Die Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie sind festgefahren. Foto: dpa
Von Barbara Klauß
Mannheim. Die Zeiten sind nicht leicht für die Arbeitgeber in der Metall- und Elektroindustrie. Seit fast einem Jahr belastet die Corona-Pandemie das Geschäft vieler Unternehmen, zum Teil gab es massive Einbrüche. Zudem müssen Hygienekonzepte entwickelt, Mitarbeiter unterstützt und immer neue Vorgaben umgesetzt werden. In dieser Situation, erklärt Peter Körner, Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall, Bezirksgruppe Rhein-Neckar-Odenwald, am Donnerstag bei einem Pressegespräch, dürfe es keine weiteren Belastungen für die Unternehmen geben, auch nicht bei den Arbeitskosten.
Derzeit laufen in der Metall- und Elektroindustrie mit ihren landesweit fast einer Million Beschäftigten Tarifverhandlungen. Die Gewerkschaft IG Metall fordert "Zukunftstarifverträge" für die einzelnen Betriebe sowie ein Entgeltvolumen von 4 Prozent, das bei schwacher Nachfrage auch zum Teilausgleich von Lohnausfällen bei Arbeitszeitverkürzung dienen könnte. Südwestmetall lehnt das ab.
Nach wie vor seien die konjunkturellen Aussichten für das laufende Jahr extrem ungewiss, so Körner – auch mit Blick auf die Virus-Mutationen. Bis man die Pandemie im Griff habe, müsse man einen weiteren exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen verhindern, ohne die konjunkturelle Erholung abzuwürgen.
Im Bezirk des Verbands bezeichnen einer aktuellen Umfrage zufolge 35 Prozent der rund 220 Mitgliedsbetriebe ihren Auftragsbestand als schlecht, weitere 40 Prozent als befriedigend. Für 2021 rechnet weniger als die Hälfte mit einer ansteigenden Geschäftsentwicklung, ein Viertel erwartet eine gleichbleibende Entwicklung, 30 Prozent eine rückläufige. Lediglich 10 Prozent der Unternehmen gehen demnach davon aus, dass die Zahl der Beschäftigten steigen wird, 60 Prozent erwarten rückläufige Beschäftigtenzahlen. Fast zwei Drittel der Betriebe haben noch Mitarbeiter in Kurzarbeit.
Nicht nur die konjunkturelle Entwicklung bedeutete eine Belastung für die Unternehmen, wie Alexander Zumkeller berichtet, Vorstand und Arbeitsdirektor von ABB Deutschland. Er spricht von einer "unglaublichen Überregulierung" und einer "sehr komplexen Tarifsammlung", die es zu bewältigen gelte. Er wolle keine Ansprüche streichen, betont Zumkeller – doch sollten Tarifverträge seiner Ansicht nach "neuer, schneller, agiler" sein.
Zudem sei es für die Unternehmen gerade in dieser Zeit sehr schwierig, auf die vielen Verordnungen zu reagieren, die sich oft kurzfristig änderten und zum Teil von Bundesland zu Bundesland unterschieden. Als Beispiel nennt er die Erhöhung der Kinderkrankentage für Beschäftigte, die wegen der Pandemie ihre Kinder zu Hause betreuen müssen. Dadurch seien auch die Zuschusszahlungen durch die Arbeitgeber verdoppelt worden. "Und es ist ein Problem, wenn uns Mitarbeiter, die wir dringend brauchen, von heute auf morgen für zehn Tage fehlen", so Zumkeller. Zudem habe man kurzfristig Hygienekonzepte aus dem Boden stampfen müssen und den Mitarbeitern so weit es ging mobiles Arbeiten ermöglicht. Die finanziellen Folgen all dessen seien nicht bezifferbar, sagt der Arbeitsdirektor. Auch das müsse bei den Tarifverhandlungen berücksichtigt werden.
Könnte in einer Zeit, die auch für die Beschäftigten belastend ist, eine Tariferhöhung nicht auch ein Zeichen der Wertschätzung sein? "Wertschätzung ist sehr wichtig", meint Zumkeller. Sie habe jedoch nichts mit dem Tarifvertrag zu tun. Seinem Empfinden nach tun die Unternehmen in dieser Situation eine Menge für ihre Angestellten. Das sei mehr wert als ein kleines Gehaltsplus. "Mein Eindruck ist, dass die Mitarbeiter sich sehr wohl wertgeschätzt fühlen", sagt er. So gehen die Arbeitgebervertreter davon aus, dass die Beschäftigten in der derzeitigen Situation durchaus Verständnis hätten für die Lage der Unternehmen. Außerdem verweisen sie auf die ihrer Meinung nach komfortable Situation in ihrem Bereich: "Die Arbeitnehmer in unserer Branche haben in den zurückliegenden Jahren regelmäßig satte Lohnerhöhungen bekommen", sagt Körner von Südwestmetall. "Das Durchschnittseinkommen der M+E-Beschäftigten in Baden-Württemberg liegt inzwischen schon bei 65.000 Euro."
Zu den Belastungen durch die Pandemie kommen ihm zufolge hohe Kosten, "weil der grundlegende Strukturwandel im Zeichen von Dekarbonisierung und Digitalisierung enorme Investitionen erforderlich macht". Daher müssten sich die Beschäftigten, Betriebsräte und die IG Metall "nun ihrer Verantwortung stellen und einen Beitrag leisten, damit die Branche wieder auf die Beine kommen und die zukünftigen Herausforderungen bestehen kann." Nur so könne Beschäftigung gesichert werden.