Straßenbahnen der Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) stehen in Heidelberg im Depot. Die RNV verfügt über ein eigenes Schienennetz. Foto: dpa
Von Matthias Kros
Karlsruhe. Die spektakuläre Millionenklage der Mannheimer Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) gegen das Schienenkartell um den Stahlkonzern ThyssenKrupp geht in eine neue Runde: Eine Sprecherin des Oberlandesgerichts (OLG) in Karlsruhe teilte am Donnerstag mit, dass die Kartellmitglieder in diesem Verfahren eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt worden sei (Aktenzeichen: KZR 15/209). Damit muss die RNV noch länger auf Schadenersatz warten. Weder die Verkehrsbetriebe noch ThyssenKrupp gaben am Donnerstag eine Stellungnahme zu dem Rechtsstreit ab.
Die RNV mit Sitz in Mannheim hatten ihre Klage bereits 2015 eingereicht. Sie reklamieren rund zehn Millionen Euro für sich, die sie bei 102 Bauprojekten zwischen 2001 und 2011 aufgrund von Preisabsprachen der Anbieter zu viel für Schienen und Weichen bezahlt haben wollen. Das Bundeskartellamt hatte das Schienenkartell 2011 aufgedeckt und bereits Bußgelder in Millionenhöher verhängt.
Zusätzlich klagen nun zahlreiche Kunden der Kartellmitglieder auf Schadenersatz. Dazu zählt auch die RNV, die in einem ersten Prozess 2017 vor dem Landgericht Mannheim grundsätzlich Recht bekam. Eine solche pauschale Schuldzuweisung wollten die Kartellmitglieder allerdings nicht gelten lassen und zogen vor das Oberlandesgericht Karlsruhe. Dieses schloss sich in seiner Entscheidung Ende September 2019 allerdings der Vorinstanz an und stellte fest, dass eine "Haftung dem Grunde nach besteht". Lediglich drei der 102 vorgebrachten Fälle seien verjährt.
Eine Revision gegen dieses Urteil ließ OLG-Richter Andreas Voß nicht zu. Dagegen legten die Kartellmitglieder nun die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH ein. Andernfalls wäre der Fall an das Landgericht Mannheim zurückgewandert, dessen Aufgabe es gewesen wäre, in einem "Betragsverfahren" die genaue Schadenhöhe zu ermitteln.
Die RNV betreibt die Stadtbahn-, Straßenbahn- und Buslinien in Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen. Die Verkehrsbetriebe beschäftigen 2000 Mitarbeiter und transportieren täglich rund 570.000 Fahrgäste. Mit rund 200 Kilometern Schiene verfügt das Unternehmen über eines der längsten zusammenhängenden Netze Deutschlands. Gesellschafter sind anteilig die Städte Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg. Somit hat die Kartellklage auch ein öffentliches Interesse.
Der Prozess gegen das Schienenkartell zieht sich auch deshalb so lange hin, weil sich die Rechtssprechung zu Preisabsprachen zwischenzeitlich geändert hat. Ende 2018 hatten die Richter am BGH den sogenannten "Anscheinsbeweis" gekippt, aufgrund dessen die Gerichte bislang davon ausgegangen waren, dass die bloße Existenz eines Kartells schon Schadenersatz begründet. Der BGH aber entschied, dass man dies nicht automatisch annehmen dürfe und im jeweiligen Einzelfall geprüft werden müsse. Die RNV hatte betont, dass dieses Urteil "kein großes Problem" darstelle, da man den eigenen Schaden nachweisen könne. Es bedeute allenfalls einen etwas höheren Aufwand.