"Wir sind kein Topteam im Moment"
Die TSG Hoffenheim kommt beim 1:1 in Stuttgart wieder einmal nicht über ein Remis hinaus und steckt im grauen Mittelfeld fest

Zu wenig für drei Punkte: Hoffenheims Andrej Kramaric lässt VfB-Keeper Ron-Robert Zieler keine Chance und schiebt aus kurzer Distanz zum zwischenzeitlichen 1:0 ein. Foto: APF
Von Nikolas Beck
Stuttgart. Es ist nicht immer ganz so leicht, nach einem Bundesligaspiel Gesprächspartner zu finden. Nach Reden war auch am Samstagnachmittag nicht jedem Hoffenheimer Profi zumute. Hängende Köpfe, versteinerte Mienen - der Frust über das wieder mal gar nicht so schlechte Spiel mit umso enttäuschenderem Ergebnis beim 1:1 in Stuttgart war Kevin Vogt und Co. deutlich anzumerken, als sie in der Mixed-Zone an den Journalisten vorbeihuschten. Diejenigen, die sich stellten, fanden dafür umso deutlichere Worte.
"Wir dürfen uns nicht in die eigene Tasche lügen", sagte Kerem Demirbay, wieder einmal einer der Besten im TSG-Trikot: "Wir sind kein Topteam im Moment." Beim Blick auf die Tabelle kann Hoffenheims Nummer zehn nicht widersprochen werden: Mit 38 Punkten aus 26 Spielen geht der diesjährige Champions-League-Teilnehmer auf Rang neun in die letzte Länderspielpause der Saison - grauer kann das Mittelfeld kaum sein.
"Runter kommen, den Kopf frei bekommen, aber auch selbstkritisch sein" sei nun angesagt, ehe es am Freitag in einer Woche im Heimspiel gegen Leverkusen (6./42 Punkte) vielleicht schon um die letzte Chance im Kampf um die Europapokalplätze geht. "Es ist noch möglich", sagte Demirbay, "aber es wird definitiv schwierig."
Dass es nicht leichter ist, liegt an zwei immer wiederkehrenden Mustern. "Erstens schaffen wir es nicht, ein zweites Tor nachzulegen", analysierte Stefan Posch, "zweitens gelingt es uns auch nicht, zu Null zu spielen." In Stuttgart vergaben die Kollegen des Verteidigers aus Österreich nach Kramarics Führung (42. Minute) reihenweise beste Chancen - und kassierten dann "wieder einmal ein Scheiß-Tor", ärgerte sich Posch über den Ausgleich von Steven Zuber (66.). Ein Gegentor, "das wir so schon ungefähr 15, 16 Mal dieses Jahr gekriegt haben", ergänzte "Hoffe"-Coach Julian Nagelsmann.
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Hintergrund
Einzelkritik
Baumann: Bewahrte die TSG früh vor einem Rückstand.
Posch: Auf dem Feld mit wenigen Wacklern, hinterher der Erste, der sich stellte.
Vogt: Formverbessert. Präsent in
Einzelkritik
Baumann: Bewahrte die TSG früh vor einem Rückstand.
Posch: Auf dem Feld mit wenigen Wacklern, hinterher der Erste, der sich stellte.
Vogt: Formverbessert. Präsent in Zweikämpfen und im Spielaufbau.
Bicakcic: An alter Wirkungsstätte erst besonders motiviert, dann besonders frustriert.
Kaderabek: Muss das 2:0 machen. Beim Ausgleich zu zaghaft gegen Zuber. War am Ende platt, wie Baumann berichtete.
Schulz: Unauffälliger als gewohnt.
Grillitsch: Defensiv aufmerksam, offensiv ohne Höhepunkte. Solide.
Demirbay: Starke Partie, der nur ein Torerfolg vergönnt blieb.
Kramaric: Mit seinem 46. Bundesligatreffer für die TSG, keiner hat mehr.
Belfodil: Note eins vor der Pause, ungenügender Auftritt nach dem Wechsel.
Joelinton: Einer seiner schwächeren Partien, wirkt überspielt.
Szalai: Übernahm für Joelinton, aber brachte keinen frischen Wind.
Nelson: Von Nagelsmann begnadigt und fünf Minuten vor Schluss für Schulz im Spiel.
Bittencourt: Übernahm ganz spät von Demirbay. nb
Es ist müßig, darüber zu spekulieren, ob nun das offensive oder das defensive Unvermögen Schuld daran ist, dass im Saisonverlauf bereits 25 Punkte nach einer Führung verspielt wurden. Nagelsmann hält von solchen Rechnungen - wonach die TSG sogar Tabellenführer sein könnte - ohnehin wenig. "Ich war in Mathe nicht gut. Ich kann viele Punkte dazu rechnen, aber wir haben sie halt nicht geholt", sprach der 31-Jährige von einer "völlig hirnrissigen Diskussion". Sonst könne man schließlich "nach einem 1:0 die Spiele abpfeifen und dann den Rest zusammen tanzen und La Paloma pfeifen." Außerdem sei dies den jeweiligen Kontrahenten gegenüber despektierlich, so Nagelsmann, "weil auch Gegner eine Qualität haben und Dinge zu Ende bringen können, auch wenn wir führen." Freilich würde man sich freuen, bei Führungen etwas stabiler zu sein, "aber das sind wir dieses Jahr nun mal nicht."
Einen simplen Vorschlag, wie man es in Zukunft besser machen könne, hatte Ermin Bicakcic: "Indem wir uns nicht ganz so dumm anstellen wie heute." Der ehemalige VfBler, der stets Rede und Antwort steht, appellierte an die Grundtugenden, die sein Team diesmal habe vermissen lassen. "In der zweiten Halbzeit haben wir nicht mehr die Läufe gemacht, uns nicht mehr freilaufen können, die Zweikampfquote war auch nicht gut - ja was erwartest du dann hier in Stuttgart?"
Apropos Erwartungen: Einen Nachfolger für den scheidenden Trainer Nagelsmann hat die TSG Hoffenheim auch zwei Tage vor kalendarischem Frühlingsbeginn noch nicht präsentiert. Ursprünglich war eine Entscheidung "im Winter" angekündigt. Einen Zusammenhang zwischen der unklaren Zukunft und den unbefriedigenden Resultaten wollte Bicakcic nicht erkennen. "Es wird immer medial so hingestellt: Die Jungs brauchen Klarheit und so. Das ist alles Gequatsche." Kerem Demirbay sah’s ähnlich, wollte "nicht zulassen, dass solche Fragen gestellt werden und Unruhe in die Mannschaft bringen". Dafür sei der Sportdirektor zuständig, so Dermirbay.
Alexander Rosen war jedoch ein weiterer Gesprächspartner, der am Samstag in Stuttgart nicht aufzufinden war.