1899 Hoffenheim

Europa ist noch eine Nummer zu groß

Nagelsmann-Elf bezahlt Lehrgeld - Konzentration auf Bundesliga wird "gut tun"

24.11.2017 UPDATE: 25.11.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden

Trostspender nach dem europäischen Scheitern: Serge Gnabry (links) versucht, Nico Schulz aufzumuntern. Foto: dpa

Von Achim Wittich

Braga. Die mitgereisten Hoffenheimer Anhänger waren am Donnerstagabend restlos bedient. Voller Vorfreude, mit einem Sieg beim Sporting Club Braga weiter im internationalen Rennen zu bleiben, hatten sich sie sich vor dem Spiel beim Fanmarsch zum "Felswand-Stadion" lautstark eingestimmt. Doch nach dem Abpfiff gab es keine "Europapokal, Europapokal"-Gesänge mehr. Mit 1:3 (0:1) ging die TSG im Dauerregen am Atlantik baden und leistete sich einen schwachen Abgang aus der Europa League. Bei den in erster Linie auf Verteidigung ausgerichteten Portugiesen ging es mit dem 0:1-Rückstand nach nur 45 Sekunden katastrophal los und endete mit der Roten Karte für Adam Szalai (Tätlichkeit) kurz vor dem Abpfiff unrühmlich. "Ich wollte mich nur befreien", versuchte sich der Ungar - nach langer Verletzungspause erstmals von Trainer Julian Nagelsmann wieder eingewechselt - zu rechtfertigen.

"Hängende Köpfe", so berichtete Torhüter Oliver Baumann völlig frustriert, gebe es in der Kabine. Immerhin: Die Fähigkeit zur Selbstkritik ging den bereits im DFB-Pokal früh Eliminierten nicht verloren. "Unterm Strich sind wir verdient ausgeschieden, wir sollten nicht nach Ausreden suchen", zog Kapitän Kevin Vogt ein ehrliches Fazit.

Nagelsmann war - wenig überraschend - sichtlich angefressen, verlor aber keineswegs die Beherrschung. Als "nicht zufriedenstellend" stufte er die Europa-Premiere ein, zwei von fünf Spielen seien "sehr, sehr schlecht gewesen". Die Partie in Braga zählte er erstaunlicherweise nicht dazu. Obwohl der Matchplan durch das blitzschnelle Gegentor über den Haufen geworfen worden sei, hätte sein Team nach der Pause zwei hundertprozentige Torchancen gehabt und einfach zwei Treffer erzielen müssen um zu gewinnen.

Dem ist zwar nicht zu widersprechen, aber einer der vielen enttäuschten "Hoffe"-Unterstützer traf es auf dem Weg ins Bett besser: "Das war gar nichts."

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Ob es an der überraschenden Aufstellung von Nagelsmann gelegen hatte? Mit dem schwachen Andrej Kramaric bot der 1899-Coach nur einen echten Stürmer auf und ließ sowohl Serge Gnabry als auch den Torschützen zum zwischenzeitlichen 1:1 Mark Uth zunächst draußen.

In der Pressekonferenz von der Rhein-Neckar-Zeitung dazu befragt, wehrte sich Nagelsmann vehement. "Wenn das defensiv ist, dann gute Nacht um halb sechs", beantwortete er unsere Frage und verwies sowohl auf Verletzungsprobleme und den Ausfall von Sandro Wagner (Magen-Darm), als auch auf das Angriffsvermögen einer Reihe von ihm aufgebotener Profis.

Doch dann wurde es interessant: Während nämlich Nagelsmann davon berichtete, dass Mark Uth im Abschlusstraining am Mittwoch eine Schulterluxation erlitten habe, empfand sich der gebürtige Kölner durchaus als einsatztauglich. Ob er denn von Anfang an hätte spielen können? "Ja", meinte Uth knapp, und seine Miene sprach dabei Bände. Immerhin hatte er gerade ein paar Tage zuvor seiner Mannschaft beim 1:1 gegen Eintracht Frankfurt durch sein spätes Tor wenigstens noch einen Punkt gerettet.

Letztlich ist es müßig, ob sich Nagelsmann bei seiner Aufstellung verzockt hatte. Viel deutlicher wurde, nicht nur in Braga, dass die TSG 1899 Hoffenheim international einfach Lehrgeld bezahlt hat. "Das wird ein Lerneffekt sein", fügte Nagelsmann hinzu - sicher auch für ihn. Denn nicht nur bei den europäischen Auftritten, sondern auch im Bundesliga-Alltag wird von Woche deutlicher: Das Spielsystem von Nagelsmann, seine Fußball-Philosophie, ist inzwischen längst decodiert. Gegen die engmaschige Abwehrarbeit der Gegner tut sich die TSG immens schwer und muss dringend ihre Chancenverwertung verbessern - und darf gleichzeitig weniger anfällig bei den Gegenstößen sein.

Es ist davon auszugehen, dass Nagelsmann erfolgreiche Lösungen parat hat. Am besten schon am Sonntag (15.30 Uhr/live auf Sky) in Hamburg. "Es wird gut tun, uns auf die Bundesliga konzentrieren zu können", sagte der 30-Jährige. Europa war diesmal noch eine Nummer zu groß für "Hoffe".

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