeltwirt: Stephan Finke erhielt fast durchgängig Lob. Jürgen Opfermann (ISB), als ehemaliger Wirt vom Fach, meinte: "Das Zelt ist mir positiv aufgefallen: Beim Service waren die Bedienungen auf zack, das Essen war für ein Festzelt hervorragend." Inge Boetsch fiel auf, dass es "angenehm warm" war. Überhaupt sei alles "sauber und ordentlich gewesen", so Boetsch. Anwohner Stephan Schmitt lobte per E-Mail, dass "die Musik immer pünktlich aus" war.
Die Lärmbelästigung für die Anwohner habe sich eher in Grenzen gehalten. Das sah auch Boetsch so: "Das war der erste Mathaisemarkt, bei dem man nicht das Gefühl hatte, dass die Band im eigenen Wohnzimmer spielt." Stephan Schmitt fragte sich, wo das alte Banner über der Bühne mit der Aufschrift "Freund, isch bin vun Schriese" geblieben sei, aber das sei wohl kaputt und werde im Rathauskeller gelagert, erklärte Liselore Breitenreicher (ISB).

Beim Musikprogramm gab es eher gemischte Meinungen: Kerstin Wenthe fand den Dienstagabend "zu diskolastig"; immerhin erkannte Hilmar Frey (ISB) bei der Radio-Regenbogen-Party "eine Mega-Steigerung im Vergleich zur Mallorca-Party". Stephan Schmitt fände an diesem Abend generell eine Band besser als einen DJ.
Immer noch bleibe der Montagabend im Festzelt das Problemkind, aber Frey ist sich sicher: "Daraus kann doch noch etwas Gutes werden. Die Vereine müssten sich nur zusammensetzen." Generell seien die Veranstaltungen im Zelt "durchweg gut besucht", auch und gerade die Boxmatinee.
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> Das Gewerbezelt: Natürlich waren die Lücken unter den Ausstellern das große Thema der Runde. "Den BDS-Teil könnte man einstampfen, das war einfach nur gruselig", fand Opfermann. Die Gastronomie im hinteren Teil fand da mehr Anklang, eigentlich sollte man die eher noch ausbauen – zumal das hier der einzige Ort ist, wo man sich ohne Musikbeschallung bei einem Glas Wein treffen kann.
Frey machte den Vorschlag, hier gerade den Jungwinzern mehr Platz einzuräumen. Könnte man aus dem Gewerbezelt nicht ein "Schriesheimer Zelt" machen, wie Opfermann vorschlug? "Das wollten wir schon mal, aber es hieß damals, dafür gebe es keinen Platz." Bernd Doll (ISB) kritisierte nicht nur das Gewerbezelt, sondern auch die Mittelstandskundgebung des BDS: "Das Niveau ist schon diskussionswürdig."
> Die Straußwirtschaften: Opfermann fiel auf, dass es "wenig Angebote für Normalbürger" gebe. Man könne nirgendwo spontan hingehen, überall gibt es lange Schlangen. Schmitt hingegen ärgert sich über den Eintritt bei Majers Weinscheuer, der seit letztem Jahr erhoben wird. Das sei "eine Frechheit". Denn traditionell gebe es keinen Eintritt während des Mathaisemarkts.
> Die Krönung: Mit am längsten wurde über die Zeremonie diskutiert. Einig war sich die Runde, dass die Akustik miserabel war. Schmidt forderte "deutliche Zielvorgaben" für das nächste Jahr – und schlug eine "gleichmäßige Rundumbeschallung" vor, und sei es durch Seitenlautsprecher. Wobei ein bisschen unklar blieb, ob nun die Akustik zur Unruhe im Zelt führte oder eher ein in Teilen desinteressiertes (und meist jüngeres) Publikum.
Marc Wenthe glaubt, dass die Geräuschkulisse auf die zu leistungsschwachen Lautsprecher zurückzuführen ist: "Das Zelt wird dann unruhig, wenn man nichts versteht." Frey plädierte hingegen für einen "minimalen Eintritt" fürs Zelt, damit nur diejenigen kommen, die an der Krönung interessiert sind. Breitenreicher fand den Zehntkeller als Krönungsort passender, da würdevoller. Dann könnten ja die Weinhoheiten ja noch von dort kurz ins Festzelt ziehen: "Das war früher auch so." Doll widersprach: "Das gibt im Zehntkeller eine elitäre Angelegenheit. Die Weinhoheiten gehören dem Volk."
Aber egal wie: Die Krönung muss zeitlich gestrafft werden, zwei Stunden sind einfach zu lang. Boetsch fiel noch etwas ganz anderes auf: Die Weinhoheiten sollten niemals Stiefel oder Turnschuhe tragen, das sei mit dem Brauchtum nicht vereinbar.
> Das Feuerwerk: Jutta Höfer fragte sich: "Wieso gibt es nicht so etwas mit LED-Technik?". Breitenreicher wusste die Antwort: "Das kostet das Dreifache." Zumal, so berichtete Opfermann, die Pyrotechnik an der Strahlenburg doch schon etlichen Müll hinterlässt. Auch Volker Kammlodt (ISB) meinte: "Welchen Sinn ergibt heute noch so ein Feuerwerk? Man sollte mal drüber nachdenken!". Und auch Frey ist sich nicht sicher, ob das noch zeitgemäß ist.
> Der Lärm nach dem Festzug: Ralf Strietzel beklagte, wie schon gegenüber der RNZ, dass die Lautstärke mancher Wagen unerträglich gewesen sei. Schon seit 2016 wendet er sich regelmäßig ans Rathaus. In diesem Jahr war es nach dem Ende des Festzugs besonders schlimm. Manche Wagen standen noch eine Stunde an der Passein – wo er wohnt – und beschallten die ganze Gegend.
Unangenehm fielen ihm der Push-Verein, die Landjugend und die Neckarhäuser auf. Seine Frau Karin berichtete sogar, dass sich die sichtlich angetrunkenen Teilnehmer der Landjugend noch geprügelt hätten. Positiv fielen ihnen die Sportschützen auf, die die Lautsprecher gedrosselt hatten.
Bianca Sommerfeld (ISB) kennt den Lärm beim Umzug, letztes Jahr lief sie mit dem Verein der Hundefreunde direkt hinter den Sportschützen: "Das war für uns unerträglich, sodass wir dieses Jahr auf die Teilnahme verzichtet haben. Ich bin nach den Beschwerden des letzten Jahres extrem verwundert, dass wieder Wagen dabei waren, die lärmmäßig so überzogen haben."
Und sie versteht auch nicht, dass offenbar niemand mit den Wagenverantwortlichen gesprochen habe, wenn es zu laut sei. Kerstin Wenthe, die früher oft beim Festzug mitgemacht hat, kann nicht verstehen, dass nach dem Ende die Wagen nicht heimfahren: "Wenn wir in der Passein angekommen sind, war immer Feierabend." Thilo Sommerfeld (ISB) ist zudem "die Sauferei auf den Wagen" aufgefallen, Jens Strietzel bestätigt das: "Die Landjugend kam schon voll an."
Hilmar Frey (ISB) fand, dass der Festzug "immer mehr zur Love Parade verkommt", die Lautstärke auf den einzelnen Wagen – auf denen vor allem junge Leute mitfahren – schaukle sich immer mehr hoch; zeitweise hätten auch die Moderatoren in der Bismarckstraße und am Alten Rathaus ihr eigenes Wort nicht mehr verstanden.
Deswegen forderte er eindeutig definierte Ansprechpartner bei den Zugteilnehmern: "Es braucht einen Verantwortlichen pro Zugnummer." Auch Kammlodt fand "diese Lärmproduktion nicht mehr schön. Es braucht eine klare Linie". Liselore Breitenreicher (ISB) versprach: "Ich nehme das mit in die nächste Sitzung des Mathaisemarkt-Komitees."
> Sicherheit: Auch hier viele lobende Worte. Opfermann fiel die "große Polizeipräsenz" auf, Frey das effektive RNV-Interventionsteam in der Zehntgrafenstraße; alles in allem sei es, so Opfermann, "relativ ruhig gewesen mit wenigen Krakeelern und Flaschenschmeißern."
> Die Bilanz: "Ein gelungener Mathaisemarkt", fand Opfermann. Und Doll erinnerte daran, dass man "vor noch nicht allzu langer Zeit diskutiert hat, dass der Mathaisemarkt auf dem absteigenden Ast ist. Das Gesamtbild für dieses Jahr ist nicht schlecht. Viel hat sich zum Positiven gewendet, aber man muss noch an vielen Stellschrauben drehen".




