Kapitän Andreas Beck: "Wir wollen Spaß am Spiel haben"
Kapitän Andreas Beck über turbulente Hoffenheimer Zeiten, Markus Gisdol, die Erwartungen und warum er "Unverkäuflich" mag.

Westerburg. "Der Blonde da, das ist doch der Beck." Der rüstige Rentner stieg vom Fahrrad und schaute ein paar Minuten dem Training auf dem Fußballplatz am Wiesensee zu. "Am Blonden hab' ich Hoffenheim erkannt", sagte der Herr aus dem Westerwald.
Andreas Beck, 26, ist nunmehr das Gesicht der TSG 1899 Hoffenheim. Ist Promi-Spieler im Trainingslager, weil aussortierte "Stars" wie Tim Wiese, Tobias Weis oder Eren Derdiyok daheim in Sinsheim Sonderschichten absolvieren müssen und die Länderspiel-Teilnehmer wie Sejad Salihovic oder Kevin Volland noch Sommerurlaub bis zum 8. Juli genießen. Zwischen den Übungseinheiten auf dem Rasen und gemeinschaftlichem Floßbau am Seeufer nahm sich Beck am Dienstag bereitwillig Zeit für ein RNZ-Exklusivinterview. Der Hoffenheimer Kapitän hat bereits 149 Bundesliga-Spiele für die TSG bestritten und war zuvor 27 Mal für den VfB Stuttgart im erstklassigen Abwehreinsatz.
Herr Beck, vor fünf Jahren waren Sie hier in diesem Westerwald-Hotel als Neuzugang in ihrem ersten Trainingslager mit der TSG Hoffenheim. Was war seitdem die größte Veränderung?
Im Hotel hat sich nichts verändert (lacht). Aber ich weiß, was Sie meinen. Es ist unfassbar viel passiert im Verein, es war eine sehr spannende Zeit. Auch für mich persönlich. Ich kam als unreifer Bundesliga-Spieler nach Hoffenheim, ich habe viel gelernt.
Seit Aufstiegstrainer Rangnick mussten Sie unter vielen Trainern arbeiten, unter Pezzaiuoli, Stanislawski, Babbel, Kurz. Wie verkraftet ein Spieler solch eine hohe Fluktuation?
Ich bin ein anpassungsfähiger Mensch, finde mich auch in schwierigen Phasen gut zurecht. Mit den meisten Trainern kam ich klar, und ich habe immer versucht, meine Meinung zu sagen.
Was macht Markus Gisdol anders als seine Vorgänger?
Vergleiche will ich nicht anstellen. Markus Gisdol hat eine ganz, ganz klare Spielidee und weiß genau, wie er mit uns arbeitet. Er schaut nicht nach links oder nach rechts, lässt sich nicht von Nebengeräuschen ablenken. Vom ersten Tag an hat er uns klar gemacht, wir sollten uns unsere kleine Welt aufbauen.
Sie erwähnten zuletzt häufig das Wort "Demut". Was bedeutet es konkret für Sie?
Entscheidungen fallen leichter, wenn einem seine Werte klar sind.
Welche Werte?
Eben Demut, Dankbarkeit, Fleiß. Das hab' ich von meinem Elternhaus mitbekommen. Aber auch für einen immer noch jungen Bundesliga-Verein wie Hoffenheim gilt: Es bringt nichts, große Sprüche zu klopfen. Das sollten wir aus der Vergangenheit gelernt haben.
Weil Hoffenheim in der Relegation gegen Kaiserslautern spielte, mussten Sie die Länderspielreise in die USA mit der Nationalmannschaft absagen. Haben Sie überhaupt noch Hoffnung, bei der WM 2014 in Brasilien dabei sein zu dürfen?
Ein Jahr ist im Fußball eine sehr lange Zeit, Brasilien ist also noch weit weg. Aber man hat ja in der letzten Saison bei Hoffenheim gesehen: Wenn die Mannschaft erfolgreich spielt, kann sich auch der Einzelne auszeichnen.
In Fan-Foren werden Ihre Leistungen überwiegend negativ bewertet. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Natürlich wäre es schöner, wenn einem die Leute nur zujubeln - aber das darf man nach der letzten Saison nicht erwarten. Was andere meinen, kann ich ohnehin nicht groß beeinflussen, außer vielleicht durch konstant gute Leistungen mit dem Team.
Was nehmen Sie sich vor für diese Saison?
Das Wichtigste, ganz ehrlich, ist, gesund zu bleiben. Ich will jeden Tag genießen und mein Bestes geben, innerhalb und außerhalb des Platzes. Und ich könnte mein 200. Bundesliga-Spiel machen, das ist für mich ein Ansporn. Und als Mannschaft wollen wir Spaß am Spiel haben und die Gegner ein bisschen ärgern.
Welche Aufgaben müssen Sie als Kapitän bewältigen?
Ich will ein Regulativ sein und mit anderen erfahrenen Spielern dafür sorgen, dass wir die jungen Spieler gut integrieren, dass wir als Mannschaft funktionieren. Wir müssen den Teamgedanken hoch halten!
Herr Beck, Sie sind ein Fußballprofi, der nicht nur Sportmagazine liest. Wir bräuchten einen Buch-Tipp.
"Unverkäuflich" von Bobby Dekeyser kann ich nur empfehlen. Ein interessanter Werdegang: Vom Schulabbrecher zum weltweit anerkannten Unternehmer. Irgendwie passend zu Hoffenheim (lacht), man kann auch nach vielen Rückschlägen zum Erfolg kommen.