Gefrustete Hoffenheim-Fans

"Wenn das alles fehlt, macht dieser Sport keinen Spaß"

Die Fan-Szene der TSG Hoffenheim geht zwar kreativ mit der Veränderungen durch die Corona-Krise um, trotzdem macht sich stellenweise Frust breit.

03.06.2020 UPDATE: 04.06.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 4 Sekunden
Eine Szene aus besseren Zeiten. Archivfoto: Hans-Joachim Of

Sinsheim/Kraichgau. (of) "Weder schön noch zufriedenstellend" – so beschreibt Carsten Lindwurm, Leiter der Fanbetreuung und Fanbeauftragter der TSG Hoffenheim die aktuelle Situation mit den Geisterspielen der Bundesliga für die Fans. Der Fußball lebe von seinen Anhängern und den Emotionen. Eine Übertragung im Fernsehen könne das gemeinschaftliche Erlebnis am Wochenende nicht ersetzen. Man müsse angesichts der "nie dagewesenen Krise" nach Lösungen suchen, "um größeren, existenziellen Schaden von der Bundesliga abzuwenden", glaubt Lindwurm. Der Club könne das Dilemma aus Spielen ohne Zuschauer und damit verbundener Unzufriedenheit der Fan-Szene nachvollziehen. Als Fanbetreuung versuche man, mit der Corona-Krise "bestmöglich umzugehen und neue Wege zu beschreiten".

Bei einer Sitzung des Fanbeirats der TSG wurde gemeinsam mit der Clubführung eine Videokonferenz abgehalten. Zu Beginn der Pandemie hatte der Verein den Hilfefond "TSG hilft" zur Unterstützung von Amateurvereinen eingerichtet, Teile der Fan-Szene hatten in Zusammenarbeit mit der Fanbetreuung die Einkaufshilfsaktion "Fans helfen Fans" ins Leben gerufen. Weiter hat der Verein angeboten, bei Heimspielen Fanclub-Banner und Zaunfahnen in der Südkurve aufzuhängen. Auf der Gegengerade können Fanclubs und Anhänger Grußbotschaften auf einer aufgespannten Plane hinterlassen. Besonders erwähnenswert ist für Fanbetreuer Lindwurm ein Internet-Radio, bei dem Blindenreporter der TSG die Saison kommentieren. Dies hält Lindwurm für "eine coole Alternative" für alle, die kein Abonnement eines Bezahlsenders besitzen.

Hanna Gebhard aus Elztal leitet den Fanclub "Family & Friends" und ist zusammen mit ihren Mann Ewald, Kindern und Enkelkindern seit dem Bundesliga-Aufstieg Mitglied der TSG. Sie hat vom Internet-Radio und der Plakataktion gehört: Die über 50 "sehr aktiven Clubmitglieder", allesamt Dauerkarteninhaber, schauten mehrheitlich die Spiele im Fernsehen. Nachdem Abstandsregelungen gelockert wurden, tausche man sich über "WhatsApp" aus, "wo und bei wem wir unsere Mannschaft sehen können", sagt Gebhard. Sie sei, "wie alle im Fanclub", wenig begeistert, dass man den Spielbetrieb "unter den aktuellen Bedingungen" überhaupt wieder aufnahm.

"Auch mein privates Umfeld ist der gleichen Meinung: Schule, Kindergärten, überhaupt der soziale Aspekt, wäre weit wichtiger gewesen", betont die Frau, die in der Region auch als Trauerrednerin und "Kirchen-Hannerl" in der Region bekannt ist. "Natürlich wünschen wir uns alle, dass man sich wieder im Stadion treffen könnte. Es ist ein Elend, ein Trauerspiel". Das alles mache den Fußball kaputt.

Nicole Zuth aus Siegelsbach ist Vorsitzende des Fanclubs "1899 Globetrotters", dessen Mitglieder mit dem Bus zu allen Auswärtsspielen fahren. Seit der Einstellung des Spielbetriebs im März wurden per E-Mail Rundschreiben an die Mitglieder verschickt, in denen auf runde Geburtstage von Freunden und Bekannten sowie auf wichtige Mitteilungen der TSG auf deren Homepage hingewiesen wurde, heißt es bei den "Globetrotters". Hierbei ging es besonders um die Rückerstattung bereits geleisteter Zahlungen für Fahrkarten oder Ähnlichem. Zum 80. Geburtstag von Dietmar Hopp habe der Club ein Präsent zugestellt. Das Sommergrillfest oder die Jahreshauptversammlung wurden abgesagt.

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Manfred Graf, Unternehmer aus Bruchsal, ist seit "vielen, vielen Jahren" Dauergast in Sinsheim und sitzt mit Freunden auf der Haupttribüne. "Ich wäre ganz klar für einen Abbruch dieser Spielrunde gewesen, obwohl ich ohne Fußball fast nicht leben kann", lässt er wissen. "Zum Fußball gehören Emotionen, Tore, Jubel und Stimmung. Wenn das alles fehlt, macht dieser Sport keinen Spaß." Graf kann sich sogar vorstellen, dass die restliche Saison und der Re-Start nicht von langer Dauer sein werden. "Wenn irgendetwas Unvorhergesehenes passiert, ist Schluss."

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