Von Daniel Bernock
Mannheim. 240 neue Zugwaggons, Lagerkapazitäten an den großen Seehäfen und neue Vertriebsbüros im Ausland: Der Mannheimer Südzucker-Konzern bereitet sich auf die größte Veränderung des Geschäfts in der Geschichte des Unternehmens vor. Am 30. September endet nach fast 50 Jahren in Europa die enge Regulierung des Zuckermarktes. Zuckerproduktionsquoten, Rübenmindestpreise und begrenzte Exportmöglichkeiten gehören dann der Vergangenheit an. Ab Oktober reguliert der Markt die Preise und die Warenströme.
Wolfgang Heer
Die Zeit der Vorbereitung auf die neuen Rahmenbedingungen sei beendet, sagte Wolfgang Heer, der Vorstandsvorsitzende von Südzucker: "Die Herausforderungen nehmen wir als europäischer Marktführer an."
Südzucker plant nach Aufhebung der Regulierungen bis zu 500.000 Tonnen mehr Zucker in den außereuropäischen Raum zu exportieren, vor allem in den Nahen Osten und nach Asien. Im ausländischen Vertrieb wurden laut Heer im "kleinen zweistelligen Bereich" Mitarbeiter eingestellt, unter anderem wurde ein Vertriebsbüro in Israel geöffnet.
Im Zuge der zukünftigen Öffnung des europäischen Marktes haben sich der europäische Preis für eine Tonne Weißzucker (rund 500 Euro pro Tonne) und der etwas niedrigere Weltmarktpreis (414 Euro pro Tonne) bereits angenährt. Südzucker-Chef Heer geht davon aus, dass sich dieser Effekt noch verstärken wird.
Wenngleich sich der Mannheimer Konzern auf die kommenden Veränderungen "gut vorbereitet" sieht, stehe eine Zeit "großer Unsicherheiten" bevor. Entsprechend vorsichtige Ziele hat das Unternehmen für das laufende Geschäftsjahr 2017/2018 (März bis Februar) formuliert. Der Umsatz soll leicht zulegen, operativ will der Konzern zwischen 425 und 500 Millionen Euro verdienen - je nach Entwicklung des Zuckerpreises.
Im vergangenen Jahr profitierte Südzucker von den hohen, noch regulierten Zuckerpreisen, die vor allem in der zweiten Jahreshälfte anzogen. Obwohl das Unternehmen weniger Zucker verkaufen konnte, stieg der Gewinn in diesem Segment dank hoher Verkaufserlöse deutlich auf 72 Millionen Euro an. Im Vorjahr hatte Südzucker noch einen Verlust von fast 80 Millionen Euro mit dem Hauptgeschäft eingefahren. Die daraufhin angestoßenen Sparmaßnahmen - "von der Rübe bis zum Kunden" - sollen weitergehen.
Im Segment Spezialitäten (Inhaltsstoffe für Lebensmittel, Tiernahrung, pharmazeutische Erzeugnisse, Tiefkühlpizzen) legten Umsatz und Gewinn leicht zu, ein deutliches Plus verzeichnete die Bioethanoltochter Cropenergies. Das Segment Frucht (Apfel- und Beerensaftkonzentrate, Fruchtzubereitungen für Molkereien und die Eiscreme-Industrie) wuchs besonders stark dank höherer Erlöse bei Fruchtsaftkonzentraten.