Chinesen stecken Millionen in Hüller Hille
Das Traditionsunternehmen gründet ein Joint Venture mit der börsennotierten Tongyi AG. Es geht dabei um mehrere Millionen Euro.

Von Caspar Oesterreich
Diedesheim. Corona-Pandemie, Lieferengpässen, Energiekrise und Inflation zum Trotz: Bei Hüller Hille stehen die Zeichen auf Wachstum. Seit der Übernahme des damals schwer angeschlagenen Betriebs durch die chinesische Unternehmensgruppe "Visionmax" gehe es aufwärts an der Diedesheimer Steige, berichtet Geschäftsführer Li Meng im Gespräch mit der RNZ. In den vergangenen vier Jahren habe man zahlreiche neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt. Doch gerade weil die Nachfrage nach den Werkzeugmaschinen aus dem Odenwald mittlerweile wieder recht hoch sei, fehle es Hüller Hille nun an Geld.
Mehr als 35 Millionen Euro ließ sich Visionmax vor vier Jahren die Übernahme des 1947 als Maschinenfabrik Diedesheim (MFD) gegründeten Traditionsunternehmens kosten und pumpt seitdem jährlich rund eine Million Euro in die Produktentwicklung. Exakt ein Jahr, nachdem man sich mit dem Insolvenzverwalter darauf geeinigt hatte, die damalige Zuse Hüller-Hille Werkzeugmaschinen GmbH aus der Insolvenz zu lösen und in die neue Hüller Hille GmbH zu überführen, wurde im Juni 2020 mit Rolf Schmidt ein erfahrener Geschäftsführer eingestellt.
Die Sanierungsphase habe er gut gemeistert, die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt und das Vertrauen der Kunden zurückgewonnen, lobt Li Meng seinen Vorgänger. "Wir schätzen die Arbeit von Herrn Schmidt sehr, seine Fähigkeiten und seine große Erfahrung, weshalb er bis Mitte 2024 auch noch als Berater für uns tätig sein wird."
Gemeinsam mit Bingcheng Zhang, Mitgründer und Vorsitzender von Visionmax und ebenfalls Geschäftsführer in Diedesheim, arbeitet Li Meng gerade daran, weitere Investoren für Hüller Hille zu finden. "Wir wollen noch größer werden, weiter wachsen", sagt Li Meng. Gerade erst haben er und Bingcheng Zhang einen strategischen Rahmenvertrag mit der Tongyi AG unterzeichnet.
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Gemeinsam mit Hüller Hille will der börsennotierte chinesische Maschinenbauer ein Joint Venture gründen und zunächst mehrere Millionen Euro in die Unternehmung stecken. "Es könnte mit der Zeit auch noch mehr Geld werden, je nachdem, wie die Geschäfte laufen", sagt Hongsheng Ma, Finanzchef bei Hüller Hille.
Das Ziel der Kooperation: "Operatives Kapital für die Produktion in Diedesheim bereitzustellen", erklärt Li Meng. Vom Auftragseingang bis zur Fertigstellung einer Werkzeugmaschine dauere es in der Regel neun bis zwölf Monate. Vier Wochen nach Auslieferung erfolge dann die Endabnahme beim Kunden. Bis die Rechnung schließlich bezahlt werden muss, vergehen weitere 90 Tage.
"Hüller Hille muss also mehr als ein Jahr lang in Vorleistung gehen, bis die Ausgaben für Material und Gehälter gedeckt sind", so Li Meng. Durchaus ein Dilemma: "Wir mussten schon einen größeren Auftrag sausen lassen, weil uns das operative Kapital gefehlt hat", sagt Hongsheng Ma.
In Zukunft soll das nicht mehr passieren. Sobald die Gründung des Joint Ventures abgeschlossen ist – der Eintrag ins Handelsregister ist noch nicht erfolgt, Notartermine stehen noch an –, stellt das Gemeinschaftsunternehmen gegen eine geringe Gebühr das nötige Geld zur Verfügung. "Das ist eigentlich wie bei einer Bank", sagt Li Meng.
Und warum dann der Umweg über eine neue Unternehmensgründung? Weil sich die Kreditaufnahme bei Sparkassen, Volks-, oder Commerzbanken aufgrund der bewegten Historie von Hüller Hille recht schwierig gestalte, trotz Anzahlungen der Kunden und Ausführungsbürgschaften, erklärt der Geschäftsführer. Die Tongyi AG als Geldgeber profitiere einerseits von der Gebühr, vor allem aber bedeute das Joint Venture in Deutschland für den chinesischen Konzern eine Aufwertung. Mit der Bekanntgabe der Kooperation stieg der Börsenkurs um rund fünf Prozent.
Auch für Hüller Hille selbst geht es in Fernost voran. Das Werk in Qingdao ist aufgebaut, die Produktionsanlagen sollen bis Mitte kommenden Jahres stehen. Zunächst werde man von dort dem Diedesheimer Betrieb zuarbeiten, um Lieferengpässen entgegenzuwirken, erklärt Hongsheng Ma den Plan. "Die eigentliche Produktion für den asiatischen Markt wird in Qingdao sukzessive hochgefahren." Während an der Steige weiterhin die leistungsstarken High-End-Maschinen gefertigt werden sollen, werde man im chinesischen Werk die erschwinglicheren und kleineren Werkzeugmaschinen produzieren.




