In der größten Druckmaschinenfabrik der Welt in Wiesloch - ein kleiner Teil steht auf der Gemarkung Walldorf - ist die Zahl der Beschäftigten unter 4000 gefallen. Es waren einmal doppelt so viele. Nun sollen auch andere Firmen angesiedelt werden. Foto: Kay Sommer
Von Thomas Veigel
Heidelberg. Der Umsatz ist leicht rückläufig, unter dem Strich steht ein Verlust. Das zeigte am Donnerstag ein erster Blick auf die Quartalsbilanz der Heidelberger Druckmaschinen. Und wie reagierte die Aktie? Sie sprang zum Handelsbeginn um zehn Prozent nach oben. Schwer verständlich, aber nur auf den ersten Blick.
Der Verlust resultiert aus den Belastungen durch die Steuerreform in den USA, der Umsatzrückgang ist dem starken Euro geschuldet. Allerdings geben auch die bereinigten Zahlen keinen Anlass zu Jubelarien. Aber die wurden für das laufende und das kommende Geschäftsjahr auch nicht angekündigt.
Vorstandsvorsitzender Rainer Hundsdörfer nennt sie Übergangsjahre. Die harte Sanierung der vergangenen fast zehn Jahre ist noch nicht verdaut und beim Aufräumen in den Chefetagen sei man noch "mittendrin", wie Hundsdörfer gestern bei einer Telefonpressekonferenz sagte.
"Das neue Heidelberg gewinnt Kontur" heißt die Überschrift der Pressemitteilung zu den Ergebnissen des Ende 2017 abgelaufenen dritten Quartals. Erste Ergebnisse der Neuaufstellung des Unternehmens werden sichtbar. "Die digitale Transformation trägt Früchte", schreibt das Unternehmen. Diese sind allerdings noch sehr klein. Im Berichtsquartal wurde der erste Vertrag über ein Subskriptionsmodell abgeschlossen, im laufenden Quartal soll die Zahl der Verträge auf zehn erhöht werden.
Das Modell ist für die Branche tatsächlich neu: Der Kunde kauft keine Maschine mehr, sondern bekommt sie vom Unternehmen gestellt, dazu die notwendige Software und die Verbrauchsmaterialien. Dafür erhält Heidelberg eine monatliche Gebühr und wenn es gut läuft noch einmal eine Zahlung pro Bogen. Und es soll gut laufen, wie Hundsdörfer sagte, mit einer "Win-win-Situation" für alle Beteiligten. Man biete das Modell nur sehr guten, hoch produktiven Kunden an. Schon im nächsten Geschäftsjahr 2019/20 sollen über 100 Verträge abgeschlossen werden. Das würde einen zusätzlichen Umsatz von 100 Millionen Euro bedeuten, weil sich bisher vor allem neue Kunden für das Modell interessieren, die sich keine Heidelberg-Maschine kaufen würden. Deshalb rechnet Hundsdörfer auch nicht mit einer Kannibalisierung des bisherigen Geschäfts.
Zusammen mit zusätzlichem Online-Handel und neuen Geschäften soll der Umsatz in fünf Jahren um 500 Millionen Euro auf drei Milliarden Euro gesteigert werden. Bei den traditionellen Offset-Druckmaschinen soll der Umsatz stabil bleiben. Denn bei weiter rückläufigem Gesamtmarkt rechnet der Branchenprimus mit steigenden Marktanteilen.
Und auch die seit vergangenem Sommer gültige Gewinnprognose von mindestens 100 Millionen Euro in fünf Jahren bestätigte Vorstands-Chef Rainer Hundsdörfer gestern. "Wir sind weiter auf einem sehr guten Weg, unsere Ziele zu erreichen", sagte auch Finanzchef Dirk Kaliebe.
Die Belastung aus dem Metall-Tarifabschluss bezifferte Kaliebe mit bis zu 30 Millionen Euro - eine erhebliche Bedrohung für den Gewinn. Damit die Profitabilität nicht leidet, ist an eine geteilte Kompensation gedacht. Einen Teil sollen die Kunden durch Preiserhöhungen tragen, einen anderen Teil die Belegschaft durch "Produktivitätssteigerungen". Wie die aussehen werden, soll in Gesprächen mit den Arbeitnehmervertretern erörtert werden.