Filmklassiker lösen etwas aus. Die berühmte Tanz-Hebe-Szene aus dem Film "Dirty Dancing" zum Beispiel haben schon viele Paare im echten Leben nachgeahmt - auf der Hochzeit oder im Schwimmbad. Manche nehmen es auf und stellen es sogar ins Internet. Das sieht meist nicht so grazil aus, wie bei Patrick Swayze und Jennifer Grey im Film von 1987. Vox zeigt ihn im August. Beim Streaming-Dienst "Netflix" gehört "Dirty Dancing" nach eigenen Angaben zu den beliebten Klassikern.
Schon seit März hat etwa der Bayerische Rundfunk die alten Folgen der "Pumuckl"-Kinderserie wieder im Programm. Der Mitteldeutsche Rundfunk strahlte Ende Juni zum inzwischen elften Mal seit MDR-Sendebeginn 1992 (jeweils um 20.15 Uhr) den DDR-Spielfilmklassiker "Der Baulöwe" aus.
Wiederholungen kennt man nicht nur aus dem Sommer, wenn viele Deutsche Urlaub machen und wegen des guten Wetters weniger fern gesehen wird. Rund um Weihnachten und Jahresende gibt es Jahr für Jahr im Radio Ohrwürmer wie "Last Christmas" von "Wham!". Im Fernsehen läuft dann der Märchenfilm "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" - das Erste etwa zeigte ihn in den vergangenen 14 Jahren ganze 33 Mal. Die Kurzkomödie "Dinner for One" läuft an jedem Silvesterabend in den Dritten Programmen und die Wiederholung der "Sissi"-Reihe mit Romy Schneider gehört zu den klassischen Wiederholungen der Weihnachtszeit.
Warum sind die Klassiker beim Zuschauer so beliebt? Vom "Nostalgieeffekt" spricht hierbei die Fernsehwissenschaftlerin Joan Bleicher von der Universität Hamburg. "Mit jedem neuen Sehen des alten Films lassen sich auch die gleichen Gefühle wiederentdecken. Gleichzeitig werden Erinnerungen an das eigene Leben zu der Zeit wach, als man den Film oder die Fernsehserie zum ersten Mal sah." Zuschauer besuchten dabei quasi ihre "Familie" in den vertrauten Geschichten.
Ein Film oder eine Serie muss einiges mitbringen, um zum Klassiker zu werden: "Generell müssen sie sich von der Gleichförmigkeit anderer Medienangebote abheben", sagt Bleicher und zählt auf: etwa besondere Erzählweisen, Dramaturgien, Dialoge, besondere Figuren oder herausragende Schauspielleistungen. "Für den Kultstatus sind natürlich auch Fans verantwortlich, die einen Film oder eine Serie zum Kult erklären und seine Nutzung propagieren."
Das Pay-TV-Unternehmen Sky hat sogar einen eigenen Sender für Kino-Klassiker. Programmchefin Elke Walthelm erläutert zum Erfolg eines Films: "Wenn die Geschichte, die Inszenierung, die Leistung der Schauspieler und der erste Erfolg der Produktion stimmen, dann stehen die Chance gut, dass der Film oder die Serie auch später noch die Zuschauer begeistern bzw. eine immer größere Fan-Gemeinde gewinnen wird. Oft verkörpern auch beliebte Film- oder Serienklassiker einen ganz bestimmten Zeitgeist einer vergangenen Epoche, in den man als Zuschauer immer wieder gerne eintaucht." Film-Publikumslieblinge bei Sky: Zum Beispiel "Der Herr der Ringe" und "Stirb langsam".
Der Leiter der ZDF-Hauptredaktion Programmplanung, Florian Kumb, sagt über TV-Wiederholungen: "Wie üblich ist die Anzahl der Wiederholungen im Sommer, in einer Zeit, in der weniger Menschen Fernsehen schauen, höher als im Rest des Jahres." Wegen Corona mussten Sender in diesem Sommer zusätzlich umsteuern: Die die Sportevents wegfielen, mussten Sendeplätze anderweitig gefüllt werden. Kumb betont: "Das ZDF hat trotz Verschiebung von Fußball-EM und Olympischen Spielen in diesem Sommer ein attraktives Programm mit einer Mischung aus neuen Dokumentationen, Unterhaltungsformaten, Filmpremieren und einer Auswahl an Wiederholungen."
Kumb macht auch klar: "Wiederholungen sind kostengünstig, ihr Einsatz hat aber Grenzen: Frisches Programm ist im publizistischen Wettbewerb unverzichtbar. Ansonsten sind hohe Zuschauerzahlen auf Dauer nicht zu erzielen." In der ZDF-Senderfamilie gehören die Serien "Raumschiff Enterprise" und "Die Rosenheim-Cops" zu den am häufigsten ausgestrahlten Serien. Beim Kinderprogramm ist es "Löwenzahn".
Bei der Mediengruppe ProSiebenSat.1 soll Corona nicht zu mehr Wiederholungen geführt haben: "Tatsächlich nein. Wir haben sogar mehr frisches Programm", hieß es. Man gehe auch nicht davon aus, dass Wiederholungen langfristig im TV eine größere Rolle spielen werden. Das sagt auch Kumb vom ZDF: "Da die Dreharbeiten nach der Corona-Zwangspause nun aber wieder starten, bin ich zuversichtlich, dass wir ab Herbst wieder deutlich mehr neues Programm zeigen können."
Von der Mediengruppe RTL heißt es: Für einen Sender wie RTL, der von großem Entertainment - oft live - lebe, werde sich der Stellenwert von Wiederholungen nicht verändern. "Sie sind nötig, um wirtschaftlich programmieren zu können, unser Anspruch ist und bleibt jedoch, unseren sehr hohen Eigen- und Neuproduktionsanteil in einem Jahr wie diesem aufrechtzuerhalten und in den Folgejahren weiter zu steigern." Der Stellenwert von Wiederholungen habe sich vor allem durch die erweiterte Zahl der Anbieter erhöht. "Für kleinere Sender hat der Film im Fernsehen eine große Bedeutung, wie es sich unter anderem bei den sehr erfolgreichen Film-Abenden bei Nitro zeigt."
Im Herbst plant die ARD wieder neue "Tatort"-Folgen zu zeigen. "Langfristig kann ein nationales Vollprogramm nur mit Erstsendungen Akzente setzen und sich damit auch eines großen Publikums gewiss sein", heißt es bei dem öffentlich-rechtlichen Sender.