Kanzler Scholz redet Klartext bei Nahost-Krieg und Migration
Der Kanzler wählt härtere Worte. Lob von der Opposition wegen Nahost-Politik.

Von Thomas Vitzthum, RNZ Berlin
Berlin. Vor wenigen Tagen wurde Olaf Scholz von den Abgeordneten in der SPD-Fraktion gebeten, die Dinge doch in Zukunft klarer zu benennen. Die Fraktion hat auch nicht übersehen, dass die Kanzler-Partei in Umfragen nur noch bei 14 Prozent steht. Man will raus aus der Moderatorenrolle und forderte dazu auch den Kanzler auf. Am Donnerstag im Bundestag schien es, als habe sich Scholz den Wunsch zu Herzen genommen.
Eigentlich war eine Regierungserklärung nach der virtuellen Schalte des Europäischen Rats am Dienstag angesetzt. Doch ging Scholz darauf kaum ein. Er hatte daran von Tel Aviv aus teilgenommen. Er wurde vielmehr grundsätzlich. Bei zwei Themen: dem Krieg im Nahen Osten und der Migration nach Deutschland. Dass beides in einer Regierungserklärung zur Sprache kommt, ist auch ein Beleg dafür, dass Scholz mehr Klartext reden will.
Denn so muss der Zuhörer fast zwangsläufig einen Zusammenhang herstellen zwischen dem, was als Reaktion auf den Krieg in Israel und Gaza etwa auf den Straßen Berlins passiert und der Zuwanderung. Dass viele muslimische Zuwanderer antiisraelische und antijüdische Einstellungen aus ihren Herkunftsgesellschaften mitbringen, ist unbestritten. Scholz nannte diesen Zusammenhang zwar nicht beim Namen. Er machte durch die Schwerpunktsetzung in seiner Regierungserklärung aber doch deutlich, dass es ihn gibt.
"Es ist eine klare Kante gefragt. Antisemitismus ist in Deutschland fehl am Platz, und wir werden alles dafür tun, uns gegen ihn zu stellen", sagte Scholz. Dies gelte für alle Bürger ebenso wie die Politik. Hierin stimmten alle Redner überein. Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) sagte: "Wenn der Satz richtig ist – und er ist richtig – dass Judenhass und Zerstörungswut gegen Israel keinen Platz in unserem Land haben dürfen, dann ist jetzt ein hartes Durchgreifen der Polizei und der Justiz angezeigt." FDP-Fraktionschef Christian Dürr verlangte: "Wir müssen ins Handeln kommen. Bei Worten darf es nicht bleiben."
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Scholz hatte zuvor von seinen Reisen nach Israel und Ägypten in dieser Woche berichtet. In Ägypten hatte sich Scholz auch für humanitäre Hilfe für die Menschen in Gaza eingesetzt. Für diese Reisen wurde Scholz fast durchweg gelobt. Von Merz, über AfD-Chef Tino Chrupalla bis hin natürlich zu den Rednern der Ampel. Der Kanzler schien zufrieden. Zögerlichkeit, die ihm in der Ukraine-Politik von Anfang an vorgehalten wurde, muss er sich nun in der Nahost-Diplomatie nicht nachsagen lassen.
Wie schon auf seinen Reisen, so warnte Scholz in seiner Rede die Nachbarn Israels davor, in den Krieg einzutreten. "Es kommt darauf an, dass wir alles dafür tun, dass die Situation nicht weiter eskaliert. Es darf keinen Eintritt der Hisbollah oder des Irans in diesen Krieg geben. Das wäre ein schwerer Fehler."
Scholz sprach auch über die Begegnungen mit Angehörigen von durch die Hamas verschleppten Israelis. Sie haben ihn nach eigener Aussage "tief berührt". "Wir setzen uns für die Befreiung der Geiseln ein." Daran dürften keine Bedingungen geknüpft werden.
Dann kam Scholz nach einem Exkurs zur Ukraine, der weiter geholfen werden müsse, auf die geplanten Maßnahmen zur Reduzierung der illegalen Zuwanderung zu sprechen. Der Schutz der Grenzen werde verstärkt. Zudem brauche man eine Beschleunigung der Asylverfahren. Das wolle er mit den Ländern vereinbaren. Am 6. November treffen sich die Ministerpräsidenten mit Scholz.
Der Kanzler begrüßte es, falls die Länder statt Geldleistungen künftig eine einheitliche Bezahlkarte einführen wollen. Auch den Einsatz von Asylbewerbern für gemeinnützige Arbeit hieß er gut. Noch in diesem Jahr solle der Bundestag auch das Asylpaket verabschieden, das erleichterte Rückführungen vorsieht.
Zudem kündigte Scholz den möglichen Abschluss von mindestens sechs Migrationsabkommen mit Staaten an, die ihre Staatsangehörigen wieder zurücknehmen sollen, wenn sie im Gegenzug legale Migranten entsenden dürften. Daran, so der Kanzler, gebe es ein großes Interesse.