Der Blick geht nach vorn
Der OB und Wirtschaftsförderer informierten sich beim Traditionsunternehmen - auch über die Einigung im Insolvenzverfahren mit der Zuse Holding.

Mosbach-Diedesheim. (cao/pm) Einblicke in die jüngsten Entwicklungen des Traditionsunternehmens haben sich Oberbürgermeister Michael Jann und Wirtschaftsförderer Fabian Weiß bei einem Besuch des Diedesheimer Werkzeugmaschinenbauers Hüller Hille vermitteln lassen. Geschäftsführer Rolf Schmidt und Carmen Bender, Referentin der Geschäftsführung, schilderten die aktuelle Situation – und die wichtigsten Zukunftsthemen bei Hüller Hille.
Das Unternehmen, das in diesem Jahr das Jubiläum zu seinem 75-jährigen Bestehen feiert, hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Seit Gründung der Maschinenfabrik Diedesheim 1947 gab es bereits sieben Eigentümerwechsel. Zuletzt musste Zuse Hüller Hille im Frühjahr 2019 Insolvenz anmelden. Noch im selben Jahr wurde das Unternehmen vom chinesischen Investor Visionmax Asset Management übernommen und firmiert seitdem unter dem Firmennamen Hüller Hille. "Wir stehen auf soliden Beinen und blicken positiv in die Zukunft", erklärte Geschäftsführer Schmidt den Besuchern.
Die insolvente Zuse Holding ist momentan jedoch noch Eigentümerin des gesamten Firmengeländes, des Grundstücks und der Gebäude in Diedesheim. Erst vergangene Woche kam es zu einer Einigung zwischen dem ehemaligen Investor und Hüller Hille vor dem Amtsgericht Mannheim. Hüller Hille habe bereits vor dem Bekanntwerden des Konkurs’ der Holding Klage eingereicht, "weil die Zuse Holding nicht für die vertraglich vereinbarten notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen gesorgt hat", wie Bender auf RNZ-Anfrage erklärte. Vor Gericht habe man nun Mittel aus der Insolvenzmasse für die notwendigen Investitionsmaßnahmen erstritten. Um welche Summe es sich dabei handelte, ließ Hüller Hille offen. Ob der chinesische Investor Visionmax Asset Management bei der Zwangsversteigerung des Firmengeländes zuschlägt, bleibt abzuwarten.
Wenn chinesische Unternehmen in deutsche Firmen investieren, stehen schnell Bedenken im Raum, dass es dabei in erster Linie um einen Wissens- und Technologietransfer nach China geht. Dahingehenden Befürchtungen widersprach Geschäftsführer Rolf Schmidt jedoch gleich zu Beginn des Treffens mit der Mosbacher Verwaltungsspitze. "Am sich in Gründung befindlichen Standort in China wird zukünftig für den chinesischen Markt produziert", betonte er. "Die Entwicklung neuer Produkte findet nach wie vor am Standort Diedesheim statt." Aktuell sind dort 170 Mitarbeiter beschäftigt, davon 21 Auszubildende.
Die horizontalen Bearbeitungszentren – also Maschinen für die Komplettbearbeitung mit Drehen, Fräsen und Bohren – werden mit vier oder fünf Achsen hergestellt und kommen hauptsächlich im Maschinen-, Nutz- und Luftfahrzeugbau sowie der Antriebstechnik zum Einsatz. "In diesem Jahr wird eine neue Generation am Markt eingeführt, im Frühsommer und Herbst sind Messeauftritte in Shanghai und bei der AMB Stuttgart geplant", so Bender.
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Im Zuge der Neuausrichtung des Unternehmens haben nicht nur die Werkzeugmaschinen ein neues Design bekommen. Eine neue "Corporate Identity" mit moderner Wort- und Bildmarke mache den Neustart von Hüller Hille nach außen hin erkennbar, erklärten Schmidt und Bender ihren beiden Gästen. Neben neuen Produkten arbeite man auch an der Digitalisierung von Maschinen und Dienstleistungen im Rahmen von Industrie 4.0. Dafür hat der Zerspanungsspezialist eine regionale Kooperation mit dem Mosbacher Softwareunternehmen MPDV ins Leben gerufen.
Hüller Hille hat sich zum Ziel gesetzt, mittelfristig wieder zu einem der bedeutendsten Akteure im Premiumsegment der Werkzeugmaschinenhersteller zu werden. "Seit zwei Jahren arbeiten wir kontinuierlich daran, das Vertrauen bestehender und neuer Kunden zu festigen", so Schmidt. Coronabedingt wurde der Kundenkontakt in erster Linie digital gepflegt. "Das wichtige Service-Geschäft konnte dank der jüngst eingeführten Dienstleistung ,Smart Glasses’ auch international unter Pandemiebedingungen weitergeführt werden. Die neue Technologie ermöglicht Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen per Ferndiagnose."
Wie andere Unternehmen der Industrie kämpft auch Hüller Hille mit Materialmangel und Preiserhöhungen. Doch auch der Fachkräftemangel wird zunehmend zum Problem. Dieser Entwicklung will man mit der firmeninternen Ausbildung entgegenwirken, die seit jeher einen hohen Stellenwert in der Firma einnehme. "Es wird jedoch immer schwieriger, alle Ausbildungsplätze zu besetzen", so Carmen Bender. Deshalb hat das Unternehmen entschieden, bei der Suche nach Auszubildenden neue Wege einzuschlagen: Unter anderem werden die Azubis zu Ausbildungsbotschaftern qualifiziert, um Schülerinnen und Schülern von ihren eigenen Erfahrungen im Unternehmen zu berichten. Um die Perspektiven und Chancen einer beruflichen Ausbildung bei Hüller Hille unter Schülern insgesamt bekannter zu machen, strebt das Unternehmen aktive Partnerschaften mit Schulen in Mosbach an.
Beim anschließenden Rundgang in den Werkshallen zeigten sich OB Michael Jann und Wirtschaftsförderer Fabian Weiß vom neuen Prototyp des horizontalen Bearbeitungszentrums beeindruckt. Jann bedankte sich für die positiven Einblicke in die jüngsten Entwicklungen bei Hüller Hille und begrüßte die Idee des Unternehmens, aktive Schulpartnerschaften anzustreben. Wirtschaftsförderer Weiß sicherte die Unterstützung der Stadt bei der Umsetzung dieses Vorhabens zu.



