Hoffenheims Trainer Markus Gisdol schließt einen Rücktritt aus
Gisdol wird nicht den Favre mimen - Mittwochabend gastiert die Torfabrik Borussia Dortmund in Sinsheim

Kann Hoffenheim den BVB-Express stoppen? Hier schafft es Ermin Bicakcic gegen Shinji Kagawa, rechts Keeper Oilver Baumann. Foto: APF
Von Joachim Klaehn
Zuzenhausen. Die Fußball-Bundesliga lebt von ihrer Unberechenbarkeit, vom Überraschungseffekt und zuweilen vom Irrwitz. Dass Hoffenheims Trainer Markus Gisdol trotz des miserablen Saisonstarts nicht den Lucien Favre mimen möchte und seinerseits das Handtuch wirft, hätte man sich denken können.
Trotzdem bekam Gisdol gestern vor dem heutigen Heimspiel (20 Uhr, Rhein-Neckar-Arena) gegen Borussia Dortmund die Frage gestellt, ob ein derartiges Szenario bei ihm denkbar sei. "Ich fühle mich voller Power und Tatendrang", schloss Gisdol einen Rücktritt kategorisch aus, "ich habe mich bewusst dazu entschieden, in Hoffenheim eine neue Mannschaft aufzubauen."
Hintergrund
Bilanz fast ausgeglichen
14 Mal trafen Hoffenheim und Dortmund seit 2008 in der Bundesliga aufeinander. Vier Siege, fünf Unentschieden und fünf Niederlagen (Torverhältnis 18:19) gab es aus Sicht des Kraichgauklubs.
Mit Volland und
Bilanz fast ausgeglichen
14 Mal trafen Hoffenheim und Dortmund seit 2008 in der Bundesliga aufeinander. Vier Siege, fünf Unentschieden und fünf Niederlagen (Torverhältnis 18:19) gab es aus Sicht des Kraichgauklubs.
Mit Volland und Schwegler?
Kevin Volland (Entzündung an der Ferse) und Pirmin Schwegler (Stauchung des großen Zehs) sind angeschlagen. Der BVB kann wieder mit Marco Reus und Sven Bender planen. Neven Subotic fällt hingegen wegen Rückenproblemen weiter aus.
Es sagte ...
"Die Leistungsfähigkeit der Hoffenheimer ist höher, als es die Tabelle aussagt." - BVB-Trainer Thomas Tuchel über die TSG 1899.
So könnten sie beginnen
Hoffenheim: Baumann - Kaderabek, Bicakcic, Süle, Kim - Schwegler, Rudy, Polanski - Volland, Schmid - Vargas / Dortmund: Bürki - Ginter, Sokratis, Hummels, Schmelzer - Gündogan, Weigl - Mchitarjan, Kagawa, Reus - Aubameyang / Schiedsrichter: Welz (Wiesbaden) / Anpfiff: Heute, 20 Uhr, Rhein-Neckar-Arena Sinsheim. jog
Doch die Entwicklung stagniert in diesem Kalenderjahr - und stellt sich seit dem ersten Spieltag von den Resultaten her sehr negativ dar. Spätestens mit den beiden 1:3-Niederlagen gegen Werder Bremen und Mainz 05 ist es mit der Ruhe und Beschaulichkeit im Kraichgau vorbei.
Die Kritik am Trainer, und auch an Manager Alexander Rosen, hat zugenommen. Vergessen scheint, dass es genau diese beiden waren, die den TSG-Augiasstall ausmisteten und schließlich den Klassenerhalt in nahezu aussichtsloser Lage schafften. Der 18. Mai 2013 zählt zweifellos zu den wichtigsten Daten der jungen Hoffenheimer Erstliga-Geschichte.
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Die Rettung in der Dortmunder "Kathedrale", dank eines 2:1-Erfolgs, bleibt unvergesslich. Klar ist freilich auch: Irgendwann haben Retter ihren Bonus aufgebraucht, und es zählen nur die Gegenwart und die nackten Ergebnisse in diesem überreizten, schnelllebigen Geschäft.
Besonders in Krisenzeiten wird jedes Zitat unter die Lupe genommen. Im Rahmen des Solheim Cups hatte Dietmar Hopp auf SWR-Nachfrage signalisiert: "Wir führen keine Trainerdiskussion." Doch gleichzeitig kritisierte "Hoffes" Gesellschafter das Training der Profis am Sonntag und zeigte sich enttäuscht darüber, dass Schwegler und Co. nicht beim Golfturnier vorbeischauten. "Irgendjemand hat versäumt, Dietmar Hopp zu informieren", sagte Gisdol am Dienstag und stellte prophylaktisch klar, dass es sich um kein "Straftraining" gehandelt habe.
Zusätzliche Aufregung brauchen die TSGler wirklich nicht. Die Analyse des Mehrheitseigners über das verunsicherte Kollektiv trifft es auf den Punkt genau: "Kondition haben sie genug, das ist nicht das Problem. Das ist in den Köpfen, das muss man frei kriegen."
Ob der mentale Befreiungsschlag gegen den bislang souveränen BVB erfolgt? "Wir müssen den Bock mal umstoßen. Es geht nur mit unbändigem Einsatz und mit einem intensiven Zweikampfverhalten gerade in Eins-gegen-eins-Situationen", sagt Gisdol zur erforderlichen Marschroute.
Die Schwarz-Gelben von Klopp-Nachfolger Thomas Tuchel hätten momentan "mit die beste Form in Deutschland." In der Tat. Fünf Siege - die Dortmunder Torfabrik läuft auf Hochtouren. "Hoffe" hat nichts zu verlieren, kann ein Ausrufezeichen setzen. Der Ansatz des Trainerteams: "Wir müssen die Situation ernst nehmen, aber ein entscheidender Faktor ist, die notwendige Leichtigkeit und Lockerheit im entscheidenden Moment zu bekommen. Das ist die große Kunst", so Gisdol über einen schwierigen Spagat und zugleich die psychologische Herausforderung.
"Hoffe" gegen den BVB - immer wieder ist’s ein brisantes Aufeinandertreffen. Das Dortmunder Bündnis "Kein Zwanni - Fußball muss bezahlbar sein", startete vorab einen Boykottaufruf für die Partie in Sinsheim. Grund war der Topzuschlag. Inzwischen haben Hans-Joachim Watzke und Hopp korrespondiert und vereinbart, die durch den Topzuschlag generierten Mehreinnahmen an das Lernzentrum des BVB-Fanprojektes zu spenden. Auch der Überschuss aus Verkäufen an TSG-Fans soll einem guten Zweck dienen.
Ach ja: Neben dem PK-Raum lag in Zuzenhausen das Bundesliga-Magazin, Ausgabe 8, aus. Auf dem Titelbild lächelt Lucien Favre, die zentrale Story heißt: "Realist mit Ehrgeiz. Lucien Favre über Wege zum Erfolg mit Borussia Mönchengladbach." Gisdol sagte über den geschätzten Kollegen: "Ich habe mitgekriegt, dass er ziemlich ausgebrannt und kaputt war." Verrückt, wie schnell sich alles in diesem Metier drehen kann.