1899 Hoffenheim

Zwischen Anspruch und Realität

Der unerwartete Rückschlag gegen Wolfsburg und die Reaktion der Fans sorgen für Unruhe

29.04.2019 UPDATE: 30.04.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 21 Sekunden

Der Frust muss raus: Nadiem Amiri fuhr nach seiner Auswechslung am Sonntag das rechte Bein gegen die Eisbox aus. Foto: APF

Von Achim Wittich

Sinsheim. Als sich die TSG 1899 Hoffenheim am Sonntagnachmittag bei einer frühen 1:0-Führung gegen den VfL Wolfsburg und der kurz darauf folgenden Elfmeterchance durch Andrej Kramaric drauf und dran machte, den fünften Sieg in Serie zu feiern, rückte der vierte Tabellenrang und die damit verbundene Qualifikation für die Champions League plötzlich ganz nahe. Doch der kroatische Vizeweltmeister traf nur den linken Pfosten, die Kraichgauer verloren komplett den Spielfaden und am Ende setzte es eine herbe 1:4-Pleite gegen die "Wölfe". Dabei hatte die Konkurrenz ums internationale Geschäft mit Ausnahme von Bayer Leverkusen der Mannschaft von TSG-Trainer Julian Nagelsmann in die Fußballstiefel gespielt und zuvor Federn gelassen. Allein: Seine Profis konnte daraus kein Kapital schlagen, erwischten einen rabenschwarzen Tag und musste sich trotz der jüngsten Erfolgsserie auch noch früh Pfiffe anhören.

Keine Trauer bei Platz sieben

Nagelsmann hatte dafür kein Verständnis: "Das macht mich sauer und auch traurig für die Jungs", sagte der 31-Jährige. Schon jüngst hatte er sich verwundert darüber gezeigt, dass es beispielsweise selbst beim 4:1-Fußballfest gegen Leverkusen Ende März viele Stadionbesucher vorzogen, sich frühzeitig auf den Nachhauseweg zu machen. Nagelsmann süffisant: "Sie könnten ruhig bleiben, haben ja auch für 90 Minuten bezahlt."

Sei’s drum. Es ist nicht davon auszugehen, dass es beim letzten Heimspiel unter seiner Regie am 11. Mai gegen Werder Bremen - bei welchem Spielverlauf auch immer - erneut Pfiffe geben wird. Viel zu viel hat Nagelsmann in seinen etwas über drei Jahren seiner Tätigkeit bei "Hoffe" erreicht, die Mannschaft von einem sicheren Abstiegskandidaten bis in die Champions League geführt. Und auch trotz des Rückschlags gegen ein von Trainerkollege Bruno Labbadia vorzüglich auf den Gegner eingestelltes Wolfsburger Team ist das erneute Erreichen der Königsklasse noch nicht ausgeschlossen. Und wenn es dazu doch nicht reichen sollte, findet Nagelsmann zurecht, dass deswegen keiner "in Trauer" ausbrechen müsste. Doch der rasante Aufstieg hat bei Teilen der Anhängerschaft zu einem Anspruchsdenken geführt, dass den wirtschaftlichen Voraussetzungen beim Dorfklub nicht gerecht wird. Einen dritten oder vierten Platz im Endklassement - wie in den vergangenen beiden Spielzeiten - als "normal" anzusehen, geht schlicht an der Realität vorbei.

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Dem steht keineswegs gegenüber, dass Nagelsmann, der sich auch nicht scheute, offen höchst ambitionierte Ziele auszugeben ("Ich strebe immer nach dem Maximalen. Und das Maximale ist der Meistertitel. Ich glaube grundsätzlich, dass jeder der 18 Mannschaften gerne Meister werden will, wenn sie die Chance haben"), über einen möglichen siebten Rang vor seinem Abschied nach Leipzig keine Jubelsprünge machen würde.

Damit ein besseres Abschneiden gelingt, ist am Samstag (15.30 Uhr) bei Borussia Mönchengladbach zumindest Verlieren verboten. Ein "träges Auftreten" (Ermin Bicakcic) wie gegen die Niedersachsen wäre dabei wenig hilfreich.

Und bis dahin dürfte sich unter der Woche auch Nadiem Amiri, der diesmal bei seiner Auswechslung seinem ganzen Frust freien lauf ließ, Assistenz-Coach Pellegrino Matarazzo den Handschlag verweigerte und gegen eine Eisbox trat, sich wieder beruhigt haben. Nagelsmann wird die richtigen Worte für ihn parat halten. Da der am Sonntag gelbgesperrte Kerem Demirbay, zuletzt in glänzender Verfassung, wieder mitwirken kann und sich Torwart Oliver Baumann nicht erneut zwei Patzer erlauben wird, stehen die Chancen zu punkten bei den schwächelnden Borussen gar nicht einmal schlecht.

Das Restprogramm der Kandidaten für einen Platz im internationalen Wettbewerb:

Eintracht Frankfurt (4. Tabellenplatz, 54 Punkte, Torverhältnis: +23): Leverkusen (A), Mainz (H), München (A)

Borussia Mönchengladbach (5. Tabellenplatz, 51 Punkte, Torverhältnis: +11): Hoffenheim (H), Nürnberg (A), Dortmund (H)

Bayer Leverkusen (6. Tabellenplatz, 51 Punkte, Torverhältnis: +8): Frankfurt (H), Schalke (H), Hertha (A)

1899 Hoffenheim (7. Tabellenplatz, 50 Punkte, Torverhältnis: +21): Mönchengladbach (A), Bremen (H), Mainz (A)

VfL Wolfsburg (8. Tabellenplatz, 49 Punkte, Torverhältnis: +6): Nürnberg (H), Stuttgart (A), Augsburg (H)

SV Werder Bremen (9. Tabellenplatz, 46 Punkte, Torverhältnis: +7): Dortmund (H), Hoffenheim (A), Leipzig (H)

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