Auf dem Weg zum Abwehrchef

Hoffenheims Stefan Posch hat den Talent-Status abgelegt

Manager Alexander Rosen: "Ein außergewöhnliches Vorbild"

10.05.2020 UPDATE: 11.05.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 39 Sekunden
Im Oktober freute sich Stefan Posch über seinen Kopfballtreffer beim 1:0 in Slowenien, der Österreich den Weg zur Europameisterschaft ebnete. Foto: dpa

Von Nikolas Beck

Heidelberg. Seinen Geburtstag feiert Stefan Posch in Quarantäne. Der Österreicher wird am Donnerstag 23 Jahre jung. Zwei Tage später greift er mit seinen Kollegen der TSG Hoffenheim nach über zweimonatiger Abstinenz wieder ins Bundesliga-Geschehen ein. Bis dahin wird er gemäß den Vorgaben der DFL das Mannschafts-Hotel nur zum Training verlassen. Kurz bevor sich der Innenverteidiger am vergangenen Wochenende in die Isolation verabschiedete, nahm er sich Zeit, mit der RNZ über seinen Werdegang zu sprechen.

Der ist nämlich ein äußerst erfolgreicher. Im Sommer 2015 holte ihn der damalige Hoffenheimer Nachwuchschef Dirk Mack vom FC Admira Wacker Mödling in den Kraichgau. Über die U19 und die U23 empfahl sich der Mann aus der Steiermark für die Profis. Unter Julian Nagelsmann, den er schon von den A-Junioren kannte, debütierte er im September 2017 in der Europa League gegen Ludogorez Rasgrad in der Ersten Mannschaft. Zwei Wochen später folgte dann das Bundesligadebüt gegen den FC Augsburg. Prägende Momente für den Blondschopf. "Da habe ich gesehen, dass ich auf dem richtigen Weg bin, dass ich auf diesem Niveau mithalten kann", erinnert sich Posch. Auch seine Bosse verblüffte der damals 20-Jährige mit seiner abgezockten Art. "Den Jungen scheint nichts aus der Ruhe zu bringen, ganz bemerkenswert", staunte TSG-Manager Alexander Rosen, nachdem "Poschi" im Dezember 2017 beim 4:0 gegen RB Leipzig auch als Abwehrchef glänzen konnte. Er wolle sich mal schlau machen, aus welcher Region Posch genau komme, schmunzelte Rosen: "Die müssen dort eine Bierruhe haben."

Auch zweieinhalb Jahre später ist Rosens Begeisterung nicht verflogen. Im Gegenteil: Für den 41-Jährigen ist Posch inzwischen "ein außergewöhnliches Vorbild für viele Talente in den Leistungszentren": "Stefan geht seinen Weg bei uns seit Jahren konsequent Schritt für Schritt, arbeitet extrem hart und ist total fokussiert auf seine Ziele."

Es ist vor allem Poschs Arbeitseinstellung, die seinem Vorgesetzten imponiert. Rosen, bis 2013 selbst für die TSG-Talente zuständig, weiß: "Junge Nachwuchsspieler sind leider häufig viel zu ungeduldig oder werden von ihrem Umfeld gedrängt, übereilt den vermeintlich nächsten Karriereschritt zu wagen." Dieser werde dabei nicht immer nach überwiegend sportlichen Gesichtspunkten bewertet, "so offen muss man das leider ansprechen", so Rosen.

Stefan Posch entschied sich für einen anderen Weg. "Ich weiß, dass ich hier den nächsten Schritt machen und mich weiterentwickeln kann", sagt der Rechtsfuß, der im vergangenen August seinen Vertrag vorzeitig bis 2023 verlängerte. Zuvor hatte die TSG ein Angebot im zweistelligen Millionenbereich für ihn ausgeschlagen.

Bei so viel Lob und solchen Summen sei die Gefahr immer gegeben, die Bodenhaftung zu verlieren, sagt Posch: "Ich weiß aber, dass ich es vor allem deshalb geschafft habe, weil ich mich eben nicht ablenken lasse."

Geschafft hat er es inzwischen auch in die Nationalmannschaft. Im vergangenen Juni debütierte er für die "Ösis" gegen Nordmazedonien; im Oktober gelang ihm beim 1:0 in Slowenien sein erstes Tor im Nationaldress, ein goldenes, das Österreich den Weg zur mittlerweile verschobenen Europameisterschaft ebnete. An die anschließende Nacht erinnert sich Posch gut. Er habe ihm Bett gelegen, über sein Tor und seine Karriere nachgedacht und sei einfach glücklich gewesen – am nächsten Morgen lag der Fokus schon wieder auf dem nächsten Spiel.

Nach Höhepunkten nicht abheben, aber nach Rückschlägen auch nicht den Kopf in den Sand stecken. Posch fährt gut damit. Schließlich lief auch in seiner jungen Karriere nicht alles nach Plan. Mit 16 träumte der Defensivspezialist von England, besuchte mehrfach das Trainingszentrum von Arsenal London, lernte seine Gastfamilie kennen, absolvierte den Medizincheck bei den "Gunners" und "ging eigentlich nur noch mal heim zum Koffer packen". Es folgte eine sechsmonatige Hängepartie, dann zerschlug sich der Wechsel endgültig. "Damals war das eine riesige Enttäuschung", erinnert sich Posch. Heute kann er drüber schmunzeln, sagt: "Wer weiß, wofür es gut war."

Alexander Rosen hat eine Vermutung. "Die Erfahrung zeigt, dass diejenigen, die sich von Rückschlägen nicht unterkriegen lassen und Widerstände überwinden, eine viel größere Chance haben, sich nachhaltig durchzusetzen."

Posch hat sich durchgesetzt, ergreift inzwischen auf dem Platz und in der Kabine immer öfter das Wort. Sein Ziel ist es, irgendwann der Chef in Hoffenheims Abwehr zu sein. Beim Bälle sammeln oder Tore tragen will er aber auch mit bald 23 noch mitanpacken. Alles andere wäre auch nicht Stefan Posch.

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