Kita muss wohl ganze Gruppe schließen
Die Personalnot in der Tischbeinstraße in Handschuhsheim ist eskaliert. Eltern sagen, das Problem wurde zu lange ignoriert.

Von Sarah Hinney
Heidelberg. Vor wenigen Tagen hat sich die Betreuungssituation in der Kita Karolingerweg in Wieblingen wieder entspannt, wochenlang konnten die Kinder nur im Wechsel kommen. Für die Eltern war das eine untragbare Situation. Ähnlich untragbar ist die Situation in der Kindertagesstätte Tischbeinstraße in Handschuhsheim. Auch hier fehlt es massiv an Personal, seit Wochen findet häufig nur eine Notbetreuung statt.
In der Einrichtung werden normalerweise 50 Kinder betreut, 40 Kindergartenkinder in zwei Gruppen sowie zehn Krippenkinder unter drei Jahren in einer weiteren Gruppe. Die Personalsituation ist jetzt so eskaliert, dass die Krippengruppe Ende Februar voraussichtlich geschlossen wird.
Kinder, die sich gerade erst eingewöhnt haben, müssen dann teils in andere Einrichtungen wechseln. Bis zur Schließung werden die Kleinkinder außerdem nur an vier statt an fünf Tagen betreut.
Eltern wandten sich in ihrer Verzweiflung bereits von einiger Zeit an die RNZ, wollten aber zunächst Gespräche mit der Trägerin, die Evangelische Kirche, und der Verwaltung abwarten – verbunden mit der Hoffnung, dass doch noch eine Lösung für ein Problem gefunden wird, dass sich aus ihrer Sicht über Monate anbahnte. Wie Eltern der RNZ berichteten, ist eine der Kindergartengruppen bereits im September ohne Erzieherinnen gestartet, der Personalengpass sei also schon vor dem Sommer bekannt gewesen.
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Dass zu diesem Zeitpunkt noch neue Kinder in die Einrichtung aufgenommen wurden, ist für die Eltern unverständlich. Den Betreuungskräften machen sie keinen Vorwurf, sie hätten ihr Bestes gegeben. Kirche und Verwaltung werfen sie aber vor, die Probleme viel zu lange ignoriert zu haben. So lange, dass schließlich auch die Leiterin des Kindergartens kündigte.
Eine Sprecherin der Kirche weist die Vorwürfe zurück. Die Personalsituation in der Kita sei im Sommer zwar angespannt, aber noch ausreichend stabil gewesen, um aus damaliger Perspektive eine verlässliche Betreuung anbieten zu können. "Die personelle Situation habe sich im Laufe des Kindergartenjahres durch hohen Krankenstand und eine Kündigung derart zugespitzt, dass nun neue Lösungen gefunden werden müssen, die alle Beteiligten mittragen können", heißt es weiter.
Der RNZ liegen auch Schreiben der Trägerin aus den vergangenen Wochen vor, die sich an die Eltern richten. In einem heißt es wörtlich, dass "der Personalmarkt ausgeschöpft" sei. Im jüngsten Brief steht allerdings, dass im Januar Bewerbungsgespräche stattfinden würden, um eine geeignete Fachkraft zu finden, und weiter: "Sollte uns dies gelingen, werden wir alles daransetzen, die Krippengruppe über den Kündigungstermin hinaus aufrechtzuerhalten."
Es bleibt die Frage, warum nicht frühzeitig reagiert wurde. Die Stadt gibt darauf seit Monaten ein und dieselbe Antwort. So heißt es auch diesmal verkürzt: "Seit dem Frühjahr 2023 arbeitet das Kinder- und Jugendamt gemeinsam mit allen 46 Trägern von Kindertageseinrichtungen in Heidelberg an einer gemeinsamen Strategie, um neue Fachkräfte für Kitas zu gewinnen und langfristig zu binden."
Theoretisch haben alle Eltern, deren Kind ein Jahr alt wird, einen Anspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz. In einem Interview, das die RNZ mit Sozialbürgermeisterin Stefanie Jansen im März führte, war das bereits Thema. Die RNZ fragte damals, ob Heidelberg diesen Anspruch auf Betreuung in Zukunft wird halten können. Jansens Antwort: "Wir müssen."
Dabei bleibt die Sozialbürgermeisterin: "Es ist unser erklärtes Ziel, den Rechtsanspruch auf Betreuung zu halten. Davon rücken wir auch nicht ab", erklärte sie jetzt. Die Realität für Eltern ist eine andere. Jansen betonte damals auch, dass es ihr ein besonders Anliegen sei, die Qualität in den Kitas zu halten, Gruppen also nicht zu vergrößern. "Wenn wir es gemeinsam schaffen, die Qualität zu halten, können wir damit auch Fachkräfte sichern", zeigte sie sich überzeugt. In der Kita Tischbeinstraße hat weder das eine noch das andere funktioniert.
Die Kirche weiß, wie groß die Belastung für das Personal ist. "Dass permanent überlastete Erzieherinnen einen dauerhaft hohen Krankenstand aufweisen, ist zu unserem großen Bedauern die Konsequenz aus der derzeitigen Personalmisere." Und weiter: Die Situation sei eine Entwicklung, die auf politischer Ebene angegangen und gelöst werden müsse.