"Es gibt auch für uns rote Linien"
BASF-Chef Martin Brudermüller verteidigt Engagement des Chemiekonzerns: Europa büße immer mehr an Attraktivität ein.

Ludwigshafen. (kla) Die BASF will – über das bereits verkündete Sparprogramm hinaus – prüfen, welche Produkte künftig in Europa noch produziert werden könnten. Das sagte der Vorstandsvorsitzende Martin Brudermüller (Foto: dpa) dem "Handelsblatt". Seiner Einschätzung nach muss sich die Chemiebranche in Europa auf Energiekosten einstellen, die langfristig gut drei mal so hoch sein werden wie in den USA. Zugleich wird dieser Industriezweig seiner Meinung nach durch die Regulierung im Rahmen des Green Deal der EU stark gebremst.
Europa verliere kontinuierlich an Attraktivität, so der BASF-Chef. "Es ist eine Illusion zu hoffen, mit Staatsgeld durch die Energiekrise zu kommen und dann in den alten Strukturen weiterzumachen", sagte er dem Blatt. Wichtig ist das aus Brudermüllers Sicht auch im Hinblick auf die Debatte über eine zu weit gehende Abhängigkeit von China.
Dort baut der weltgrößte Chemiekonzern derzeit ein zehn Milliarden Dollar teures Werk. An dieser Investition hält Brudermüller fest, wie er bereits im Oktober erklärte: "Wir kommen in der Summe zum Schluss, dass es vorteilhaft ist, unser Engagement dort auszubauen." Auch im "Handelsblatt" erklärte Brudermüller nun, er vertraue weiterhin auf China als attraktiven Wachstumsmarkt. Einen schärferen Kurs in der Handelspolitik hält er für falsch und warnte im Oktober vor einem "China-Bashing".
Kritik kam vom Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis: Der Chemiekonzern mache sich zum "Front- runner" für eine Fortsetzung der bisherigen China-Strategie.
"Es gibt auch für uns rote Linien, die sich an unserem Wertesystem und den Unternehmensgrundsätzen orientieren", sagte Brudermüller nun mit Blick auf politische Entwicklungen und Menschenrechtsfragen in China. "Sind die überschritten, dann geht es dort nicht weiter." Doch fehle ihm in der Diskussion die Ausgewogenheit. "Im Moment kommt es mir vor, als würde beim Thema China einseitig nur das Negative gesehen."
Gewerkschafter Vassiliadis hatte zudem davor gewarnt, "alles auf eine Karte zu setzen und die geopolitischen Risiken zu unterschätzen". Treibe der BASF-Chef "die Expansionspläne für China noch weiter an" und zeige für die Standorte in Europa keine strategische Perspektive auf, wäre das "nicht akzeptabel".
In Europa hat die BASF jüngst ein Sparprogramm aufgelegt. Die Kürzungen sollen die jährlichen Kosten um 500 Millionen Euro senken. Mehr als die Hälfte der Einsparungen soll in Ludwigshafen realisiert werden, wo BASF rund 39.000 seiner weltweit 111.000 Mitarbeiter hat.
Für den Vorstandsvorsitzenden sind Sparprogramme in Ludwigshafen und der Ausbau in Asien laut "Handelsblatt" kein Widerspruch: Es gehe darum, die Kostenstruktur in Europa so anzupassen, dass der Konzern langfristig wettbewerbsfähig sei. Sorgen vor einem Kahlschlag in Ludwigshafen bezeichnete der BASF-Chef allerdings als "absoluten Unsinn". "Ich bin überzeugt, dass wir die Herausforderungen erfolgreich und sozialverträglich meistern werden."