Während viele Firmen rechtliche Grauzonen ausnutzen, sind Hundefriseure auf der sicheren Seite. Foto: dpa
Von Lena Bautze und Michael Gabel
Berlin. Das öffentliche Leben weitgehend einzuschränken, um das Coronavirus zurückzudrängen, das ist der Sinn des aktuellen Lockdowns. Doch manche Händler und Dienstleister haben Wege gefunden, wie sie die strengen Vorgaben umgehen können. Auch die Schwarzarbeit blüht. Nach einer Schätzung des Linzer Ökonomen Friedrich Schneider erreichte sie im Zuge der Lockdowns des vergangenen Jahres 11,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, rund 380 Milliarden Euro. Im Jahr zuvor lag die Quote bei 9,1 Prozent. Ein Überblick, wie manche Branchen die Grauzonen nutzen, um die maue Zeit zu überstehen:
> Click & Collect: Der Ikea-Parkplatz ist gut besucht. Immer wieder kommen Menschen mit Miet-Transportern oder ihrem eigenen Wagen an. Nach einer kurzen Orientierung finden die meisten das, was sie gesucht haben: die Warenausgabe des Möbelladens. Dort hat sich eine Schlange von einem Dutzend Kunden gebildet.
Ikea nutzt, wie auch schon vor der Pandemie, das Click-&-Collect-System, bei dem Kunden ihre Waren online oder telefonisch bestellen und dann im Laden abholen können. Andere Händler machen es genau so: Baumärkte, Bastelshops und Blumenläden zum Beispiel.
Zunächst war der Service nicht in allen Bundesländern erlaubt. Man wolle lange Schlangen und damit zusätzliche Kontakte unbedingt vermeiden, hieß es zur Begründung. Inzwischen ist Click & Collect jedoch wieder fast überall möglich. Die Kunden freut es: "Wir sind gerade am Renovieren, und ohne das Abholsystem könnten wir jetzt nicht weitermachen", sagt eine Frau, die vor Ikea wartet.
> Discounter: Lampen, Blumentöpfe, Kuscheldecken – das alles und noch viel mehr können Kunden von Discountern wie Aldi und Lidl aus den Mittelinseln mitnehmen. Kaufhäuser mussten dagegen schließen. So wie alle Läden, die nicht Waren des täglichen Bedarfs anbieten.
Bei Lidl heißt es dazu auf Anfrage nur: "Wir orientieren uns grundsätzlich an den Verordnungen der Bundesländer und setzen diese entsprechend in unseren Filialen um." Aldi antwortet ähnlich. Die Discounter profitieren davon, dass sie überwiegend Lebensmittel verkaufen. Andere Produkte des täglichen Bedarfs dürfen sie deshalb in geringer Menge ebenfalls anbieten. In welchem Umfang, ist allerdings nicht bundeseinheitlich geregelt.
> Haushaltswaren: Zu Hause bleiben ist geboten. Aber was ist, wenn Topf oder Besen entzweigehen? Damit sich die Menschen im Lockdown versorgen können und auch die Wohnung sauber bleibt, dürfen Haushaltswaren in manchen Geschäften angeboten werden. Allerdings scheint es bei deren Definition, einen enormen Interpretationsspielraum zu geben.
In Baden-Württemberg hat sich bereits im Frühjahr vergangenen Jahres die Drogeriekette Müller vor Gericht das Recht erstritten, Haushaltswaren zu verkaufen. Die vor allem in Ostdeutschland vertretene Einzelhandelskette Mäc Geiz verkauft ebenfalls solche Artikel. Aber auch: Kinderspiele, T-Shirts der Marke "Ladies top", Unterwäsche für Mann und Frau. Schreibtischlampen sind dort erhältlich – und sogar Hängeregale. Eindeutig nicht in die Pandemie-Zeit passt bei Mäc Geiz ein mit "Party" überschriebenes Regal. Plastik- und Pappbecher werden dort angeboten.
> Kioske:In Baden-Württemberg sind Kioske geschlossen. Anderswo in Deutschland haben aber Spätverkaufsstellen – auch Spätis oder Büdchen genannt – geöffnet. So mancher dieser Läden verwandelt sich dabei in einen großen Supermarkt, inklusive Öffnungszeiten an hohen kirchlichen Feiertagen. Derzeit ist die Abgabe von alkoholischen Getränken zeitlich streng limitiert – Vorgaben, an die sich aber nicht jeder Betreiber hält. Im Hinterzimmer eines Ladens in Berlin wurde kürzlich sogar ein Club ausgehoben.
> Friseurläden: Wie machen sie das nur, die Profis der Fußball-Bundesliga, die Wochenende für Wochenende wie frisch frisiert über den Platz laufen? Dabei sollen doch Friseure während des Lockdowns geschlossen bleiben. Doch auch hier gibt es legale Schlupflöcher. Eins davon will Bremen schließen. Der Stadtstaat hat es versäumt, in seiner Corona-Verordnung ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass nicht nur Friseursalons geschlossen werden müssen, sondern auch Hausbesuche von Friseuren bei ihren Kunden nicht gestattet sind.
Man sei "davon ausgegangen, dass sämtliche Dienstleistungen im Bereich der nichtmedizinischen Körperpflege untersagt sind", teilte die Handwerkskammer Bremen mit. Jetzt kündigte ein Sprecher der Gesundheitsbehörde an, dass die Verordnung möglichst bald nachgebessert werden solle. Ein weiteres Problem ist die Schwarzarbeit in Form von illegalen Hausbesuchen. Belastbare Zahlen darüber liegen aber nicht vor.
Besser haben es die Hundefriseure, denn sie dürfen ihre Dienste weiterhin anbieten. In Nordrhein-Westfalen gab es dazu sogar ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Münster. Das Frisieren bei Hunden sei nicht vergleichbar mit dem Frisieren von Menschen, sondern eher "mit einer Handwerksleistung in einer Kfz-Werkstatt", befand das Gericht. In Baden-Württemberg dürfen Frauchen und Herrchen den Salon aber nicht betreten.