TSG 1899 Hoffenheim

Der nächste Senkrechtstarter aus der Talentschmiede?

David Otto, der dynamische Nachwuchsstürmer und kluge Kopf, hat sich bei den Hoffenheimern für höhere Aufgaben empfohlen

05.08.2018 UPDATE: 06.08.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden
Da geht es lang: Vincenzo Grifo (M.) wartet beim 5:0 über Chievo Verona in Wels auf den Pass von Joelinton (l.). Foto: Daniel Hinterramskogler

Von Joachim Klaehn

Windischgarsten. David Otto, Alfons Amade und Christoph Baumgartner stehen stellvertretend für einen Weg, den die Hoffenheimer gerne bestreiten. Von der Talentschmiede in den Kosmos der Profis - die genannten "Rookies" durften im Trainingslager in Oberösterreich nicht nur erfrischende Bergluft einatmen, sondern sie wurden mit den internen wie externen Mechanismen der Branche konfrontiert.

Otto, 19 Jahre jung, ist einen Tick weiter als Amade (18) oder Baumgartner, der am vergangenen Mittwoch 19 wurde. Denn zum einen zählt der Pforzheimer Otto bis dato zu den Gewinnern der diesjährigen Saisonvorbereitung, zum anderen hat er den TSG-Kumpels eines voraus: Der Spross eines Lehrer-Elternpaares wurde beim Europa-League-Match gegen Ludogorets Rasgrad mit einem Debüt in der "Ersten" belohnt.

Hintergrund

Hoffenheim fegt Verona 5:0 vom Feld

Wels. (jog) 3:0, 2:2, 8:2 und am Samstagnachmittag 5:0 - Bundesligist TSG 1899 Hoffenheim befindet sich vor dem Pflichtspielstart am 18. August im DFB-Pokal beim Drittligisten 1. FC Kaiserslautern in fast

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Hoffenheim fegt Verona 5:0 vom Feld

Wels. (jog) 3:0, 2:2, 8:2 und am Samstagnachmittag 5:0 - Bundesligist TSG 1899 Hoffenheim befindet sich vor dem Pflichtspielstart am 18. August im DFB-Pokal beim Drittligisten 1. FC Kaiserslautern in fast beängstigender Frühform. Zum Abschluss des einwöchigen Trainingslagers im oberösterreichischen Windischgarsten fegte "Hoffe" den italienischen Serie-A-Klub Chievo Verona mit 5:0 (2:0) vom Feld. Cheftrainer Julian Nagelsmann flüchtete nach dem zweiten Torfestival binnen einer Woche in Ironie: "Ich weiß auch nicht, was mit den Gegnern los ist. Vielleicht sind wir auch gut."

Letzteres scheint auf jeden Fall zu stimmen. Vor knapp 200 mitgereisten TSG-Fans, mit denen sich die Mannschaft am Vorabend zu einem gemeinsamen Grillfest verabredet hatte, präsentierten sich die "Nagelsmänner" als kompakte Einheit. Ja, der überzeugende Testspielerfolg hätte sogar noch höher ausfallen können ...

Bei 34 Grad im Schatten markierten in der kleinen, feinen Arena des Regionalligisten FC Wels Demirbay (16.), Kaderabek (45.), Posch (46.), Joelinton (69.) und Grifo (83.) die Treffer für den Champions-League-Neuling, der mit großen Ambitionen, aber durchaus auch mit einem gleichwertig und tiefer besetzten Kader in die neue Saison geht. Davon ist auch Außenverteidiger Pavel Kaderabek überzeugt, der unter den prüfenden Augen von Tschechiens Nationaltrainer Karel Jarlím eine gute Vorstellung ablieferte. "Ich spiele immer hundert Prozent", sagte der Sympathieträger und Dauerläufer aus Prag: "Es war heute sehr anstrengend und sehr heiß, aber wir haben trotzdem eine gute Leistung gezeigt. Wir haben eine noch bessere Mannschaft als im letzten Jahr."

Das TSG-Profiteam und der 2019 nach Leipzig wechselnde Trainer wollen Rang drei in der abgelaufenen Spielzeit bestätigen. Oder sogar toppen, wie Nagelsmann in einem ausführlichen Gespräch (wir berichteten in der RNZ-Samstagausgabe) die Kernbotschaft setzte. Übers Wochenende wurden darüber hinaus interne Eckpunkte geklärt: Kevin Vogt bleibt Kapitän, gemeinsam sind Benjamin Hübner - übrigens wieder aus dem Krankenhaus in Kirchdorf entlassen - und Keeper Oliver Baumann seine beiden Stellvertreter. Den Mannschaftsrat komplettieren Adam Szalai, Neuzugang Leonardo Bittencourt und Ermin Bicakcic, was im Fall des Bosniers gegen dessen Verkauf spricht.

Wie dem auch sei: Nagelsmann belohnte seine Jungs nach dem intensiven Trainingscamp mit zwei freien Tagen. Am Mittwoch geht es weiter, dann mit dem Einstudieren von Standards.

Hoffenheim: Baumann (46. Kobel) - Kaderabek (46. Brenet), Bicakcic (46. Akpoguma), Vogt (46. Hoogma), Adams (46. Posch), Schulz (46. Pires) - Grillitsch (46. Nordtveit), Demirbay (46. Grifo), Amiri (46. Zuber) - Belfodil (46. Joelinton), Szalai (46. Otto)

Tore: 1:0 Demirbay (16.), 2:0 Kaderabek (45.), 3:0 Posch (46.), 4:0 Joelinton (69.), 5:0 Grifo (83.).

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Bei einem Hintergrundgespräch am Trainingsgelände fragt der gründliche Zeitungskollege aus Heilbronn, launig verpackt, nach Ottos Marktwert, der laut transfermarkt.de auf 200.000 Euro taxiert wird. Die Frage nach dem "Billig-Bomber" stößt bei TSG-Pressesprecher Holger Kliem auf wenig Gegenliebe. Er rügt sie - und gibt gleichzeitig zu verstehen, dass Otto (Vertrag bis 2021) schon viel mehr wert ist.

David Otto selbst bleibt locker. "So eine Ablösesumme kann ja auch eine Bürde sein. Wenn man es schafft, in solch eine Mannschaft wie Hoffenheim reinzukommen, dann kommt der Marktwert von alleine. Ich will spielen und Einsatzzeiten bekommen", konstatiert der muskulöse Mittelstürmer mit der Konstitution eines "Siegfried". Der blonde Kerl ist körperlich weit entwickelt, er räumt sogar ein, regelrecht aufpassen zu müssen, dass sich seine naturgegebene Statur durch regelmäßigen Kraftraumbesuch nicht weiter dramatisch verändert. "Ich baue sehr schnell Muskelmasse auf", sagt er lächelnd.

Die Fußballkarriere wurde von seinem Vater durch das Aufstellen von kleinen Toren im Garten gefördert. Bis zur U 14 agierte Otto bei seinem Heimatverein, dem 1. FC 08 Birkenfeld. Badische Auswahl, Hoffenheim und der Karlsruher SC buhlten um seine Dienste, durch den zugesicherten Bustransfer wurde der Wechsel in die Hoffenheimer Akademie ermöglicht. Denn David Otto blieb in seiner schwäbischen Heimat wohnen, erst nach dem Abitur 2017 (Notendurchschnitt: 1,8) zog er in das 3 000-Einwohner-Örtchen im Kraichgau. Dort bildet er gemeinsam mit seinem U 19-Freund Emilian Lässig eine Wohngemeinschaft.

Hintergrund

Nordtveit lobt die Fans

Die TSG-Profis schauten am Freitagabend beim Grillabend am Golfclub Windischgarsten für zwei Stunden vorbei, um sich für die Unterstützung vor Ort zu bedanken. Innenverteidiger Havard Nordtveit lobte die 150

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Nordtveit lobt die Fans

Die TSG-Profis schauten am Freitagabend beim Grillabend am Golfclub Windischgarsten für zwei Stunden vorbei, um sich für die Unterstützung vor Ort zu bedanken. Innenverteidiger Havard Nordtveit lobte die 150 anwesenden "Hoffe"-Anhänger bei Fleisch und Bier ausdrücklich: "Wir hatten lange Einheiten an den heißen Tagen, aber die Fans haben immer durchgehalten. Es ist schön zu sehen, wenn sich die kleinen Kinder freuen. Als ich noch klein war, ging es mir ähnlich." Überall in der Marktgemeinde mit dem historischen Ortskern begegnete man den Getreuen der "Blauen".

Foda beobachtet "seine Ösis"

Österreichs Nationaltrainer Franco Foda inspizierte im Trainingslager "seine" vier "Ösis" Florian Grillitsch, Robert Zulj, Stefan Posch sowie "Rookie" Christoph Baumgartner im TSG-Trikot. Der 52-jährige ehemalige Spieler des 1. FC Kaiserslautern und des VfB Stuttgart hatte die Auswahl der Alpenländer Ende Oktober von Marcel Koller übernommen, zuvor Erstligist SK Sturm Graz trainiert. Foda hält "große Stücke" auf das Hoffenheimer "Ösi"-Quartett. jog

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Apropos U 19: Diese gilt als perfektes Sprungbrett, hier können die "Sternchen" - wie auch in der U 23 - auf sich aufmerksam machen. Noch entscheidender freilich für die Motivation: Bei der TSG werden die Talente belohnt. "David Otto ist total offen und sehr gut erzogen. Er versteckt sich nicht und hat hier im Trainingslager ein gutes Bild abgegeben", unterstützt Cheftrainer Julian Nagelsmann den torgefährlichen Mann, auf den im vergangenen Jahr Vieles eingeprasselt sei: Die Verantwortung in der U 19, Abitur, Profitraining, Profiträume - das sei für Ottos "Festplatte einfach zu viel" gewesen.

Trotz aller Belastungen gelangen Knipser Otto in der A-Junioren-Bundesliga für die TSG 27 Tore in 22 Spielen, 14 weitere bereitete er vor. In der Testspiel-Statistik der "Nagelsmänner" taucht David Otto sowohl als Torschütze wie als Vorbereiter auf. Das verleiht Flügel und gibt Vertrauen ins eigene Leistungsvermögen. "Der Kopf ist sehr entscheidend. Man muss sehr schnell sein im Kopf, Selbstbewusstsein haben, clever in die Zweikämpfe gehen", so Ottos Lektionen und Analyse. Sein früheres Vorbild, Fernando Torres, ist inzwischen out. Das TSG-Talent orientiert sich vielmehr an Goalgettern wie Robert Lewandowski oder Luis Suárez, nämlich wie solche Stars ihre Laufwege unbeirrt machen und zu vielversprechenden Abschlusssituationen kommen.

Man traut diesem Powerfußballer mit seinen 1,85 Metern eine Menge zu. Weil David Otto Dynamik, Fitness und Klugheit ausstrahlt - und ihn Nagelsmann und Co. nicht erst seit Windischgarsten auf dem Radar haben. "Joelinton, Szalai, Belfodil", zählt Otto auf, "da kann ich mithalten. Andererseits muss ich auch realistisch bleiben." Wenn er irgendwann mal in diese Rotation im Angriff reinrutsche, dann sei er froh.

Steht der nächste Senkrechtstarter nach Dennis Geiger bei "Hoffe" ante portas? Abwegig ist das gewiss nicht.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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