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Collegium Academicum offiziell eröffnet

Aus einem Traum wurde Wirklichkeit. 176 Personen leben in dem selbstverwalteten Wohnheim.

15.07.2023 UPDATE: 15.07.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 27 Sekunden
Viel gemeinschaftlichen Platz bieten die WGs. Bis es so weit war, dauerte es: Zwischen Idee und Fertigstellung lagen zehn Jahre. Foto: Philipp Rothe

Von Julia Schulte

Heidelberg. "Heute geht ein Traum in Erfüllung" – Lisa Müller-Haude wählte große Worte bei der offiziellen Eröffnung des Collegium Academicum (CA). Kein Wunder, denn der Weg hin zum selbstverwalteten Wohnheim war weit.

Am Freitagmittag wuseln dort Studierende herum, treffen letzte Vorbereitungen für die große Eröffnungsfeier und nehmen stolz ihre Eltern in Empfang. Was zwischen diesem Tag und der ersten Vision des studentischen Vorhabens lag, skizzierte Franziska Meier, die von Anfang an mit dabei und wie Müller-Haude Teil des CA-Teams ist.

Viele Studierende hatten zu der Eröffnungsfeier ihre Eltern eingeladen. Die nutzten die Gelegenheit und nahmen das Gebäude genau unter die Lupe. Die 46 Wohneinheiten sind über Außentreppen und -brücken miteinander verbunden. Foto: Philipp Rothe

Elf Studierende in einer Wohngemeinschaft in der Plöck entwickelten 2012 die Idee eines selbstverwaltenden Wohnheims. "Wir empfanden Heidelberg als sehr enge Stadt, wollten mehr Freiheiten", erinnert sich Meier. Ideen hatte die Gruppe viele – allerdings brauchte es eine Fläche. "Das war die größte Herausforderung", so Meier.

Doch schließlich wurden sie mit dem Areal des ehemaligen "US-Hospital" in Rohrbach fündig. Der Altbau dort wird aktuell noch saniert, das erste große Projekt war ein Neubau daneben – Kosten: 21 Millionen Euro.

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Das CA-Team konnte von vielen Förderungen, unter anderem vom Land und von der Stadt, profitieren. "Aber das Herzstück der Finanzierung waren die Direktkredite von Privatpersonen", unterstrich Müller-Haude.

Vier Millionen Euro machen diese inzwischen aus, sie kommen von 600 Direktkreditgebern. So kommen die CA’ler ohne große Investoren aus, die mitbestimmen wollen – und so steht heute in Heidelberg wieder ein selbstverwaltetes Wohnheim, fast 50 Jahre, nachdem das alte CA in der Seminarstraße schließen musste.

2019 der erste Spatenstich, ein Jahr später ging es dann richtig los mit dem Bau, im November 2020 begann der Hochbau. "Es war total aufregend für uns, als dann endlich die ersten Lkw kamen", erzählt Meier. Viel entstand in Eigenleistung, zahlreiche Ehrenamtliche ermöglichten das Projekt. Im März 2021 wurde Richtfest gefeiert, danach begann der Innenausbau. Und endlich, im Februar dieses Jahres, war es so weit: Einzug.

Heute bietet das Wohnheim Platz für 176 Studierende, Auszubildende und Promovierende; die Warmmiete liegt bei 345 Euro. Ein wesentlicher Aspekt des Projekts ist die Nachhaltigkeit: Das Gebäude ist ein Passivhaus, Photovoltaikanlagen befinden sich auf dem Dach, Demontage und Kreislaufwirtschaft wurden von Beginn an mitgedacht und auch "Genügsamkeit", wie Meier es nennt, spielt eine wichtige Rolle. So gebe es etwa die Möglichkeit, Kleidung, Lebensmittel und Werkzeuge zu teilen sowie Fahrräder zu reparieren. Und: Die Einrichtung der Räume ist bewusst schlicht gehalten.

Über Außentreppen und -brücken gelangt man zu den einzelnen WGs, 46 Wohneinheiten für drei beziehungsweise vier Personen gibt es insgesamt. Deren Eingänge liegen Richtung Innenhof, durch die hohen Glasfronten ist alles sehr offen. Bewohnerin Maria Dinh findet das aber nicht schlimm, "so können wir uns besser kennenlernen", sagte die 25-jährige Studentin.

Die einzelnen Zimmer sind dann wahlweise sieben oder 14 Quadratmeter groß – jeder Bewohner kann entscheiden, auf die Hälfte der persönlichen Fläche zu verzichten und sie der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Dafür hätten sich die meisten Bewohner entschieden, erzählte Bewohnerin Elisa Romeu – und so ist der ohnehin schon großzügige Gemeinschaftsbereich in den WGs extragroß.

Mit sieben Quadratmetern fallen die Zimmer dann zwar klein aus, aber dank angepasster Möbel bieten sie ausreichend Stauraum. "Es ist super schön, hier zu wohnen", findet Romeu. Eine Herausforderung aus ihrer Sicht ist das junge Alter der Bewohner: "Da gibt es noch nicht viel Erfahrung in Bezug auf selbst organisierte Gruppen." Denn in einem selbstverwalteten Wohnheim müsse man viel Eigenverantwortung zeigen, "da sind wir gerade noch im Prozess", so Romeu.

Mit der Einweihungsfeier ist das Projekt allerdings keinesfalls beendet. So muss zunächst bis Herbst die Sanierung des Altbaus abgeschlossen werden, in dem nochmal 80 Personen Platz finden werden.

Zudem soll es ein Orientierungsjahr geben: ein Bildungsprogramm, das jungen Menschen nach ihrer Schulzeit die Gelegenheit bietet, sich auszuprobieren, einzubringen und eigene Ideen umzusetzen. Und dann sind da noch die unfertige Dachterrasse, die Begrünung des Innenhofs sowie Veranstaltungen, die im CA ausgerichtet werden sollen – die Arbeit geht den Bewohnern wohl so schnell nicht aus.

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